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Benjamins Gärten (German Edition)

Benjamins Gärten (German Edition)

Titel: Benjamins Gärten (German Edition)
Autoren: J. Walther
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Nicht weiß, was ich anfangen soll. Ich entfliehe dem Gespräch mit einem flüchtigen Nicken. Schwimme schneller als zuvor, mit kräftigen Stößen. Ich mag nicht, wie sie über mein Leben diskutieren, alles besser wissen. Es ist mein Leben. Ich muss es leben, ich brauche ihre gut gemeinten Ratschläge nicht.
    Ich erreiche die andere Seite, drehe mich um. Der Kopf des jungen Mannes taucht ein Stück vor mir auf, kommt auf mich zu. Wir stoßen uns fast gleichzeitig wieder ab, er unter Wasser, ich darüber. Ich versuche mit ihm mitzuhalten, strenge mich an. Doch vergeblich, ich schwimme zu hastig, verliere meinen Rhythmus und komme eine ganze Länge nach ihm an. Er hat schon wieder elegant gewendet. Ich halte mich am Beckenrand fest, atme schwer. Die beiden Frauen sind immer noch da, unterhalten sich. Schwimmen gehen als Vorwand, um Dorftratsch auszutauschen.
    »Da ist doch der seltsame Mann in der Villa.«
    »Mein Mann hat ihn gefragt, was er so macht, und er hat kaum was erzählt.«
    Jetzt schwimmen sie doch los, langsam genug, um sich zu unterhalten, hoch erhobenen Hauptes.
    »Mit dem stimmt doch irgendwas nicht«, höre ich gerade noch. Ich bleibe am Rand.
    Dieser Fremde. Ich habe schon gehört, dass jemand die alte Villa gekauft haben soll. Jemand also, der auf forschende, nur vordergründig freundliche Fragen hin nicht bereit ist, seine Lebensgeschichte auszubreiten. Das klingt interessant. Ich kann ja mal einen Blick auf die Villa werfen, ich war lange nicht mehr da.
    Ich stemme mich am Beckenrand hoch, steige aus dem Wasser. Im Vorbeigehen nehme ich mein Handtuch vom Geländer, rubble durch meine widerspenstigen Haare. Ich trockne mich ab, ziehe mich hastig an. Dann gehe ich nach oben, die Haare noch immer feucht. Am Ende der Treppe öffnet sich eine große Halle. Durch die hohen Fabrikfenster fällt diffuses Licht, in den Ecken liegen Dreck und Müll. Ansonsten ist die Halle leer, die Maschinen schon lange entsorgt. Alles, was noch übrig ist, ist das alte Schwimmbecken für die Arbeiter im Keller. Ich gehe über den staubigen Boden, trete aus dem Gebäude. Die abendliche Märzluft ist kalt. Als ich die Dorfstraße entlanggehe, beginne ich zu frieren. Ich laufe schneller, um die Kälte zu vergessen. Das Dorf zieht sich lang hin, die Häuser sind am Bach verteilt, über Hangwiesen thronen einzelne große Gehöfte.
    Endlich erreiche ich das andere Ende des Ortes. Ich biege von der Straße ab und wähle einen schmalen Pfad durch die Wiesen. Ich gehe zwischen den Bäumen hindurch, auf den Pfad fällt kein Lichtschein. Ich setze meine Schritte vorsichtig, unsicher, wo sich der Bach befindet. Schließlich entdecke ich die Stelle, gehe am anderen Ufer weiter und bemerke flackernde Schatten auf dem Boden. Zwischen den Bäumen wird es heller. Ich blicke auf. Die Silhouette der kleinen Villa hebt sich von dem verblassenden Himmel ab, im Türmchen brennt Licht. Neben der Villa prasselt ein großes Feuer, wirft weite gespenstische Schatten. Ein hochgewachsener blonder Mann wirft Bretter und Schrankteile in die Flammen, das Feuer lodert auf. Der attraktive Mann ist eindeutig nicht von hier.
    Ich überlege noch, ob ich einfach hingehen soll, als er zu einem kleinen Tischchen greift, das etwas abseits steht. Ich springe aus meiner Deckung hervor, laufe zu ihm:
    »Nicht! Das ist doch noch gut.«
    Der Fremde schaut sich nach mir um, lässt das Tischchen wieder sinken. Als ich vor ihm stehe, grinst er mich an.
    »Oh, ein Liebhaber alter Dinge.« Sein Lächeln wird breiter. Ich schaue ihn an, länger als nötig. Sein schönes Gesicht ist erhitzt, bildet einen reizvollen Kontrast zu seinem blonden Haar. Das Lächeln weicht nicht aus seiner Miene, wird verschmitzt. Ich reiße mich von diesem Anblick los, begutachte das Tischchen.
    »Es ist doch noch gut. Ist das Jugendstil?«
    »Ich denke schon.« Er deutet auf den Messingbeschlag der Schublade. »Aber es hat lauter Kratzer und in den Beinen ist der Holzwurm.«
    »Man kann es aufarbeiten. Der Holzwurm ist schon lange raus.«
    Unsere Hände liegen je auf einer Seite des Tischchens, keiner lässt es los. Er lächelt mich wieder an.
    »Gut, ich habe Abbeizer im Schuppen. Du kannst das machen, wenn du willst.«
    Wir stellen das Tischchen gemeinsam beiseite. Dann wirft er Bretter in das prasselnde Feuer, bis es hoch auflodert. Ich stehe da, unsicher, die Hände in den Hosentaschen. Schließlich dreht er sich zu mir um, deutet auf einen Baumstamm. Wir setzen uns, blicken ins Feuer. Von
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