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Bettler 02 - Bettler und Sucher

Titel: Bettler 02 - Bettler und Sucher
Autoren: Nancy Kress
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vermutlich hatte man auch dann keine Ahnung, wenn sie es einem erklärte.
    Mit einemmal verstand ich Drew Arlen und warum er getan hatte, was er getan hatte.
    Miranda sagte – und es war der perfekte Beweis, obwohl mir das klarerweise erst später auffiel: »Nicht Huevos Verdes hat diesen Schild erweitert.«
    Ich starrte sie sprachlos an.
    »Sie haben das angenommen. Aber wir von Huevos Verdes kamen überein, euch nicht vor Euresgleichen in Schutz zu nehmen. Wir kamen überein, daß es besser wäre, euch einen eigenen Weg finden zu lassen. Denn wenn wir alles für euch tun, dann werdet ihr voller Ressentiments… voller Groll…« Es war das einzige Mal, daß ich das Gefühl hatte, ihr fehlten tatsächlich die rechten Worte.
    »Wer hat dann den Schild erweitert?«
    »Die Bundesbehörden von Oak Mountain. Auf direkte Weisung des Präsidenten, der zwar niedergeschlagen, aber noch nicht k. o. ist.« Fast entschlüpfte ihr ein trübes kleines Lächeln. »Die Macher haben ihre amerikanischen Mitbürger beschützt. Das ist es doch, was Sie hören wollen, nicht wahr, Vicky?«
    »Was ich hören will? Aber ist es auch wahr?«
    »Es ist wahr.«
    Ich starrte sie noch ein Weilchen an, dann stand ich auf und hinkte aus der Zelle. Ich sagte nicht einmal adieu. Es wurde mir gar nicht bewußt, daß ich ging. Ich humpelte so rasch über den Gefängnishof, daß ich fast hinfiel. Aber ich mußte nicht den ganzen Hof durchqueren; sie waren schon da, steckten die Köpfe zusammen und berieten sich. Als sie mich erblickten, hielten sie inne, glotzten mich mit steinerner Miene an und warteten. Zwei Techies in blauer Uniform, und dazu ein Mann und eine Frau in Zivilkleidung. Hochgewachsen, gutaussehend – GenMods. Mit normal großen Köpfen. Macher.
    Bundesbeamte der Vereinigten Staaten von Amerika zum Schutz der Bürger unter dem HighTech-Schild aus Gesetzen und auf dem Fundament der Verfassung. »Das Recht der Menschen auf friedliche Versammlungen, um bei der Regierung die Beseitigung von Übelständen zu beantragen.«
    »Der Präsident garantiert allen Staaten dieser Union eine republikanische Regierungsform und schützt sie vor innerer Gewalt.« Alle Staaten dieser Union. Die Macher starrten mich an, sichtlich nicht sehr glücklich über meine Anwesenheit.
    Ich machte kehrt und hoppelte zurück in Mirandas Zelle. Sie schien nicht überrascht zu sein, mich noch einmal zu sehen.
    »Warum haben mich diese Leute hereingelassen? Und wo waren sie, als ich kam?«
    »Ich habe sie aufgefordert, Sie einzulassen, damit Sie mit Ihren Fragen direkt zu mir kommen können.«
    Sie hatte sie aufgefordert. Ich sagte: »Und warum hat Huevos Verdes nicht…?« Aber darauf hatte sie schon geantwortet. Wir kamen überein, daß es besser wäre, euch einen eigenen Weg finden zu lassen.
    »Wie Götter«, bemerkte ich ruhig, »die über uns thronen.«
    »Wenn Ihnen der Gedanke gefällt«, sagte sie.
    Ich fuhr fort, sie anzustarren. Zwei Augen, zwei Arme, ein Mund, zwei Beine, ein Körper. Aber kein Mensch.
    Ich sagte – zwang mich zu sagen: »Danke.«
    Da lächelte sie. Ihr ganzes Gesicht veränderte sich, öffnete sich, von Licht durchströmt. Sie sah aus wie jeder Normalsterbliche. »Viel Glück, Vicky.«
    Euch allen, hörte ich, obwohl sie es nicht sagte. Miranda Sharifi würde Glück nie brauchen. Wenn man soviel Technik – einschließlich der Technik des eigenen Gehirns – zur Verfügung hatte, wurde Glück irrelevant. Was geschah, war das, von dem man wollte, daß es geschah.
    Oder vielleicht doch nicht. Sie hatte Drew Arlen geliebt.
    »Vielen Dank«, sagte ich noch mal – förmlich, albern. Ich verließ die Zelle.
    Plötzlich wußte ich, sie würden nach Sanctuary zurückkehren. Sobald sie übereinkamen, daß die Zeit reif war dafür, würden sie mit Hilfe irgendeiner unvorstellbaren Technik, die auf uns Normalsterbliche wie göttliche Allmacht wirkte, Miranda den Gefängnismauern von Oak Mountain entreißen und zusammen mit ihr zu ihrer Orbitalstation hoch oben am Himmel zurückkehren. Sie hätten Sanctuary nie verlassen sollen. Was sie, aus welchen Gründen auch immer, für uns hier unten tun wollten, hätten sie vermutlich ebensogut von Sanctuary aus erledigen können. Wo sie sicher waren. Wo sie hingehörten.
    Nicht auf der Erde.
    In diesem Moment fiel mir auf, daß ich in meiner Sorge um die Vereinigten Staaten vergessen hatte, Miranda nach dem Rest der Welt zu fragen. Aber das machte nichts. Die Antwort war ohnedies klar. Die SuperSchlaflosen
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