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Besser

Besser

Titel: Besser
Autoren: Doris Knecht
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halbe Stunde in den Backofen. Bei hundertachtzig Grad, ja. Ich würde das, was Adam da macht, nicht als Kochen bezeichnen, es ist mehr wie Malen nach Zahlen. Aber am Schluss kommt meistens etwas heraus, das ganz gut und eindrucksvoll aussieht und auch so schmeckt, außer Manuel hatte vergessen zu erwähnen, dass da auch Salz drangehört, was für einen Koch zu selbstverständlich ist, um es eigens anzuführen, aber nicht für einen, der vom Kochen nichts versteht, null. Einmal, zu Elenas zweitem Geburtstag, buk Adam einen Schokoladenkuchen, er rief Manuel an, und der mailte ihm ein Rezept, alle Zutaten schön aufgelistet, nur das Mehl hatte er vergessen, weil er das immer nach Gefühl macht. Ist Adam nicht aufgefallen. Also mischte er kein Mehl darunter, gar keins. Elena verschlang den Kuchen trotzdem, Hauptsache süß und obendrauf tüchtig Schokoguss und Smarties. Für die Erwachsenen kaufte Adam dann schnell noch eine Sachertorte dazu, eine echte, die seinen feinen Gaumen nicht beleidigte. Einsatz hatte er ja schließlich gezeigt, oder. Aufrichtigen Einsatz. Ganz engagierter Vater und zupackender Partner. Damals war er kochmäßig noch nicht so ehrgeizig.

    Jetzt wickelt Adam die Schnur um das Lamm, eine ausgelöste Haxe, in die er ein paar Zweige Rosmarin gesteckt hat. Die Schnur rutscht immer wieder herunter, während er wickelt, und er flucht. Ich weiß, wie man das richtig macht, ich könnte ihm zeigen, wie es geht. Adam hat mir zu meinem Geburtstag kurz nach Elenas Geburt einen zweitägigen Kochkurs bei einem seiner Lieblingsköche geschenkt, in einem Haubenlokal im Burgenland. Ich hatte nicht recht gewusst, ob ich mich freuen sollte oder es beleidigend und erniedrigend und frauenfeindlich finden. Aha, ich soll also kochen für dich und das Baby, und zwar besser als bislang. Adam war klug genug gewesen, Astrid mit einzuladen, er hatte alles mit ihr abgesprochen, und meine Schwester fand es super. Zwei Tage mit mir, gut essen und tollen Wein trinken und quatschen. Jedenfalls beschloss ich, es auch gut zu finden, und als Elena ungefähr vier Monate alt war, fuhren wir hin. Astrid war begeistert, bloß fand sie schade, dass das Baby nicht mitkam. Und ich muss sagen, es war toll. Und ich habe etwas gelernt.
    «Soll ich dir einen Trick zeigen?»
    Ich höre Elena hinten im Kinderzimmer murmeln; das typische Elena-Feierabendgeräusch. Sie hat das gern, sie braucht das, ein bisschen Ruhe nach dem Kindergarten, ein bisschen ihre Autos herumschieben oder ihren Puppenwagen, einfach so vor sich hin kramen, einfach in Ruhe gelassen werden. Ich verstehe das; sie hat das von mir. Der Kleine, das höre ich auch, rast auf seinem Rutschauto durch das riesige Wohnzimmer. Durch das viel zu große Wohnzimmer. Manchmal sind mir so große Räume immer noch fremd, nach wie vor. Eng, klein und eng waren Zimmer für mich immer, und eng ist gut, solange es eine Tür gibt, die man öffnen kann, und Fenster, durch die Licht dringt. Juri rast wieder zurück. Er ist eindeutig ein Kerl. Und ich danke Gott periodisch, dass unter uns Leute wohnen, die ebenfalls ein kleines Kind haben.
    «Was für einen Trick», sagt Adam mit einem Unterton. Er verliert nicht leicht die Nerven, er hat eine endlose Geduld, aber es ärgert ihn, wenn ihm etwas so Babyleichtes, das doch jeder kann, jeder können müsste, misslingt. Die Schnur verrutscht, hält das Fleisch nicht zusammen. Schön aussehen tut es auch nicht, es ist ein Durcheinander. Adam hat Durcheinander nicht gern. Adam hat es gern übersichtlich, genau und ordentlich.
    «Einen Wickeltrick.»
    Er trägt eine schwarze Kellnerschürze, so eine, wie sie die Kellner in Manuels Restaurant tragen. Sven hat sie ihm geschenkt, zusammen mit dem Marcella-Hazan-Kochbuch, nachdem Manuel wohl den einen oder anderen Witz über Adams Anrufe gemacht hatte. Adam schaut mich skeptisch an. Er lässt sich nicht gern helfen, schon gar nicht von einer Frau. Schon gar nicht von seiner Frau. Und schon überhaupt nicht beim Kochen von einer Künstlerin. Von einer Künstlerin i. R., um genau zu sein, derzeit zumindest, aber davon weiß Adam nichts. Braucht er auch nicht zu wissen. Ist ja auch nichts Endgültiges. Kann sich jederzeit wieder ändern.
    «Bitte, wenn du es besser kannst.»
    Kann ich. Hab ich gelernt. Er hat dafür gesorgt, dass ich es lerne.
    Ich kremple die Ärmel meiner Bluse hoch, wasche mir die Hände mit Seife, trockne sie an einem Geschirrtuch ab und wickle dann die Schnur um das kalte, feuchte Fleisch.
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