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Besser

Besser

Titel: Besser
Autoren: Doris Knecht
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nicht merken, ich hoffe, dass sie schon bald wieder zu den Leuten gehört, deren Namen man zu Recht vergessen hat, über die man bei Einladungen Witze machen kann, weißt du noch, Svens Aristotrutscherl, wie hieß die noch gleich … Schaut aber derzeit leider nicht danach aus, so gar nicht. Sven scheint es nicht zu bemerken, dass die nicht zu ihm passt. Ich konnte mich bislang dennoch nicht entschließen, sie zu mögen. Ja, sie sieht fantastisch aus, auf diese angeboren makellose Art, wie es nur höhere Töchter draufhaben. So einen Teint kriegt man in der Unterschicht nicht zugeteilt, nicht mal in der Mittelschicht, diesen Teint gibt’s nur für Aristos und Großindustrielle. Das hat man in den Genen oder man hat es nicht. Und solche Nasen gleichfalls. Obwohl, die Felizitas-Nase ist eigentlich zu perfekt, die kommt vielleicht eh aus der Schönheitsklinik. Wobei mir hier die moralische Basis fehlt, ein Urteil zu fällen, aber. Die Frau ist auch sonst sehr attraktiv, aber auf eine, wie soll ich sagen, irgendwie asexuelle, aseptische Weise. Adam findet sie, jedenfalls hat er das kürzlich dahergewitzelt, offenbar scharf, was mir irgendwie nicht so egal ist, wie es mir sonst egal ist, wenn er andere Weiber scharf findet. Woran sich wieder einmal zeigt, dass wir sehr, sehr verschieden sind, Adam und ich. Ich bin zum Beispiel nicht der Perlenohrstecker-Typ. Aber er ist eben mit derlei aufgewachsen, der hat bis achtzehn vermutlich gar nicht gewusst, dass Frauen an und für sich ohne Perlenohrstecker aus der Fabrik geliefert werden, der wuchs in dem Glauben auf, Frauen hätten das serienmäßig wie Zähne und Brüste und flache Mokassins mit Troddeln dran. Ich stehe auch nicht auf Designer-Mokassins, obwohl sie jetzt gar keine trägt, ich glaub sogar, ich habe sie noch nie in flachen Schuhen gesehen. Aber die verstellt sich doch. Die hat sich die Troddel-Tod’s mühsam von den Füßen schälen müssen, ich würd’s schwören. Ich brauch ja nur zu sehen, wie unstimmig ihr existenzialistisch-schwarzes Fashion-Victim-Outfit daherkommt: schwarze Pumps (nicht hoch genug, deshalb bisschen bieder), schwarze Hochwasserhosen (nicht eng genug oder sie zu dünn dafür) und einen, okay, der ist fantastisch, den hätte ich auch gern, schwarzen Rollkragenpullover aus Seide, der ihre perfekten Brüste perfekt ausstellt. Alles wie von der «Vogue» für Kreative vorgeschrieben, nur mutloser, weil verschwendet an einer Frau, die für die Schärfe, die so ein Outfit verlangt, letztlich zu feig ist. Nein, anders: die über so eine Schärfe nichts weiß, sie nie erlebt hat, nicht kennt, nicht hat. Solche Pullover stehen prinzipiell nur Frauen, die sie sich nicht leisten können. Sobald man sich so einen Pullover leisten kann, hat man nicht mehr die innere Haltung dafür. Jedenfalls hat Felizitas nicht die Haltung dafür, weder innen noch außen. Das Zeug hängt an ihr wie an einer Puppe in der Auslage vom Künstlerbedarfsladen. Vermutlich trägt sie darunter endgeile Dessous von Agent Provocateur, in denen sie sich nicht ganz wohlfühlt, weil sie so was eigentlich pervers findet, die sie aber trotzdem anhat, weil sie noch ein bisschen mehr davon ablenken sollen, wie beige Felizitas von Natur aus ist. Ich glaube, darunter ist die komplett beige, bis in ihre Ohrlöcher und in die Wurzeln ihrer beigen, blondierten Haare hinein. Ich bin sicher. Ich weiß es. Ihre Lider sind beige unter den Smokey Eyes. Wahrscheinlich ist auch ihre Muschi beige. Und ihr Arschloch; obwohl, ihr Arschloch könnte auch lodengrün sein oder burberry-kariert, nicht dass ich es herausfinden möchte. Die Frau regt mich auf, ich könnte kotzen, wenn ich ihr zusehe, wie sie einen auf urcool und extra modern macht und auf superliberal und aufgeschlossen und sich auf der Bühne auszieht und total arg aus sich herausgeht und überhaupt total eine von uns ist, als Künstlerin und Frau, also eigentlich noch viel unsriger ist, als wir es je sein werden. Kontraaristokratisch, quasi. Ich hätte es ihr fast geglaubt. Jetzt glaube ich es ihr nicht mehr, nichts mehr glaub ich der, kein Wort. Alles falsch an ihr, alles Fake. Kunst? Hahaha. Für Kunst muss man sich auch mal dreckig machen, fragt mich, ich mach mich mächtig dreckig, oft, immer. Das tut die nicht. Schmutz kennt die nicht, Schmutz bleibt an der nicht kleben, perlt an der ab. Die könnte kopfüber in eine Jauchegrube tauchen, die würde blitzsauber wieder herauskrabbeln. Alles klinisch sauber an der, jeder Geruch
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