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Being

Titel: Being
Autoren: dtv
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schaute nach Kelly. Er stand immer noch da, starrte zu Boden und hielt weiter die Spritze in der Hand.
    Ich wandte mich wieder zu Ryan um. »Sie wissen, was immer in dieser Spritze da ist, es wirkt nicht lange bei mir.«
    »Muss es auch nicht«, sagte er. »Bevor wir verschwinden, wirst du so stark gefesselt sein, dass du es nicht mal mehr schaffst zu blinzeln.« Er sah mich an. »Dir ist klar, dass das alles zu deinem Besten ist, oder?«
    »Wirklich?«
    Er nickte. »Du weißt nicht, was du bist, Robert. Das wissen wir. In den letzten sechs Monaten haben wir dein Leben seziert – zerlegt, untersucht, analysiert. Wir haben sämtliche Heime aufgespürt, sämtliche Betreuer, sämtliche Schulen. Wir haben deine |348| Lehrer befragt, die Sozialarbeiter, die dich betreut haben, die Kinder, mit denen du aufgewachsen bist. Wir haben deine Akten studiert, deine Krankenberichte, die Unterlagen deiner Therapeuten. Wir haben mit Leuten geredet. Wir haben Leute beobachtet. Wir sind Leuten gefolgt. Wir haben das Video deiner Endoskopie tausendmal untersucht. Wir haben jede Spur von forensischem Beweismaterial untersucht, die wir finden konnten – Blut, Haare, Haut … alles.« Er schüttelte den Kopf. »Aber wir wissen noch immer nicht, was du bist. Das Einzige, was wir mit Sicherheit wissen, ist, dass auch du nicht weißt, was du bist. Niemand weiß es.« Er starrte mich an. »Du kannst nicht den Rest deines Lebens so weitermachen, Robert – ohne zu wissen, was du bist, woher du kommst oder warum du hier bist.«
    »Wieso nicht?«
    »Weil –«
    »Sir?«, sagte Kelly.
    Ryan blickte auf und bemerkte, wie Kelly auf etwas hinter ihm stierte. Für einen Moment hielt Ryan inne, dann wandte er langsam den Kopf, um zu sehen, was Kelly da sah … und plötzlich erstarrte er. Eddi stand hinter ihm und hielt eine Pistole an seinen Kopf.

    »Geben Sie mir Ihre Pistole«, sagte Eddi kalt und hielt ihm die Hand hin. »Und die, die Sie von Hayes haben, auch.«
    Ryan lächelte sie an. »Sie sind wirklich gut, Miss Ray, das muss ich zugeben.« Er warf einen Blick auf die Pistole in ihrer Hand. »Ich habe Ihr Bad zweimal durchsucht …« Er sah wieder Eddi an. »Wo war sie?«
    »Geben Sie mir einfach die Pistolen«, entgegnete sie.
    |349| Er schüttelte den Kopf. »Ich fürchte, das kann ich nicht.«
    »Ich werde Sie töten, wenn es nötig ist«, warnte sie ihn.
    »Ich bin sicher, dass Sie das tun werden. Doch daraufhin wird Kelly Sie erschießen müssen, was uns zwar ein paar Unannehmlichkeiten bereitet, aber wir haben dann immer noch Robert.« Er zuckte die Schultern. »Und das ist, was wirklich zählt.«
    Eddis Blick sprang hinüber zu Kelly. Er hatte die Spritze fallen lassen und seine Pistole gezückt, die er gesenkt am Körper hielt. Er rührte sich nicht, als Eddi ihn ansah, sondern stand nur da und starrte ihr mit leerem Blick in die Augen.
    »Wissen Sie, Miss Ray«, fuhr Ryan fort, »es ist nicht so, dass ich mein Leben nicht schätze, das tue ich durchaus, aber manchmal müssen wir an das größere Ganze denken. Und Robert hier …« Er sah zu mir herüber. »Nun ja, Robert könnte das Größte sein, was die Welt je gesehen hat.« Er schaute wieder zu Eddi. »Sie haben keine Ahnung, was Sie da geliebt haben, nicht wahr, Miss Ray?«
    Eddis Lippen bewegten sich, doch sie konnte nichts sagen. Schweigend starrte sie Ryan für eine Weile an, dann drehte sich ihr Kopf langsam und sie schaute zu mir herüber. Als sie in meine Augen blickte, verschwand alles andere. Ich wusste, dass Cooper mich immer noch festhielt, und ich wusste, dass Ryan und Kelly weiter jede Bewegung im Blick hatten, aber für einen Augenblick existierten sie nicht. Das einzige Leben in diesem Zimmer war das, was in Eddis blauen Augen brannte, als sie in meine blickte … versuchte, in mich hineinzusehen, zu verstehen … und für den Bruchteil einer Sekunde, glaube ich,
verstand
sie. Vielleicht habe ich mich ja getäuscht und nur das gesehen, was ich unbedingt sehen wollte, doch in dem Augenblick glaubte ich fest, dass Eddi alles wusste. Sie hatte in mich hineingesehen. Sie hatte |350| gesehen, was ich war und warum ich es vor ihr geheim gehalten hatte, und sie hatte mir vergeben.
    »Also«, sagte Ryan.
    Unscharf sah ich die zuckende Bewegung, mit der Kelly den Arm hochriss und die Pistole auf Eddi richtete. Verzweifelt stürzte ich mich auf ihn, riss Cooper mit und wir beide krachten in ihn hinein, gerade als Kelly abdrückte. Während Kelly keuchend beiseitestolperte,
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