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Bewegungswissenschaft

Bewegungswissenschaft

Titel: Bewegungswissenschaft
Autoren: Rainer Wollny
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Rudern, Schwimmen, Skilanglauf usw.) wiederholt sich der Bewegungsablauf in identischer oder ähnlicher Form mehrfach hintereinander. Dabei „verschmilzt“ die Endphase desvorhergehenden Bewegungszyklus mit der Vorbereitungsphase des folgenden Zyklus. Hierdurch entstehen zwei äußerlich gut abgrenzbare Bewegungsabschnitte: die Hauptphase und die Zwischenphase (Zweiphasengliederung; vgl. Lektion 7, Kap. 3.1.1 ).
    Als Unterformen zyklischer Bewegungen gelten nichtalternierende (Hüpfen, Laufbewegungen, Rudern usw.), alternierende (Armbewegungen beim Kraulen, Radfahren usw.) und asynchrone Bewegungen (Arm- und Beinaktionen beim Brustschwimmen, Diagonalschritt beim Skilaufen usw.). Bewegungskombinationen zeichnen sich durch die Verschmelzung von zwei oder mehreren azyklischen Einzelbewegungen aus (Sukzessivkombination). Führt der Sportler während einer Lokomotionsbewegung zusätzlich eine Schlag-, Schuss- oder Wurfhandlung aus, handelt es sich um eine Simultankombination.
    Die in der Sportpraxis gleichermaßen weit verbreitete hierarchische Funktionsphasengliederung sporttypischer Bewegungen nach G ÖHNER (1974, 1979, 1992) geht von einer hierarchischen Tiefenstruktur sportmotorischer Fertigkeiten aus. Ein Bewegungsabschnitt kann entweder funktional unabhängig (Überqueren der Latte beim Stabhochsprung, Ballkontakt beim Tischtennisschlag usw.) oder funktional abhängig von einer anderen Bewegungsphase sein (Anlauf beim Stabhochsprung, Ausholen beim Tischtennisschlag usw.). Funktional unabhängige Bewegungsabschnitte bezeichnet G ÖHNER als Hauptfunktionsphasen , funktional abhängige Abschnitte als Hilfsfunktionsphasen ( vgl. Lektion 7, Kap. 3.1.1 ).
    Differenzierte Einblicke in den Kenntnisstand der Bewegungswissenschaft des Sports liefert das von M ECHLING und M UNZERT (2003) für Sportstudierende, Fachwissenschaftler und interessierte Sportpraktiker konzipierte „Handbuch Bewegungswissenschaft – Bewegungslehre“. Die 35 Einzelbeiträge deutscher und amerikanischer Sportwissenschaftler, Psychologen und Neurophysiologen – B LISCHKE , D AUGS , G OLLHOFER , H EUER , H IRTZ , K ONCZAK , K RUG , M AGILL , M ECHLING , M UNZERT , O LIVIER , W IEMEYER und weitere namhafte Autoren – behandeln die koordinationstheoretischen, lernpsychologischen, neurophysiologischen und muskelphysiologischen Theorien, Forschungsansätze und Befunde zur Bewegung, zur Motorik und zu den funktionalen Zusammenhängen von Wahrnehmung und Bewegung. Zu den weiteren Themenschwerpunkten zählen das Lehren und Lernen von Bewegungen und das sportmotorische Lernen in unterschiedlichen Anwendungsbereichen.
    Den Begriff Lernen definieren die verschiedenen Teilgebiete der Verhaltenswissenschaften unterschiedlich akzentuiert. Aus biologischer Sicht handelt es sich beim Lernen um die Erweiterung und die Veränderung relativ überdauernder Erfahrungen, Kenntnisse und Einsichten zur Anpassung des Individuums an die vorherrschendenUmweltbedingungen. Die Kognitionswissenschaft betrachtet Lernen als einen Prozess, der zum Erwerb und zur Modifikation von Wissensbeständen und Verhaltensänderungen führt. Inwieweit Lernen stattgefunden hat, zeigt die Veränderung des Verhaltens. Die Bewegungswissenschaft des Sports definiert Lernen als „den Erwerb (Neulernen, Hinzulernen), den Erhalt (Anwendungslernen) und die Veränderung (Umlernen) eines spezifischen internen Zustandes (Wissens-, Verhaltensbestand, Gewohnheiten, Einstellungen) eines Individuums als Folge situationsbezogener (d. h. personen-, umwelt-, aufgabenbezogener), systemeigener Informationsverarbeitung und -speicherung im Prozess der Tätigkeit (Übung/Training)“ (M ECHLING , 1992, S. 284).
    Beim motorischen Lernen handelt es sich um umweltbedingte, relativ überdauernde Veränderungen zentralnervöser Kontrollstrukturen als Folge zielgerichteter sportmotorischer Übungsprozesse oder Erfahrungen auf der Grundlage von Informationsverarbeitungsprozessen. Vom motorischen Lernen abgegrenzt wird die biologische Adaptation, die Prägung, die Reifung und die Habituation ( vgl. Tab. 1 ).
    Tab. 1: Begriffsabgrenzung: Motorisches Lernen, biologische Adaptation, Prägung, Reifung und Habituation

    Im Unterschied zur biologischen Adaptation als allmähliche physiologische Anpassung des menschlichen Organismus an systematische körperliche Belastungen kann das motorische Lernen „schlagartig“ zu Verhaltensveränderungen führen. Motorische Lernprozesse erfolgen weder zwangsläufig noch bei jedem
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