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Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition)

Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition)

Titel: Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition)
Autoren: Alfred Döblin
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leichter. Ich wollt Euch ja nur die Augen aufmachen. Der Stefan Zannowich, von dem Ihr geheert habt, hat Geld bekommen, so viel, daß er damit nach Deutschland reisen konnte. Sie haben ihn nicht entlarvt in Montenegro. Zu lernen ist von Zannowich Stefan, daß er wußte von sich und den Menschen. Da war er unschuldig wie ein zwitscherndes Vöglein. Und seht, er hat so wenig Angst gehabt vor der Welt: die größten, gewaltigsten Menschen, die es gab, die fürchterlichsten waren seine Freunde: der sächsische Kurfürst, der Kronprinz von Preußen, der später ein großer Kriegsheld war und vor dem die Österreicherin, die Kaiserin Therese, erzitterte auf ihrem Thron. Vor dem hat Zannowich nicht gezittert. Und als der Stefan mal nach Wien kam und an Leute geriet, die ihm nachschnüffelten, da hat die Kaiserin selbst die Hand erhoben und hat gesagt: Laßt das Jingelche frei!«

Vervollständigung der Geschichte in
unerwarteter Weise und dadurch erzielte
Kräftigung des Haftentlassenen
    Der andere lachte, er wieherte am Sofa: »Ihr seid ne Marke. Sie könnten als Clown inn Zirkus gehn.« Der Rote kicherte mit: »Nun seht Ihr. Aber still, die Enkelkinder vom Alten. Vielleicht setzen wir uns doch auf das Sofa. Was meint Ihr.« Der andere lachte, kroch auf, setzte sich in die Sofaecke, der Rote in die andere. »Man sitzt weicher, man zerdrückt sich nicht so den Mantel.« Der im Sommerpaletot fixierte aus der Ecke den Roten: »Sone Kruke wie Sie ist mir lange nicht vorgekommen.« Gleichmütig der Rote: »Vielleicht habt Ihr nur nicht hingesehn, es gibt noch. Ihr habt Euch den Mantel schmutzig gemacht, hier putzt man sich nicht die Schuhe ab.« Der Entlassene, ein Mann anfangs 30, hatte muntre Augen, sein Gesicht war frischer: »Sie, sagen Sie mal, womit handeln Se eigentlich? Sie leben wohl auf dem Mond?« »Nun, das ist gut, jetzt werden wir sprechen vom Mond.«
    An der Tür hatte schon etwa fünf Minuten ein Mann mit braunem Kräuselbart gestanden. Der ging jetzt an den Tisch, setzte sich auf einen Stuhl. Er war jung, trug einen schwarzen Velourshut wie der andere. Er fuhr mit der Hand im Bogen durch die Luft, ließ seine gelle Stimme los: »Wer ist jenner? Was tust du mit jennem?« »Und was tust du hier, Eliser? Ich kenn ihn nicht, er nennt seinen Namen nicht.« »Hast ihm Geschichten erzählt.« »Nun, was gehts dich an.« Der Braune zu dem Sträfling: »Hat er Aich Geschichten erzählt, der?« »Er spricht nicht. Er geht herum und singt auf de Höfe.« »So laß ihn gehn.« »Es kümmert dich nicht, was ich tue.« »Hab doch zugehört an der Tür, was gewesen ist. Hast ihm erzählt von Zannowich. Was wirst du tun als erzählen und erzählen?« Brummte der Fremde, der den Braunen fixiert hatte: »Wer sind Sie denn eigentlich, wo kommen Sie eigentlich hier rin? Wat mischen Sie sich in den seine Sachen?« »Hat er Euch von Zannowich erzählt oder nicht? Er hat Euch erzählt. Mein Schwager Nachum geht überall herum und erzählt und erzählt und kann sich allaine nischt helfen.« »Ich hab dich doch noch nicht beansprucht für mich. Siehst du nicht, daß dem nicht gut ist, du schlechter Mensch.« »Und wenn ihm schlecht ist. Gott hat dich nicht beauftragt, schau einer an, Gott hat gewartet, bis er kommt. Allain hat Gott nicht helfen gekonnt.« »Schlechter Mensch.« »Haltet Aich von dem fern, Ihr. Er wird Euch gesagt haben, wie es dem Zannowich und wem sonst geglückt ist in der Welt.« »Willst du nicht bald gehn?« »Hör einer den Schwindler an, den Gutestuer. Will mit mir redden. Ist es seine Wohnung? Was hast du nu wieder erzählt von deinem Zannowich, und wie man lernen kann von ihm. Du hättest Rebbe werden müssen bei uns. Wir hätten dich noch ausgefuttert.« »Ich brauch Eure Wohltaten nicht.« Der Braune schrie wieder: »Und wir brauchen keine Schmarotzer, die einem am Rockschoß hängen. Hat er Euch auch erzählt, wie es seinem Zannowich zuletzt gegangen ist, am Schluß?« »Lump, du schlechter Mensch.« »Hat er Euch das erzählt?« Der Sträfling blinzelte müde den Roten an, der die Faust schüttelte und zur Tür ging, er knurrte hinter dem Roten: »Sie, laufen Sie doch nicht raus, regen Sie sich nicht auf, lassen Sie den quasseln.«

    Da sprach der Braune schon heftig auf ihn ein, mit fahrigen Händen, mit Hin- und Herrutschen, mit Schnalzen und Kopfzucken, jeden Augenblick eine andere Miene, bald zu dem Fremden, bald zu dem Roten: »Er macht die Leute meschugge. Er soll Euch erzählen, was es für ein
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