Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Berliner Aufklaerung - Roman

Berliner Aufklaerung - Roman

Titel: Berliner Aufklaerung - Roman
Autoren: Thea Dorn
Vom Netzwerk:
Untersuchungshaft erreichen können oder besser noch: den ganzen Unfug gleich beenden?«
    »Ich fürchte, Sie überschätzen meine Kompetenzen, Frau Abakowitz, aber ich werde sehen, was sich machen läßt. Eine Haftaussetzung ist sicherlich im Rahmen des Möglichen. Kennen Sie jemanden, der bereit wäre, eine angemessene Sicherheitsleistung für Frau Lux zu stellen?«
    Anja schätzte Stammheimers direkte, schnörkellose Art. »Erledigen Sie die behördliche Seite, ich werde mich um die Finanzfrage kümmern.«
    »Gut, Frau Abakowitz, es wäre mir ein großes Vergnügen, wenn ich Ihnen in dieser Sache behilflich sein könnte. Sobald ich etwas weiß, lasse ich von mir hören. «

DISKURSETHIK
    »Frau Professor Lux, so kommen wir hier nicht weiter! «
    Kriminalhauptkommissar Glombitza standen die Schweißperlen auf der Stirn. Es gab Augenblicke, in denen wünschte er, alles wäre wieder wie vor neunundachtzig, und er dürfte wieder so arbeiten, wie er es als Leutnant im Dienste der Volkspolizei gewohnt gewesen war. Und überhaupt: der Goldbroiler in seiner alten Kantine war bestimmt nicht schlechter gewesen als das »Huhn provençalisch« heute mittag, und der Gummibaum in seinem alten Zimmer war womöglich noch etwas grüner und glänzender gewesen als dieser hier. Den Dienst-Opel, der ihm vor fast zwei Jahren versprochen worden war, hatte er immer noch nicht erhalten.
    »Also, fangen wir nochmal von vorne an. Sie behaupten, in der fraglichen Nacht zu Hause am Schreibtisch gesessen zu haben. Gibt es dafür Zeugen?«
    Rebecca war der letzte Geduldsfaden schon lange gerissen. »Am Schreibtisch: ja. Zeugen: nein. Ich arbeite für gewöhnlich alleine. Wenn ich mich recht erinnere, habe ich Ihnen das aber bereits fünfmal erklärt.«
    Heinz Glombitza spürte, wie er zu allem Überfluß auch noch Sodbrennen bekam. Seit seinen Ausbildungstagen hatte er dieses Leiden nicht mehr gehabt.
    »Sie erwähnten da vorhin einen Anruf, den Sie gegen zwei Uhr erhalten haben. Der Anrufer wird doch bezeugen
können, daß er Sie um diese Zeit unter Ihrer Nummer, also zu Hause erreicht hat. Wer war der Anrufer? «
    »Wer nachts mit mir telefoniert, geht Sie gar nichts an.«
    »Begreifen Sie denn nicht, daß dieser Anrufer im Augenblick der einzige ist, der Sie entlasten kann?« Die Hand des Kriminalhauptkommissars klatschte haarscharf neben dem goldgerahmten Familienbild auf den Schreibtisch.
    »Entlasten? Wovon? Von einer Denunziation?« Rebecca Lux klopfte ungeduldig mit ihrem Stock auf den Linoleumfußboden. Heinz Glombitza und sie waren sich wohl nur in einem Punkt einig: daß dieses Verhör so schnell wie möglich enden sollte.
    Der Kriminalhauptkommissar wischte sich mit einem karierten Taschentuch den Schweiß von der Stirn, während sein melancholischer Blick zu dem Gummibaum wanderte. Für den Moment hätte er gern mit ihm getauscht. Sein Beruf brachte ihn häufig ins Schwitzen, deshalb hatte er den Gebrauch der neumodischen Papiertaschentücher bald wieder aufgegeben, er hatte täglich mindestens zwei Packungen von ihnen einstecken müssen, was nicht nur die Hosen ausbeulte, sondern auch noch teuer war. Da war ein Stofftaschentuch doch eine solidere Sache.
    »Meinen Sie, ich kann inzwischen eine Zigarette rauchen?«
    Glombitza knurrte. »Ich habe Ihnen doch gesagt, daß in diesem Raum Rauchverbot besteht.«
    »Hätte ja sein können, daß sich die Anordnungen mittlerweile geändert haben.« Rebecca zuckte mit ihrer linken Schulter und ließ die Roth-Händle -Packung
wieder in ihrer Handtasche verschwinden. »Sagen Sie, passiert hier heute noch was, ansonsten habe ich nämlich zu arbeiten.«
    »Ich glaube, Sie haben mich nicht richtig verstanden, Frau Professor. Sie stehen unter dringendem Mordverdacht – Mord, jawohl. Wenn Ihnen nicht bald etwas verdammt Gutes einfällt, können Sie Ihre Arbeit im Gefängnis fortsetzen.«
    Das goldgerahmte Familienbild wurde zum zweiten Mal erschüttert.
    »Entschuldigen Sie, ich bin nicht schwerhörig und habe auch nicht vor, es aufgrund Ihrer Unbeherrschtheit zu werden.« Rebecca rückte mit ihrem Stuhl etwa einen Meter weiter vom Schreibtisch weg. Auch Heinz Glombitza wurde es an dem klobigen Tisch ungemütlich, er stand auf und starrte in ein trübes Berliner Oktoberwetter. Womit hatte er es verdient, diese knochige und arrogante Person vernehmen zu müssen? Gleich am Montag, als er sie das erste Mal gesehen hatte, hatte er sich gesagt: Diese Frau ist verdächtig. Eigentlich war das ja gar
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher