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Berlin Gothic 5: Nachts Bei Max

Berlin Gothic 5: Nachts Bei Max

Titel: Berlin Gothic 5: Nachts Bei Max
Autoren: Jonas Winner
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natürlich auch seine Schwester sein wird. Zugleich wird Max aber auch immer unberechenbarer. Und Lisa tut selbstverständlich nichts lieber, als sich vor ihren Bruder zu stellen, wenn es brenzlig wird. Sie war ja schon immer von dem Gedanken beseelt, Max beschützen zu müssen!“
    Den Eindruck hatte Till allerdings auch.
    „Deshalb bin ich doppelt froh, dass wir kurz reden können, Till“, sagte Felix und lehnte sich gegen seine Schreibtischplatte. „Meinen Sie denn, dass Sie für mich heute Abend ein wenig ein Auge auf Max haben könnten? Damit nichts schief geht?“
    „Selbstverständlich“, hörte Till sich sagen - und verfluchte sich dabei auch schon selbst. Was sollte denn das? War er etwa der Lakai dieses Mannes? Das hatte doch nichts mit seiner Arbeit in der Firma zu tun! Oder hatte Felix ihm nur deshalb den Job angeboten, damit Till für ihn hinter Lisa herspionierte - ausgerechnet hinter Lisa!
    „Und haben Sie auch ein Auge auf Lisa, ja? Sie kennen die beiden Geschwister ja schon so lange, Till. Wenn Sie wüssten, wie die beiden Sie schätzen!“ Es schien sich fast ein weicher Glanz in Felix‘ Augen geschlichen zu haben. „Das würde mich wirklich enorm beruhigen, wenn ich wüsste: Sie kümmern sich ein bisschen darum, dass sich die Dinge heute Abend nicht überschlagen.“
    Wie der alte Bentheim, der hat mich damals doch auch gebeten, auf seinen Sohn aufzupassen, zog es Till durch den Kopf.
    „Ich weiß nicht, woran es liegt, Till“, meinte Felix, „aber man hat das Gefühl, Ihre Besonnenheit ist genau das, was Max braucht, um nicht vollkommen den Kopf zu verlieren!“
    Till atmete aus. Was sollte er darauf antworten?
    „Also gut!“ Felix stieß sich von der Tischplatte ab und kam auf ihn zu. „Ich kann mich also auf dich - “ Er unterbrach sich. „Sie? Dich? Wo waren wir eigentlich?“
    Till stockte. Schon wieder eine Frage, die er nicht so ohne weiteres beantworten konnte. Sollte er sagen, dass sie sich lieber siezen sollten?
    „Du - machen wir ein Du draus - schließlich kenn ich dich schon, seit du so groß warst.“ Felix hielt eine Hand auf Brusthöhe. „Einverstanden?“
    „Gern.“ Es war Till, als hätte er plötzlich einen Kloß im Hals.
    Felix streckte erneut die Hand aus. „Felix, freut mich.“
    „Till.“ Er schüttelte die Hand.
    „Viel Spaß heute Abend, Till. Grüß Lisa von mir." Und damit wandte sich Felix ab und ging zu seinem Schreibtisch zurück.
    Till machte, dass er aus dem Büro herauskam.
     


     
    „Wahrheit? Wahr - heit? Was soll das sein?“ Max‘ Stimme drang hell und deutlich aus der Küche.
    Als Till in Max‘ Wohnung eintraf, hatten sich bereits gut zwei Dutzend Gäste eingefunden. Till warf seinen Regenmantel auf die Jacken und Mäntel, die sich im Eingangsbereich stapelten, und begann, Richtung Küche zu schlendern. Von den Leuten, die sich kurz nach ihm umsahen, kannte er keinen, nur Henning und Betty, die im Berliner Zimmer zusammen mit ein paar Bekannten auf einigen Kissenwürfeln Platz genommen hatten.
    „Wenn ein Satz oder ein Bild etwas aussagt, das mit der Welt übereinstimmt.“ Die Stimme, die Max das erwiderte, war etwas leiser, gepresster als die des Gastgebers, als versuchte sich Max‘ Gesprächspartner gegen ihn zu behaupten.
    „Ein Supermann-Comic ist also nicht wahr!“
    Till streckte den Kopf in die Küche. Max lehnte am Kühlschrank, ein Bier in die verschränkten Arme geklemmt. Vor ihm stand - etwas kleiner, schmächtiger - Malte, dessen Gesicht förmlich zu glühen schien. Umringt wurden sie von fünf, sechs Gästen, die zuhörten und zum Teil bereits Teller in den Händen hielten, auf denen sie sich einige Leckerbissen vom Buffet geholt hatten.
    „Es gibt alle möglichen Ebenen, Seinsformen, die man abbilden, darstellen kann“, verteidigte sich Malte, „es muss ja nicht immer das Foto einer Fabrikhalle sein, es kann auch die Beschreibung eines Seelenzustandes sein, ein Gedicht über einen Traum - all das kann auch wahr sein. Aber“, fuhr er aufgeregt fort, „ich will dir da ja gar nicht widersprechen: Zu sagen, dass … dass ein gutes Gemälde zum Beispiel wahr sein muss, greift zu kurz. Ein Mondrian ist nicht wahr, ein Pollock.“
    „Also: Was soll es denn sonst sein, wenn nicht wahr?“ Max nahm einen Schluck aus seiner Flasche.
    Till nickte einem Gast freundlich zu, der auf den Bierkästen hockte, und nahm sich selbst eine Flasche, als der andere ihn an den obersten Kasten ließ.
    „Von mir aus soll doch jeder
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