Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bei Hitze ist es wenigstens nicht kalt - Roman

Bei Hitze ist es wenigstens nicht kalt - Roman

Titel: Bei Hitze ist es wenigstens nicht kalt - Roman
Autoren: Dora Heldt
Vom Netzwerk:
ein so großes Haus hatten, Golf spielten, eine Finca auf Mallorca besaßen und damit nicht genug: Statt einer mittelmäßigen Tochter hatten sie zwei |34| extrem gut aussehende und erfolgreiche Söhne produziert. Lediglich die Tatsache, dass ihre Tochter mit einem der beiden Wagner-Sprösslinge verheiratet war, hatte Margret Goldstein ein wenig versöhnt. Und nicht zuletzt die beiden Enkelsöhne, die zumindest zur Hälfte aus den erfolgreichen Wagner-Genen bestanden.
     
    »Dann ist ja gut.«
    Die zufriedene Antwort ihrer Mutter ging direkt in die pochende Schläfenader. Doris öffnete die Kühlschranktür und nahm die angebrochene Weinflasche heraus.
    »Doris, bist du noch dran?«
    »Ja.« Sie füllte das Glas nur halb, schließlich musste sie noch kochen. »Wie gesagt, ich muss jetzt Schluss machen, also bis bald.«
    »Was ist denn jetzt mit deinem Geburtstag? Wo findet die Feier statt?«
    »Mama, ich habe es dir schon gesagt, ich habe keine Lust zu feiern. Vielleicht fahren Torsten und ich an dem Wochenende weg.«
    »Warum das denn? Du wirst doch auch dauernd eingeladen und gehst überall hin. Und es ist ein runder Geburtstag. Doris, ich bitte dich, du wirst nur einmal fünfzig. Ich habe meinen damals ganz groß gefeiert, das war so ein schöner Abend. Das willst du dir entgehen lassen? Das kannst du ja wohl nicht machen. Du hast auch Verpflichtungen.« Margrets Stimme wurde mit jedem Satz vorwurfsvoller. Doris spürte schon wieder den Schweiß in ihrem Gesicht.
    »Mama, du hast auf deiner tollen Feier den ganzen Abend geheult. Und wolltest Sascha und Torsten an die Wand klatschen.«
    |35| Jetzt bekam Margret regelrechte Schnappatmung. »Das stimmt doch gar nicht. Du warst schwanger und hast doch kaum was mitbekommen.«
    Doris schloss kurz die Augen. »Ist ja auch egal. Ich feiere jedenfalls nicht. Du kannst ja gern die Woche drauf zum Essen kommen. Aber am 27. findet hier nichts statt. So, und jetzt muss ich was tun. Bis bald.«
    »Du hast auch nie Zeit für mich. Und über den Geburtstag reden wir noch mal. Also, sag bitte Moritz wegen der Bettwäsche Bescheid. Und schöne Grüße. Tschüss.«
    Mit einem erleichterten Seufzer ließ Doris sich auf einen Stuhl sinken. Sie verstand nicht, wie Margrets Lebensgefährte das aushielt. Ihre Mutter wurde mit jedem Jahr dominanter und anstrengender. Wahrscheinlich ging es nur, weil die beiden nicht zusammen wohnten. Werner hatte eine Wohnung in der Nähe, und wenn Margret zu anstrengend wurde, ging er nach Hause. Da hatte er seine Ruhe. Und Margret rief Doris an. Das Thema Geburtstagsfeier war garantiert auch noch nicht ausgestanden.
    Doris stützte das Kinn in die Hand und sah aus dem Fenster in den Garten. Der Gärtner war gestern erst da gewesen und hatte ganze Arbeit geleistet. Der zum See hin abfallende Rasen war frisch gemäht, die großen Terrakottakübel neu bepflanzt, die Rosenbeete geharkt und vom Unkraut befreit, die Terrassenmöbel neu geölt, es sah aus wie auf dem Blatt eines Gartenkalenders. Margret hätte sich schon wieder darüber aufgeregt, dass Doris überhaupt einen Gärtner beschäftigte. Sie selbst machte heute noch alles allein, das wäre gar kein Problem. Dabei vergaß sie nur zu erwähnen, dass ihr Grundstück 500   Quadratmeter groß war, der Garten von Torsten und Doris indessen 2500.   Aber die mittelmäßige |36| Tochter konnte der patenten Mutter sowieso nichts recht machen. So war es eben.
    Nach einem Blick auf die Uhr stand Doris auf und putzte wieder Gemüse. Sie hoffte nur, dass Werner sich seine entspannte Haltung bewahrte und noch lange leben würde. Sie mochte sich nicht ausdenken, wie sich Margret entwickeln würde, wenn ihm irgendetwas geschähe.
    Irgendwann hatte Doris gelesen, dass Frauen im Alter immer mehr Züge ihrer Mütter annahmen. Diese Vorstellung war für sie der absolute Horror. Seit Sascha auf der Welt war, hatte sie sich verzweifelt bemüht, nie etwas zu sagen oder zu fragen, was auch nur annähernd dem Tonfall oder gar der Formulierung ihrer Mutter ähnelte. Es war gar nicht einfach, aber Doris bildete sich ein, es geschafft zu haben. Mehr oder weniger zumindest.
    Allerdings hatte Moritz gerade noch am Telefon gesagt, sie solle nicht so ein Tamtam machen. Na ja, aber sie konnte eben nicht immer funktionieren. Es war so einfach, als die Kinder noch klein waren. Die Bilder in ihrem Kopf von Sascha und Moritz im Kinderwagen, bei der Einschulung, in den Urlauben trieben ihr schon wieder Tränen in die Augen. Diese
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher