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Berge des Wahnsinns: 2 Horrorgeschichten

Berge des Wahnsinns: 2 Horrorgeschichten

Titel: Berge des Wahnsinns: 2 Horrorgeschichten
Autoren: Howard P. Lovecraft
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hörten die anderen das Geschrei der Bohrmannschaft, und der junge Gedney der als Vorarbeiter fungierte kam mit der sensationellen Neuigkeit ins Lager gerannt.
    Sie waren auf eine Höhle gestoßen. Bei den ersten Bohrungen hatten sie unter dem Sandstein eine Kalksteinschicht entdeckt, voller winziger fossiler Cephalopoden, Korallen, Seeigel und Armfüßer und gelegentlicher Spuren von Schwämmen mit Kieselskelett und Knochen von Meereswirbeltieren die letzteren wahrscheinlich von Knochenfischen, Haien und Ganoiden. Das allein war schon wichtig genug, denn es waren die ersten Fossilien von Wirbeltieren, die unsere Expedition entdeckt hatte; als aber kurz danach der Bohrer durch die Gesteinsschicht offenbar ins Leere durchgefallen war, hatte sich eine neue, noch viel stärkere Erregung der Männer bemächtigt. Eine ordentliche Sprengung hatte das unterirdische Geheimnis offengelegt; und jetzt gähnte vor den begierigen Augen der Forscher, unter einer ausgezackten Öffnung von vielleicht fünf Fuß Durchmesser und drei Fuß Stärke, ein Abschnitt einer niedrigen Kalksteinhöhle, die vor mehr als fünfzig Millionen Jahren durch das tropfende Grundwasser einer vergangenen tropischen Epoche geschaffen worden war.
    Die ausgehöhlte Schicht war nicht tiefer als sieben oder acht Fuß, erstreckte sich aber nach allen Richtungen ins Unendliche und führte frische, leicht bewegte Luft, die auf ein ausgedehntes Höhlensystem schließen ließ. Decke und Sohle starrten förmlich von Stalaktiten und Stalagmiten, die an manchen Stellen zu Säulen zusammengewachsen waren; aber das Wichtigste von allem waren die riesigen Anhäufungen von Schalen und Knochen, die an manchen Stellen fast den Durchgang versperrten. Herabgeschwemmt aus unbekannten Dschungeln mesozoischer Baumfame und Pilze und Wäldern tertiärer Zykadeen, Fächerpalmen und primitiver Angiospermen, enthielt dieses beinerne Gemisch mehr Vertreter kretazeischer, eozäner und anderer Tierarten, als auch der tüchtigste Paläontologe im Verlauf eines Jahres hätte zählen oder klassifizieren können. Mollusken, Panzer von Krustentieren, Fische, Amphibien, Reptilien, Vögel und frühe Säugetiere groß und klein, bekannt und unbekannt. Kein Wunder, daß Gedney laut schreiend ins Lager zurückgerannt kam, kein Wunder auch, daß jeder seine Arbeit liegenließ und Hals über Kopf durch die schneidende Kälte zu dem hohen Bohrturm hinüberstürzte, der ein neu entdecktes Tor zu den Geheimnissen des Erdinnern und entschwundenen Äonen markierte.
    Als Lake seine erste unbezähmbare Neugier gestillt hatte, kritzelte er eine Nachricht in sein Notizbuch und schickte den jungen Moulton ins Lager zurück, um sie so schnell wie möglich per Funk weiterzugeben. Das war die erste Kunde von der Entdeckung, die mich erreichte; sie berichtete über die Identifizierung von frühen Muscheln, Knochen von Ganoiden und Plakoidschuppern, Überresten von Labyrinthodonten und Thekodonten, großen Schädelfragmenten von Mosasauriem, Wirbeln und Panzern von Dinosauriern, Zähnen und Flügelknochen von Pterodaktylen, Überresten von Archäopteryxen, miozänen Haifischzähnen, Schädeln primitiver Vogelarten und anderen Skeletteilen von urzeitlichen Säugetieren wie Paläotherien, Xiphodonten, Eohippi, Oreodonten und Titanotheren. Es war kein so spätes Tier wie ein Mammut, ein Elefant, ein echtes Kamel, ein Hirsch oder ein Rind darunter; Lake schloß daraus, daß die letzten Ablagerungen im Oligozän entstanden waren und daß die hohle Schicht mindestens dreißig Millionen Jahre in ihrem jetzigen ausgetrockneten, toten und unzugänglichen Zustand dagelegen hatte.

    Andererseits war das Vorherrschen sehr früher Lebensformen im höchsten Grade ungewöhnlich. Obwohl die Kalksteinformation zweifelsfrei aus der Periode zwischen Juraund Kreidezeit stammte, was durch so typische eingelagerte Fossilien wie Glasschwämme bewiesen wurde, enthielten die freien Überreste in dem Hohlraum einen überraschend hohen Anteil an Organismen, die bislang als typisch für viel ältere Perioden angesehen worden waren es waren sogar rudimentäre Fische, Mollusken und Korallen darunter, die so weit zurückliegenden Zeitaltem wie dem Silur oder sogar dem Ordovizium zugerechnet wurden. Die unausweichliche Folgerung war, daß in diesem Teil der Welt eine bemerkenswerte Kontinuität zwischen dem Leben vor über 300 Millionen und dem vor nur 30 Millionen Jahren geherrscht haben mußte. Wie weit diese Kontinuität sich bis über das
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