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Besser

Besser

Titel: Besser
Autoren: Doris Knecht
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man ihr vorsetzt, wann man es ihr vorsetzt, egal was, Hauptsache, sie muss es nicht kochen und sich nicht darum kümmern.»
    «Aber scharf ist sie», sagt Adam, während sich seine Hand unter meine Decke und auf meinen Bauch schiebt.
    «Was hat das jetzt damit zu tun?»
    «Ich sag ja nur.»
    Dem Moser war’s aber selbstverständlich nicht wurscht. Der Moser, als deklarierter und begeisterter Carnivore, interpretierte das sofort moserisch, nämlich als Angriff auf seine Weltanschauung, seinen Lifestyle, seine Person. Und er sah keinen Grund, seinen fleischzentrierten Lebens- und Kochstil im Urlaub mit den Neo-Vegetariern nicht entschieden beizubehalten, ja ich wage zu vermuten, dass er ihn aus heimlicher Beleidigtheit noch intensiviert hat.
    «Haha», sagt Adam und stellt sein Glas ab, «ich kann mir das genau vorstellen.» Seine Hand berührt jetzt den Bund meines Slips.
    «Kann man allerdings.»
    So viele schöne Lammkeulen und Kaninchen Cacciatore, Gulasche, Roastbeefs, Hühner in Brotteig oder mit Rosmarin-Erdäpfelfüllung hatte der Moser den Fricks geschmort, gebraten, gegrillt, gebacken und aufgetischt, das sollte jetzt alles nichts gewesen sein? Ich kenne den Moser. Der Moser und ich sind das gleiche Sternzeichen, er hat nur einen Tag vor mir Geburtstag, ich weiß, wie der funktioniert. Der Moser hat wahrscheinlich gesagt: Jeder wie er mag. Aber insgeheim hat er es total persönlich genommen, und sofort ist ihm das Rebellische eingeschossen. Und da musste er Fleisch kochen, noch viel mehr Fleisch als sonst.
    «Der alte Querulant.»
    «Die Frick hat mir haarklein berichtet, wie er bei vierzig Grad im Schatten zu Mittag einen riesigen Haufen Wiener Schnitzel gebraten hat. Mit Pommes. Und ich kann ihn genau vor mir sehen: Er hat das gemacht, weil er darauf nun einmal Lust hatte und weil er sich von niemandem etwas aufzwingen lässt, und schon gar nicht von Lulu-Vegetariern.»
    So ist der Moser, lustig und umgänglich und hilfsbereit und großzügig und stur wie ein Esel. Und, im entschiedenen Gegensatz zu Adam, nicht konfliktscheu, wenn es darauf ankommt. Es ging jedenfalls eine Woche lang gut, die Fricks aßen einfach nur Beilagen, viel Salat und Obst und versuchten zwischendurch ohne großen Erfolg, das eine oder andere fleischlose Mahl zwischenzuschieben. In der zweiten Woche gab’s kleine Problemseminare zum Thema Rücksichtnahme und Toleranz gegenüber den Weltanschauungen anderer.
    «Hahaha», sagt Adam.
    In der dritten, wieder zuhause, kam es dann zu einem richtigen, offenen Streit, und die Fricks erklärten den Mosers schließlich auf sanfte, aber bestimmte Weise, dass ihre Lebensstile und Prinzipien ganz augenscheinlich nicht mehr harmonierten und die Freundschaft ihrerseits für beendet. Wie es halt unweigerlich kommt, wenn zwei fundamentalistische Religionen aufeinanderprallen.
    «Und bis jetzt schaut’s schon so aus, als wär’s für immer. Natürlich verstehen die Mosers bis heute nicht so recht, wieso.»
    «Klar», sagt Adam.
    «Mir ist dann nur eingefallen, wie mir der Moser einmal gesagt hat, er kann nicht gut mit Leuten, die sich extra eine modische Essstörung zulegen und diese dann mit derartig missionarischem … weg mit der Hand.»
    «Welche Hand?»
    «Diese deine Hand da.»
    «Was ist mit der Hand?»
    «Nicht die, die andere. Und diese Essstörung dann mit einem derartig missionarischen Eifer zelebrieren. Ich hab damals geglaubt, der redet von der Böhm, die immer auf Diät ist und über die er dauernd schimpft. Aber er hat die Fricks gemeint. Die Frick hat mir ganz im Vertrauen gesagt, sie versteht nicht, wie jemand Nahrungsmittel so zum Lebensmittelpunkt machen kann wie der Moser, und sie hätten es nie zuvor erlebt, dass jemand die Zubereitung von Mahlzeiten wie eine Waffe benutzt. Als Mittel der Abschreckung und Aggression. Als Kriegserklärung.»
    Adam lacht kehlig. «Ich kann es mir so unglaublich gut vorstellen.»
    «Glaub ich», sage ich, und nichts darüber, was mir die Frick danach dann noch erzählt hat, als wir von Kaffee auf Prosecco wechselten. Das erzähle ich ihm jetzt besser nicht. Das würde er vermutlich nicht verstehen. Das kann er sich nicht so gut vorstellen. «Weg die Hand, hab ich gesagt. Moritz plant dieses Jahr übrigens kompletten Frauenverzicht.»
    «Ach. Er macht aus einem Mangel eine Ideologie, oder was.»
    «Oder er ist endlich auf dem richtigen Weg. Er ahnt es vielleicht langsam … Hände weg! Ich will heute nicht.»
    «Doch, du willst. Du willst ganz
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