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Bille und Zottel 04 - Applaus fuer Bille und Zottel

Bille und Zottel 04 - Applaus fuer Bille und Zottel

Titel: Bille und Zottel 04 - Applaus fuer Bille und Zottel
Autoren: Tina Caspari
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flogen die Zurufe. Neckereien, Glückwünsche, Ratschläge — die schienen sich alle hier zu kennen, sie waren wie eine große Familie. Nun ja, der Reitverein Neukirchen hatte viele Mitglieder. Bille fühlte sich scheußlich einsam. „Startnummer neunundzwanzig zwölf Fehler...“
    Das Publikum klatschte freundlich. Die Zuschauerreihen waren dicht besetzt. Sonnenschein und eine frische Brise dazu, das war genau das Wetter, das die Leute auf den Turnierplatz lockte, die Veranstalter konnten sich freuen.
    „Nein! Ist das nicht der alte Lohengrin?“ hörte Bille eine Männerstimme sagen.
    „Klar. Wußtest du das nicht? Eine Schülerin von Tiedjen!“
    „Muß ich mir unbedingt ansehen, die Kleine.“
    Bille kam sich vor wie eine Ware. Ein Stück Stoff auf einem Ladentisch, das auf Qualität, Farbe, Haltbarkeit und Waschfestigkeit geprüft wird.
    War es nicht das, was sie sich immer so gewünscht hatte? Die Atmosphäre auf dem Turnierplatz? Musik, Fahnen, Applaus? Und Leute, die mit dem Finger auf sie zeigten. „Ist das nicht die berühmte ... ?“ Sie konnte es nicht mehr begreifen.
    Simon hatte es gut, der war schon drangewesen. Acht Fehler. Daniel kam gleich nach ihr; hin und wieder warfen sie sich einen Blick zu, schnitten eine Grimasse. Hier war jeder allein.
    Sie hatte sich den Parcours genau eingeprägt — aber jetzt hatte sie ein Gefühl, als wäre ihr Schädel ein ausgehöhlter Kürbis, kein Gedanke schien mehr darin zu sein, nichts als ein wildes, beklemmendes Rauschen. Noch heute morgen beim Training war sie ganz zuversichtlich gewesen, sie hatte zwar nicht auf einen Sieg gehofft, aber doch damit gerechnet, ganz ordentlich abzuschneiden. Jetzt kam ihr das einfach unmöglich vor, undenkbar, vor all diesen Menschen — vor diesen Hunderten von Augenpaaren - in den Parcours einzureiten und an den Start zu gehen! Ich werde runterfallen wie ein Mehlsack, dachte sie, beim Grüßen wird mir die Reitkappe vom Kopf fallen! Ich werde die Steigbügel verlieren oder in den Wassergraben fallen! Sie werden sich über mich totlachen.
    Ich darf mich nicht verrückt machen, dachte Bille. Nur an das denken, was Tiedjen mir beigebracht hat! Ja, was eigentlich? Alles schien sich in Nebel aufgelöst zu haben.
    „Na, wie stets? Du bist ein bißchen käsig um die Nase?“ Herr Tiedjen war vom Turnierplatz herübergekommen, um nach seinen Schützlingen zu sehen.
    Bille zuckte hilflos mit den Achseln.
    „Mir ist auch käsig.“ Sie lächelte gequält. „Wissen Sie nicht ein gutes Mittel gegen Lampenfieber?“
    „Ein sehr gutes. Du hast es bei dir, du weißt es nur noch nicht.“
    Herr Tiedjen ging zu Daniel hinüber, um ihn davor zu warnen, Asterix beim Abreiten zu sehr zu ermüden. Bille schaute ihm ratlos nach.
    Noch vier Reiter vor ihr. Sollte sie weiter versuchen, Lohengrin in Schwung zu bringen? Es hatte ja doch keinen Sinn. Bille sprang aus dem Sattel und zog sich unter einen Baum zurück. Ihr Magen krampfte sich zusammen, ihre Knie waren weich wie nasse Schwämme.
    Herr Tiedjen kam noch einmal, um ihr letzte Ratschläge zu geben. Sie starrte ihn an und war unfähig, in sich aufzunehmen, was er sagte.
    Wenn er mich jetzt in die Arme nimmt, fange ich an zu heulen, dachte sie. Aber er mußte ihre Gedanken erraten haben. Er nickte ihr noch einmal zu und schlug ihr kräftig auf die Schulter.
    Der junge Mann, der vor ihr an die Reihe kam, ging an den Start. Bille prüfte noch einmal den Sitz des Sattels und der Gurte. Lohengrin schien zu schlafen.
    Sie hatte Mühe, in den Sattel zu kommen, so übel war ihr. Krampfhaft versuchte sie sich an alles zu erinnern, was sie gelernt hatte. Noch einmal ging sie in Gedanken den Parcours durch. Da!
    „Christian Schröder auf Pollux — 4 Fehler.“
    Das Rauschen in ihren Ohren nahm zu. Hatte der Lautsprecher etwas gesagt? Ein Platzhelfer winkte ihr heftig zu, sie solle einreiten. Dieser bunte Teppich aus Köpfen - irgendwo dazwischen Mutsch und Onkel Paul, Bettina, Florian und Ehepaar Henrichs. Und alle anderen, die Klassenkameraden, die Wedenbrucker...
    Die Richter — wo waren die Richter? Natürlich dort. Bille grüßte steif. Dann trabte sie an den Start. Zügel zurechtlegen — aber ihre Finger waren kalt, gefühllos, wie gefroren.
    Da — das Startzeichen. So schnell? Sie hatte doch noch gar nicht — da war das erste Hindernis. Lohengrin setzte zum Sprung an und war hinüber, ehe es Bille begriffen hatte.
    „Danke!“ keuchte Bille und biß die Zähne zusammen. Sie hatte das
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