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Bell ist der Nächste

Bell ist der Nächste

Titel: Bell ist der Nächste
Autoren: Harry Dolan
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ich.
    »Bloß Unsinn. Er wollte wissen, ob mein Pass noch gültig ist.«
    Ich nickte geistesabwesend. »Mit mir hat er auch über den Pass gesprochen.«
    Und dann erzählte ich ihr alles von meinem Gespräch mit dem Senator, woran ich mich erinnern konnte. Ich beschrieb ihr auch meinen Trick mit der Kugel. Aber was ihre Aufmerksamkeit erregte, war, was er über Lucy Navarro gesagt hatte.
    »Es ergibt keinen Sinn«, sagte sie. »Er hat mit ihr eine Abmachung getroffen, damit sie ihre Nachforschungen sein lässt und nicht die Wahrheit über Matthew Kenneally herausfindet.«
    »Richtig.«
    »Aber er hat sich nicht an die Abmachung gehalten. Die Geschichten, mit denen er sie gefüttert hat, waren alle erfunden. Was hat er sich davon erhofft? Er musste doch wissen, dass sie früher oder später dahinterkommen würde.«
    »Er wollte einfach nur Zeit gewinnen«, sagte ich. »Und dann wäre es egal – weil er in absehbarer Zeit nicht mehr da wäre.« Aber während ich es sagte, merkte ich schon, dass etwas nicht stimmte. Der Senator wäre nicht mehr da, wohl aber Kenneally.
    Elizabeth war mir ein gutes Stück voraus. »Er hat Lucy nicht um seiner selbst willen hingehalten«, sagte sie. »Er hat es für Kenneally getan. Kenneally brauchte also Zeit.«
    Mehr sagte sie nicht. Sie wartete darauf, dass ich es auch begriff.
    Dann fiel der Groschen. »Kenneally brauchte Zeit, um seinen Pass zu erneuern.«

    Während Elizabeth mit Carter Shan telefonierte, ging ich in den Wald und sammelte trockene Äste ein, die ich an einer Feuerstelle aufschichtete. Nach einer Weile klappte sie ihr Telefon zu und kniete sich neben mich. »Und wie willst du das jetzt anzünden?«
    »Na ja, wir könnten vorne am Strand schauen, ob der Senator seine Streichhölzer dagelassen hat.«
    Wir hatten Glück. Wir verbrauchten die halbe Schachtel Streichhölzer, bis das Feuer brannte. Als wir schließlich dasaßen und in die Flammen schauten, klingelte Elizabeths Handy – Shan rief zurück.
    Sie hörte zu, was er zu sagen hatte, und berichtete mir dann die Neuigkeiten. »Das Haus der Kenneallys steht leer. Carter ist selbst hingefahren. Er hat mit einer Nachbarin gesprochen, die sagte, die Kenneallys seien am Morgen Richtung Europa abgereist. Er hat bei den Fluggesellschaften nachgefragt. Sie sind von Detroit nach Amsterdam und von dort weiter nach Genf geflogen.«
    Noch ein Grund, warum Kenneally Zeit brauchte, dachte ich. Er musste seine Frau davon überzeugen, mit der ganzen Familie in die Schweiz zu ziehen.
    »Das ist schlau«, sagte Elizabeth. »Damit ist er praktisch außer Reichweite. Wenn er wegen Mordes angeklagt wird, könnte die Schweiz ihn ausliefern – theoretisch. Aber in der Praxis könnte das Jahre dauern. Und welcher Staatsanwalt macht sich diese Mühe?«
    Ich konzentrierte mich auf den aufsteigenden Rauch. »Und nach einiger Zeit wird das alles nicht mehr so gravierend wirken.«
    Wir blieben bis spät in die Nacht am Feuer sitzen, manchmal schwiegen wir, und manchmal redeten wir. Ich erkundigte mich nach Nick, und Elizabeth sagte mir, dass sie überzeugt sei, er werde ungeschoren davonkommen. »Er wird sich wegen der Einbrüche bei Delacorte und Tillman verantworten müssen – das wird sich nicht vermeiden lassen –, aber ich werde dafür sorgen, dass Hannagan gut auf ihn aufpasst.«
    Später streckte ich mich im Sand aus und legte meinen Kopf in Elizabeths Schoß. Irgendwann rief Hannagan an, um sie auf den neuesten Stand zu bringen. Jay Casterbridge und Callie Spencer kamen aus Ann Arbor angefahren, um den Senator abzuholen. Ein Arzt in der Notaufnahme in Sault Sainte Marie hatte ihm die Platzwunde genäht, und Hannagan ließ ihn in einem Büro der Krankenhausverwaltung warten. Irgendwie war das Gerücht von seiner Verletzung durchgedrungen, und ein CBS-Korrespondent lauerte vor dem Krankenhaus mit einer Videokamera. Eine Reporterin der Lokalzeitung hatte Fragen gestellt – merkwürdig detailliert. Sie wollte wissen, ob es stimme, dass der Senator in einer Hütte in Brimley gewohnt habe, die einst Terry Dawtreys Vater gehört habe.
    »Hannagan ist ein bisschen verärgert«, sagte Elizabeth. »Er hat mich gefragt, ob du irgendwelche Reporter angerufen hast. Ich sagte ihm, du seist unschuldig wie ein Lamm.«
    »Vielleicht war es Sergeant Cooper«, entgegnete ich.
    »Vielleicht«, sagte sie, aber in ihrem Ton lag etwas Rätselhaftes, und mir fiel ein, dass sie lange telefoniert hatte, während ich Holz gesammelt hatte.
    Ich lächelte
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