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Bell ist der Nächste

Bell ist der Nächste

Titel: Bell ist der Nächste
Autoren: Harry Dolan
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Fortschritte an. Der Sheriff von Chippewa County glaubte, dass es in diesem Fall bald einen Durchbruch geben könnte. Dann verkündete eine Schlagzeile, dass jemand verhaftet worden war: Kyle Scudder.
    Diese Entwicklung traf Lark unvorbereitet, obwohl er zugeben musste, dass er hätte vorgewarnt sein sollen. Scudder hatte sich am Abend vor dem Tod des alten Mannes mit ihm geprügelt. Vor etlichen Zeugen hatte er Dawtrey in einer Bar zu Boden geschlagen.
    In den Tagen, nachdem er diese Schlagzeile gelesen hatte, schrieb Lark eine Zusammenfassung seiner Begegnung mit Charlie Dawtrey, füllte mehrere Seiten seines Notizbuches. Zuerst dachte er, dass er die Gründe und Motive ausführen sollte, aber als er das tat, waren die Sätze schwarz (kein gutes Schwarz), borstig und körnig. Sie zitterten auf der Seite, bis er sie durchstrich und beschloss, bei den Fakten zu bleiben.
    Ihm kam der Gedanke, dass er seinen Bericht an Kyle Scudders Anwalt schicken und einen unschuldigen Mann vor einer Mordanklage bewahren müsste. Aber angesichts des höheren Plans schien das unwichtig zu sein. Er verspürte keinerlei Verantwortung für Scudder.
    Es gibt keine Gerechtigkeit in der Welt, hatte sein Vater immer gesagt.
    Aber Lark hatte das starke Gefühl, dass er den Tod von Charlie Dawtrey für sich beanspruchen musste. Wir müssen Herr unserer eigenen Taten bleiben, dachte er. Sonst wird uns niemand jemals kennen. Diese Weisheit war nicht von seinem Vater gekommen. Das war etwas, das sein Arzt gerne sagte.
    Wir alle wollen, dass man uns kennt. Wir alle wollen als der gesehen werden, der wir wirklich sind.

    Die Sonne schien auf die kupferne Turmspitze der Saint- Joseph’s-Kirche. Die Glocke im Turm schlug zehn. Anthony Lark lauschte ihr aus seinem Chevy auf dem Parkplatz gegenüber. Er konnte sehen, dass der Vorraum zugänglich war, zwei schwere Eichentüren waren weit geöffnet.
    Dutzende Trauergäste waren bereits hineingegangen, weit mehr, als Lark erwartet hatte. Er war davon ausgegangen, dass Charlie Dawtrey nur einen Sohn hatte, aber jetzt vermutete er, dass es noch andere Kinder gab, eine große Familie. Lark beobachtete, wie die Menschen die Granitstufen zur Kirche erklommen.
    Die Frau aus dem Cozy Inn – Madelyn – kam erst spät. Sie hatte einen Jungen bei sich, einen Teenager, dessen Foto an der Wand in Dawtreys Hütte gehangen hatte.
    Lark sah sie hineingehen, und dann sah er, wie der Wagen eines Sheriffs vorfuhr. Ein stämmiger Deputy mit lockigem Haar stieg an der Fahrerseite aus und ging ums Auto herum, musterte die Straße in beide Richtungen. Dann öffnete ein zweiter Deputy – jünger, schlanker – die hintere Tür und zerrte Terry Dawtrey heraus.
    Dawtrey trug einen grauen Anzug, der um seinen Körper schlotterte, und keinen Schlips. Sein dunkles Haar war zu einer Stoppelfrisur abrasiert. Seine Hände waren vor dem Körper mit Handschellen gefesselt, auf denen das Sonnenlicht schimmerte.
    An seinen Knöcheln befanden sich Fußfesseln. Er humpelte seitlich die Treppe hoch, ein Deputy hielt sich dicht neben ihm, der andere beobachtete die Straße. Als die drei im Vorraum verschwunden waren, ließ Lark den Motor an, rollte vom Parkplatz herunter und fuhr in westlicher Richtung davon. Der Friedhof lag am Fuß eines Hügels, auf dem Kiefern wuchsen. Lark spazierte zwischen den Bäumen hindurch und trug sein Gewehr in einer zusammengerollten Decke. Er hatte seinen Wagen fünfhundert Meter weiter vorne stehen lassen, am Rand der Straße, die an den Friedhof grenzte. Er hatte den Eindruck, da stünde er gut. Ihm war ein weiterer Wagen aufgefallen, der in der Nähe parkte, ein rostiger Camaro, der halb auf dem Kies und halb im Gras stand.
    Lark fand die Stelle wieder, die er bereits am vorigen Tag ausgesucht hatte, ein glatter Fleck im Schatten einer Weymouth- Kiefer, der einen Ausblick auf den Friedhof unten bot.
    Es verging fast eine Stunde, bevor die ersten Autos auftauchten. Lark beobachtete sie vom Hügelkamm aus, wo er saß, das Gewehr über den Knien. Während er auf den Wagen des Sheriffs wartete, kam ihm plötzlich der Gedanke, dass er einen Fehler gemacht haben könnte, Panik erfüllte ihn. Vielleicht würden die Deputys Terry Dawtrey gar nicht hierherbringen, vielleicht war der Gottesdienst alles, was er bekommen würde.
    Lark beobachtete, wie sich die Sargträger am Heck des Leichenwagens versammelten. Ein Bestattungsunternehmer im schwarzen Anzug ließ sie zu beiden Seiten Aufstellung nehmen, und dann
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