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Beutewelt 04 - Die Gegenrevolution

Beutewelt 04 - Die Gegenrevolution

Titel: Beutewelt 04 - Die Gegenrevolution
Autoren: Alexander Merow
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änderte das jedoch nichts an der Tatsache, dass Tschistokjows wirtschaftliche Notmaßnahmen die soziale Krise nur kurzzeitig etwas abschwächen konnten. Weißrussland wurde diplomatisch und wirtschaftlich vollkommen isoliert und lediglich Japan und die Philippinen gaben dem kleinen Land überhaupt die Möglichkeit, Waren zu exportieren.

    „Nach Russland?“, stöhnte Frank. „Das darf doch nicht wahr sein!“
    „Es geht nicht anders! Artur hat schon nach Alf und dir gefragt. Der Kampf geht weiter!“, betonte Wilden ernst.
    „Also wieder Demos, Flugblätter und Kämpfe?“, bemerkte Alfred Bäumer unwillig und schnaufte.
    „Ja, was sonst! Oder hast du etwa geglaubt, dass wir uns jetzt gemütlich ausruhen können? Meinst du vielleicht, Weißrussland wird es noch lange geben, wenn wir nicht weitermachen?“, fragte der Dorfchef von Ivas, der von Tschistokjow zum Außenminister ernannt worden war.
    „Können wir nicht wenigstens noch einen Monat verschnaufen?“, bat Kohlhaas.
    „Nein! Das kommt gar nicht in Frage! Entweder wir fahren mit dem politischen Kampf auf russischem Boden zügig fort und gehen selbst in die Offensive – oder die GCF wird hier eben mal einmarschieren und uns vernichten!“, rief Wilden erregt. „Ausruhen können wir uns eines Tages noch genug in unseren Holzkisten!“
    „Ja, aber …“, brachte Alf nur heraus und fing sich von Wilden einen wütenden Blick ein.
    „Unser nächstes Ziel muss Moskau sein!“, zischte dieser.
    Frank lächelte verächtlich. „Moskau? Das ist doch ein schlechter Witz!“
    „Nein, ist es nicht! Artur und ich haben die Situation genau analysiert. Es gibt auf Dauer keinen anderen Weg. Von Weißrussland allein können wir uns wenig kaufen! Wir sind ein Nichts in dieser Welt!“
    Kohlhaas verdrehte die Augen und sah aus dem Fenster. Wilden starrte ihn mit durchdringendem Blick an: „Morgen sehe ich euch alle in Wizebsk! Ich fahre jetzt zurück nach Minsk! Sagt Sven und den anderen Bescheid, wir brauchen jeden Mann!“
    Das Oberhaupt der Dorfgemeinschaft von Ivas ließ die beiden Rebellen in ihrer Küche stehen und verschwand. Alf fluchte leise in seinen Bart und Frank schwieg.
    Am nächsten Tag machten sie sich mit den anderen auf den Weg nach Wizebsk. Zusammen mit etwa fünfzig Rus wurden Frank und Alfred nach ihrer Ankunft weiter nach Veliz geschickt und arbeiteten sich von dort aus bis in den Süden der russischen Großstadt Velikie Luki vor. Anschließend begaben sie sich in den Osten von Lettland. Die Männer verteilten zahllose Flugblätter in den trostlosen Kleinstädten und Dörfern.
    Frank fluchte öfters über diese „Kuliarbeiten“, doch er wusste, dass sie notwendig waren, denn ohne eine entsprechende geistige Vorbereitung, war auch hier kein politischer Umschwung möglich.
    Artur Tschistokjow selbst führte Mitte April eine Demonstration in Jelgava durch. Etwa 5.000 seiner Anhänger kamen und Kohlhaas führte wieder einmal die Ordnertruppe an. Während des Aufmarsches kam es mehrfach zu Rangeleien mit der örtlichen Polizei, die sich irgendwann aufgrund ihrer zahlenmäßigen Unterlegenheit zurückziehen musste. Der Zuspruch aus der Bevölkerung war hingegen beträchtlich.
    Die Lebenssituation der Einwohner Lettlands und Estlands hatte sich in den letzten Monaten zunehmend verschlechtert. Alles war teurer geworden, vom Brötchen bis zum Storm. Allerdings waren die Löhne nicht gestiegen, wenn man überhaupt noch irgendwo Arbeit fand.
    Tschistokjows über das weißrussische und litauische Fernsehen ausgestrahlte Stimmungsmache konnte auch in den Nachbarregionen empfangen werden und vielen Verzweifelten spendete sie Hoffnung. Zwar war es in diesen Gebieten illegal, das weißrussische Fernsehprogramm zu sehen, doch hielten sich Hunderttausende von Menschen nicht an die gesetzlichen Vorschriften und machten sich selbst ein Bild von der Politik des weißrussischen Präsidenten.
    Ende des Monats führte der Anführer der Rus nicht weniger als 30000 Menschen in der südlettischen Großstadt Daugapils zusammen und zog mit ihnen bis zum Sitz der städtischen Hauptverwaltung. Es kam zu Straßenkämpfen mit der verunsicherten Polizei und etwa 300 Menschen wurden verletzt oder gar getötet. Am Ende des Tages hatten sich die Rus durchgesetzt und die örtlichen Beamten in die Flucht geschlagen. Frank und Alf hatten erneut in der ersten Reihe gestanden, waren allerdings unverletzt geblieben. Danach setzten sie ihre rastlosen Werbeaktionen unermüdlich fort.
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