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Besser

Besser

Titel: Besser
Autoren: Doris Knecht
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losgeht. Du kennst ihn doch. Da gibt’s keine Gnade und kein Aufhören, wenn der mal wo hinhaut, wächst dort kein Gras mehr.»
    «Genau. Und es hätte keine Falsche getroffen.»
    «Ich weiß nicht, was du gegen Felizitas hast. Der ganze Abend wäre im Arsch gewesen. Ich wollte das einfach nicht. Und es war doch nett heute, oder nicht? Hat doch alles gepasst.»
    Adam stellt sein Weinglas und eine beinah volle Flasche Rotwein auf seinen Nachttisch. Er will offenbar noch nicht schlafen.
    «Ja, es war nett. Und das Lamm hast du wirklich prima hingekriegt.»
    «Ja?»
    «Ja. Nur am Kartoffelpüree musst du noch arbeiten, das gehört eine Idee geschmeidiger.»
    «Soso. Sagt Frau Antonia. Gerade du.» Er zieht die Hose aus und die Boxershorts, sein Hemd und sein Unterhemd. Seine Rippen stehen heraus. Er ist dünn, zu dünn, wenn man mich fragt.
    «Genau. Gerade ich.»
    «Als ich dich kennengelernt habe, konntest du nicht einmal ein Ei aufschlagen.»
    «Die alte Legende.»
    «Also, was war jetzt mit den Fricks und den Mosers?»
    Ich schlage mein Magazin zu und klaube mir die Brille von der Nase.
    «Ich kenne die Geschichte ja nur von der Frick. Hab sie kürzlich getroffen, beim Shoppen, da tranken wir einen Kaffee in dem neuen Lokal, oben am Dach vom Gerngroß.»
    «Gerngroß?»
    «Das Kaufhaus. Du solltest mal öfter einkaufen gehen.»
    «Jaja.»
    «Ist übrigens nicht so toll wie alle tun, das Lokal. Ist eigentlich ziemlich stinkig. Schaut aus, als hätte es eine von diesen TV -Einrichtungstanten für so eine Sendung eingerichtet, weißt schon, erbsengrüne Wände mit Wandtattoos, floral, und der Service könnte …»
    «Toni! Jetzt sag schon, was die Frick erzählt hat.»
    «Ja, Ungeduldiger.» Ich trinke mein Wasserglas in einem Zug aus und halte es ihm hin. «Ich erzähl ja schon. Die Aussicht von da oben ist allerdings super.»
    «Jetzt sag endlich!», sagt Adam und lässt Wein in mein Glas gluckern, bis es voll ist. «Bittesehr.»
    «Also. Also Fricks sind ja jetzt Vegetarier.»
    «Echt? Alle? Total? Die essen überhaupt kein Fleisch mehr? Wusste ich nicht.»
    «Ja, klar, du bemerkst so was gar nicht. Seit über einem Jahr schon.»
    «So lange schon? Ist mir gar nicht aufgefallen.»
    «Sie machen ja auch keine große Sache daraus. Es kam so schleichend. Kannst du das Licht wegdrehen bitte? Das blendet.»
    Adam dreht seine Lampe dicht vor die Wand, bis nur noch ein dünnes Kreisrund aus Licht unter dem weißen Metallschirm hervordringt. Ich schaue durch mein Rotweinglas in ein verzerrtes, blutig loderndes Zimmer und berichte. Die Fricks wurden aus ideologischen Gründen Vegetarier, eh klar. Sie hatten, die Frick hat es mir einmal erzählt, ein paar Artikel in der «Zeit» und im «Spiegel» gelesen, dazu Jonathan Safran Foer und Karen Duve. Und viel darüber geredet, auch mit den Kindern. Jedenfalls bekamen sie beim Fleischessen wohl ein zusehends ungutes Gefühl und wollten dann schließlich nicht mehr, dass ihretwegen Tiere getötet würden. Wollten bessere Menschen werden, das ist ja jetzt modern. Gut, sie sind nicht missionarisch, sie machen das für sich, ganz beiläufig, ich hab’s nur zufällig bemerkt, als ich einmal mit der Frickin mittagessen war. Sie hätte von sich aus gar nicht damit angefangen. Und sie verbieten auch den Kindern das Fleisch nicht, die dürfen selber entscheiden, aber Kinder sind ja von ihren Eltern leicht zu beeinflussen, und außerdem ist die Tochter grad in dem Alter, in dem man darüber nachdenkt, wo das Essen herkommt, und plötzlich kapiert, dass das da auf dem Teller früher einmal ein süßes Viecherl war. Bis auf ein paar flexitarische Würstel hin und wieder wird bei den Fricks jetzt also weitgehend fleischlos gelebt, ohne großes Trara.
    «Ich hab dich», sagt Adam und rückt näher zu mir. «Und was war jetzt mit den Mosers?»
    Der Mann ist nicht immer der schnellste Blitzgneißer. Meine warme Hand liegt unter der Decke in der Grube zwischen meinen Schenkeln. Eine Erinnerung an den Nachmittag blitzt in meinem Kopf auf; jetzt nicht. Später vielleicht, wenn Adam schläft.
    «Jetzt wart halt, kommt ja alles.»
    Das Problem war: keine große Sache aus dem Vegetarismus zu machen, das geht gut, wenn man
en famille
ist oder unter Gleichgesinnten. Aber in einem gemeinsamen Urlaub mit anderen, im jährlichen Urlaub mit den fleischeslüsternen Mosers, sieht derlei natürlich anders aus. «Der Moserin war’s wurscht, kennst sie ja, der ist Essen nicht so sehr wichtig, die isst, was
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