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Benjamins Gärten (German Edition)

Benjamins Gärten (German Edition)

Titel: Benjamins Gärten (German Edition)
Autoren: J. Walther
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sie ab. Sie leuchtet grün-golden, wenn ich sie gegen das Licht halte. Ich lege sie in die Stiege. Jurek kommt um die Hausecke, reibt sein Köpfchen an der Kiste, streift meine Hand.
    »Na, Kleiner. Mit wem hast du gekämpft?« Eine blutige Schramme ziert sein Näschen. Er setzt sich hin und reckt den Kopf, stolz, sein Revier verteidigt zu haben.
    Ich richte mich wieder auf, blinzle in die Sonne, die die Farben der Stauden im Nachbargarten zum Leuchten bringt. Eine ältere Frau biegt in die Straße ein. Erst als sie näher kommt, erkenne ich meine Großtante zweiten Grades.
    »Na, ist der Wein gut geworden?«
    »Ja«, ich strahle sie an, »möchtest du etwas haben? Er ist lecker.«
    »Nimm du dir mal.«
    Sie schaut sich um: »Hübsch hast du das Haus gemacht.«
    Sie scheint sich an die fehlenden Gardinen gewöhnt zu haben. Alle haben sich an die fehlenden Gardinen gewöhnt.
    »Der junge Mann aus der Villa kommt wohl gar nicht mehr? Ihr wart doch befreundet.«
    »Nein. Er renoviert ja jetzt ein anderes Haus.« Ich überlege kurz, ob Argwohn in ihrer Stimme war, ob sie » befreundet « besonders betont hat. Aber es klang nur freundlich.
    »Na ja, noch einen schönen Tag.«
    »Dir auch.«
    Sie geht weiter. Ich schneide die restlichen Weintrauben ab und bringe dann die Kiste ins Haus. Ich stelle sie in eine kühle Ecke des Hausflurs. Als ich mich wieder aufrichte, verdunkelt jemand die Haustür, Sonnenlicht fällt durch dünnen Stoff, lässt eine weibliche Silhouette erahnen. Die Frau tritt in den Hausflur, kommt auf mich zu.
    »Hallo Kleiner.«
    »Anna?« Ich starre sie an. Sie umarmt mich. Sie hält mich lange fest. Mein Körper antwortet auf die Erinnerung an menschliche Berührung, an das Geschenk von Zuwendung, mit einem leichten Sacken. Mit einer kleinen Anspannung in meinem Rücken, die einfach aufgibt, plötzlich nicht mehr nötig ist.
    Schließlich tritt sie einen Schritt zurück: »Du siehst gut aus.«
    »Danke.« Sie sieht auch gut aus. Sie trägt eine fast bodenlange, an den Seiten geschlitzte Bluse. Als sie sich jetzt umdreht, fließt der Stoff weich ums sie. Sie geht ins Wohnzimmer, ohne auf eine Aufforderung zu warten. Ich folge ihr. Sie lässt sich auf dem Sofa nieder, Grau vor dunklem Rot, schaut sich um, betrachtet Sessel, Anrichte und Schränkchen. Ich folge zufrieden ihrem Blick.
    »Ich habe vor Kurzem umgeräumt, alte Möbel vom Dachboden geholt.«
    »Gefällt mir.«
    »Willst du was trinken?«
    »Hast du Bier?«
    Ich hole zwei Flaschen, setzte mich mit untergeschlagenen Beinen in einen Sessel. Wir trinken beide aus der Flasche, obwohl ich Anna ein Glas hingestellt habe.
    »Wie geht’s dir? Was machst du so?«
    »Gut. Ich mache Zivi bei einem Umweltprojekt. Ist klasse da. Nette Leute. Ich helfe auch am Wochenende manchmal aus, wenn sie dort Filme auf dem Dachboden zeigen.«
    Ich nippe an meiner Bierflasche, wir schauen uns an: »Hab mal versucht, dich anzurufen.«
    »Ich war in China. Das Netz dort ist mies. Ich habe chinesische Tuschmalerei gelernt. Ein bisschen jedenfalls.« Sie erzählt etwas von Felsen an einem Fluss, die fast schwebend aus dem Dunst auftauchen. »Nachher zeige ich dir einige Bilder, ja?«
    »Gern.« Jurek kommt herein, springt auf meine Beine. Ich streichle über seinen Kopf: »Wie geht es …?«
    »Was ist denn das für ein Süßer?«
    »Oh, das ist Jurek.« Marek hat ihn mir geschenkt. Marek, den ich vermisse. Ich habe nichts mehr von ihm gehört, seit er gegangen ist. Bald ist es ein Vierteljahr her. Aber ich zähle keine Tage mehr. Die Villa steht leer, der Garten darum verwildert langsam wieder.
    Anna setzt sich neben mich, streichelt Jurek: »Benjamin, ich will dir was sagen.«
    »Was denn?«
    »Zeigst du mir erstmal dein Haus?«
    »Klar.«
    Ich zeige ihr die Küche mit dem alten Buffet, das ich vom Sperrmüll geholt habe, das einfache Bad, die Speisekammer. Dann führe ich sie die Treppe hinauf, zeige ihr mein Zimmer. Oben im Flur habe ich die Holzverkleidung von altem Lack befreit. Ich fahre mit den Fingern über die Struktur des freigelegten Holzes.
    Anna beobachtet mich dabei aus dem Augenwinkel. »Man merkt, dass du hier angekommen bist«, sagt sie schließlich.
    »Ich habe schon immer hier gewohnt«, antworte ich verständnislos.
    Anna grinst, schüttelt den Kopf: »Was ist das noch für eine Tür?«
    Ich zögere, aber dann hole ich den Schlüssel von dem staubigen Balken. Die Tür knarzt, geht schwer auf, das Holz scheint verzogen zu sein. Das Nachmittagslicht
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