Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition)

Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition)

Titel: Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition)
Autoren: Alfred Döblin
Vom Netzwerk:
Ende genommen hat mit seinem Zannowich Stefan. Er erzählt es nicht, warum erzählt ers nicht, warum, ich frage.« »Weil du ä schlechter Mensch bist, Eliser.« »Ein besserer als du. Man hat (der Braune erhob mit Abscheu beide Hände, machte schreckliche Glotzaugen) seinen Zannowich gejagt aus Florenz wie einen Dieb. Warum? Weil man ihn erkannt hat.« Der Rote stellte sich gefährlich vor ihn, der Braune winkte ab: »Jetzt red ich. Er hat an Fürsten Briefe geschrieben, ein Fürst kriegt viele Briefe, man kann aus der Handschrift nicht sehen, was einer ist. Dann hat er sich aufgeblasen und ist nach Brüssel gegangen als Prinz von Albanien und hat sich in die hohe Politik gemischt. Das war sein böser Engel, der ihm das gesagt hat. Er geht zur Regierung, stellt Euch vor den Zannowich Stefan, das Jingelchen, und verspricht ihr für einen Krieg, weiß ich mit wem, hunderttausend Leute oder zweihundert, kommt nicht drauf an, die Regierung schreibt ein Briefchen, danke schön, sie wird sich nicht auf unsichere Geschäfte einlassen. Da hat der böse Engel dem Stefan noch gesagt: nimm den Brief und leih dir darauf Geld. Hast doch einen Brief gehabt vom Minister mit der Adresse: An den Herrn Prinzen von Albanien, Hochwohlgeboren, Durchlaucht. Sie haben ihm Geld geliehen, und dann wars aus mit dem Betrüger. Wie alt ist er geworden? Dreißick Jahr, mehr hat er nicht bekommen zur Strafe für seine Ibeltaten. Er hat nicht zurückzahlen können, sie haben ihn angezeigt in Brüssel, und dabei ist alles herausgekommen. Dein Held, Nachum! Hast erzählt von seinem schwarzen Ende im Gefängnis, wo er sich selbst die Adern geöffnet hat? Und wie er tot war – ä scheenes Leben, ä scheenes Ende, man soll es erzählen –, nachher ist der Henker gekommen, der Schinder mit einem Karren für die toten Hunde und Pferde und Katzen, hat ihn aufgeladen, den Stefan Zannowich, und ihn hingeworfen am Galgen draußen und Müll aus der Stadt über ihn geschüttet.«
    Dem Mann im Sommermantel stand der Mund offen: »Das ist wahr?« (Stöhnen kann ne kranke Maus auch.) Der Rote hatte jedes Wort gezählt, das sein Schwager herausschrie. Er wartete mit gehobenem Zeigefinger vor dem Gesicht des Braunen wie auf ein Stichwort und tupfte ihm jetzt auf die Brust und spuckte vor ihm auf den Boden, pih pih: »Das ist für dich. Daß du so einer bist. Mein Schwager.« Der Braune zappelte zum Fenster: »So, und jetzt red du und sag, es ist nicht wahr.«
    Die Mauern waren nicht mehr da. Eine kleine Stube mit einer Hängelampe, zwei Juden liefen herum, ein brauner und ein roter, hatten schwarze Velourshüte auf, zankten miteinander. Er verfolgte den Freund, den Roten: »Sie, hören Se mal, Sie, das ist richtig, was der erzählt hat von dem Mann, wie der verschütt ging und wie sie ihn umgebracht haben?« Der Braune schrie: »Umgebracht, hab ich gesagt umgebracht? Er hat sich allein umgebracht.« Der Rote: »Wird er sich schon umgebracht haben.« Der Entlassene: »Und was haben die denn getan, da, die andern?« Der Rote: »Wer, wer?« »Nun, werden doch noch andere gewesen sein wie der, wie der Stefan. Werden doch nicht alle Minister gewesen sein und Schinder und Bankiers.« Der Rote und der Braune wechselten Blicke. Der Rote: »Nun, was sollen se machen? Zugesehen haben se.«
    Der Strafentlassene im gelben Sommermantel, der große Kerl, trat hinter dem Sofa vor, nahm seinen Hut auf, putzte ihn ab, legte ihn auf den Tisch, dann schlug er seinen Mantel zurück, alles stumm, knöpfte sich die Weste auf: »Da, kucken Se her, meine Hose. So dick war ich, und so steht sie ab, zwei starke Fäuste übereinander, vom Kohldampfschieben. Alles weg. Die ganze Plautze zum Deibel. So wird man ruiniert, weil man nicht immer so gewesen ist, wie man sein sollte. Ich gloobe nicht, daß die andern viel besser sind. Nee, det gloob ick nicht. Verrückt wollen sie eenen machen.«
    Der Braune tuschelte zum Roten: »Da hast dus.« »Was habe ich.« »Na, einen Zuchthäusler.« »Wenn schon.« Der Entlassene: »Dann heißt es: bist entlassen und wieder rin, mang in den Dreck, und das ist noch derselbe Dreck wie vorher. Da gibts nichts zu lachen.« Er knöpfte seine Weste wieder zu: »Das sehen Se daran, was die gemacht haben. Die holen den toten Mann da aus dem Bau, der Schweinekerl mit dem Hundewagen kommt und wirft eenen toten Menschen ruff, der sich umgebracht hat, so ein verfluchtes Mistvieh, daß sie den nicht gleich totgeschlagen haben, sich so zu versündigen an einem
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher