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Beherrscher der Zeit

Beherrscher der Zeit

Titel: Beherrscher der Zeit
Autoren: A. E. van Vogt
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glaubte, ihr Gehirn müsse wie ein Kreisel wirbeln.
    »Haben Sie keine Angst!« beruhigte Dr. Lell sie. Seine Stimme klang so sanft und verständnisvoll, wie sie zuvor hart und höhnisch gewesen war.
    »Sie sind wieder Sie selbst. Ja sogar etwa zehn Jahre jünger!«
    Er nahm eine Hand vom Lenkrad und hielt ihr einen Spiegel vor die Augen. Der flüchtige Blick auf ihr Spiegelbild ließ sie hastig nach dem Glasstück greifen, als wäre es das Kostbarste auf der Welt.
    Einen langen, hungrigen Blick gestattete sie sich. Dann fiel ihr Arm, der den Spiegel hielt, auf den Sitz herab. Sie lehnte sich in das Polster zurück. Ihre Wangen waren klebrig von dem tränenverschmierten Make-up, und sie war schwach vor Erleichterung.
    Nach einem tiefen Seufzer murmelte sie mit schon festerer Stimme: »Danke, daß Sie es mir gleich gesagt haben. Ich glaube, ich wäre sonst wahnsinnig geworden.«
    »Genau das ist der Grund, weshalb ich es erwähnte«, versicherte er ihr.
    Immer noch klang seine Stimme sanft und beruhigend. Sie fühlte sich viel besser, trotz des furchtbaren Schocks, den sie erlitten hatte, und trotz der rein intellektuell bedingten Erkenntnis, daß dieser Teufel Worte und Stimme und menschliche Gefühle mit der gleichen unbeteiligten Kälte benutzte, wie Pan seine Flöte blies und nach Belieben seine Finger darüber wandern ließ.
    Die ruhige, tiefe Stimme fuhr fort:
    »Verstehen Sie, Sie sind jetzt ein wertvolles Mitglied unserer Gruppe im zwanzigsten Jahrhundert mit einem selbstsüchtigen Interesse am Erfolg unserer Mission. Sie sind voll vertraut mit dem System von Belohnung und Bestrafung für gute oder schlechte Dienste. Sie werden zu essen haben, ein Dach über Ihrem Kopf, genügend Geld – und ewige Jugend!« Er lächelte.
    »Na, was ist, schauen Sie doch noch einmal in den Spiegel! Sehen Sie sich Ihr Gesicht an – prägen Sie es sich ein – und freuen Sie sich über ihr Glück! Bedauern Sie die anderen, die es weniger gut haben, auf die nur das Alter und der Tod warten! Schauen Sie sich richtig an, habe ich gesagt!«
    Es war ihr, als betrachtete sie eine ansprechende Fotografie aus vergangenen Jahren, nur daß sie damals in Wirklichkeit hübscher gewesen war, mit sanfteren, mädchenhafteren Zügen, nicht so scharf ausgeprägten. Sie war wieder zwanzig, aber doch anders, schmaler und erwachsener. Sie hörte seine Stimme gleichmütig weiterreden, ein fernes Hintergrundgeräusch zu ihren eigenen Gedanken, die sich mit ihrem Bild im Spiegel beschäftigten.
    »Wie Sie sehen«, sagte Dr. Lell, »sind Sie nicht wirklich mehr der Mensch, der Sie mit zwanzig waren. Das kommt daher, daß wir nur die Zeitspannungen manipulieren konnten, die Ihren dreißigjährigen Körper nach den starren mathematischen Gesetzen beeinflußten, denen die hier gegebenen Energien und Kräfte unterliegen. Wir konnten den Schaden der letzten zehn, wohl ein wenig starren und introvertierten Jahre ihres Lebens nicht rückgängig machen, da Sie sie eben bereits gelebt haben, und das kann nichts, absolut nichts ändern.«
    Es wurde ihr dumpf bewußt, daß er nur so viel redete, um ihr Zeit zu geben, sich von dem tödlichsten Schock zu erholen, der je ein menschliches Gehirn erschüttert hatte. Und zum erstenmal dachte sie jetzt nicht an sich, sondern an all das Unglaubliche, das durch alles, was geschehen und durch jedes Wort angedeutet worden war.
    »Wer – sind – Sie?«
    Er schwieg. Der Wagen schlängelte sich aus dem ohrenbetäubenden Verkehr. Sie beobachtete ihn jetzt, sein hageres, fremdartiges, dunkles, feingeschnittenes, teuflisches Gesicht mit den glitzernden, jetzt fast schwarz wirkenden Augen.
    Momentan verspürte sie keine Abscheu, sondern eine zunehmende Faszination über die Art, wie sein kräftiges Kinn sich unwillkürlich vorschob, als er mit kalter, stolzer Stimme sagte:
    »Wir sind die Beherrscher der Zeit. Wir leben an ihren fernsten Gestaden, und alle Zeitalter unterstehen uns. Worte können die Größe unseres Reiches nicht beschreiben, noch die Sinnlosigkeit, sich gegen uns stellen zu wollen.«
    Er hielt inne. Ein wenig des fanatischen Feuers schwand aus seinen dunklen Augen. Seine Stirn runzelte sich, sein Kinn sank herab, seine Lippen preßten sich zu einem schmalen Strich zusammen und trennten sich ruckartig, als er drohend rief:
    »Ich hoffe, daß alle eventuellen Ideen, die Sie sich vielleicht für eine weitere Opposition durch den Kopf haben gehen lassen, der Logik der Tatsachen weichen werden. Jetzt dürfte Ihnen
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