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Beherrscher der Zeit

Beherrscher der Zeit

Titel: Beherrscher der Zeit
Autoren: A. E. van Vogt
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nicht ohne Einfluß auf Ihr Äußeres blieb.« Die Worte ließen die plötzlich erstarrten Muskeln ihres ganzen Körpers zittern. Mit bewundernswerter Willensanstrengung zwang sie sich, sich zu entspannen.
    »Das habe ich verdient«, murmelte sie. »Beleidigungen sind ein wirkungsvolles Mittel gegen Hysterie. Und jetzt?«
    »Nun, sind Sie für die gute Sache der Kalonier?«
    »Na also, da fangen Sie schon wieder damit an!« beschwerte sie sich. »Aber ja, ich bin dafür. Sie wissen doch, gleich und gleich gesellt sich gern.«
    »Und wie gut ich das weiß! Sie hätten Ihre Worte nicht besser wählen können, genau das nämlich ist der Grund, weshalb ich heute abend hier bin und eine junge Frau anheure, die in Schwierigkeiten ist. Auch Kalonien befindet sich in Schwierigkeiten und ...« Er hielt inne. In der Dunkelheit hob er vielsagend die Hände, die sie nur als Schatten sehen konnte.
    »Sie müssen verstehen, wir brauchen wirkungsvolle Publicity für unsere Rekrutierungsbüros.«
    Norma nickte. Es schien ihr, als verstände sie wirklich, und mit einemmal hatte sie Angst, auch nur ein Wort zu sagen. Ihre Hand zitterte, als sie den Schlüssel nahm, den er ihr entgegenstreckte.
    »Dieser Schlüssel«, erklärte er, »ist für die Vordertür zum Rekrutierungsbüro. Er paßt auch für die Wohnungstür des Apartments im Obergeschoß. Es steht Ihnen zur Verfügung, solange Sie für uns arbeiten. Sie können schon heute nacht dort schlafen, wenn Sie wollen, aber auch bis zum Morgen warten, wenn Sie mir nicht trauen.«
    Er blickte sie scharf an.
    »Doch jetzt muß ich Sie noch warnen.«
    »Warnen?«
    »Ja. Was wir hier machen, ist illegal. Im Grund genommen darf nur die amerikanische Regierung Bürger anwerben und Rekrutierungsbüros betreiben. Für uns hier zu arbeiten ist überhaupt nur möglich, weil man mit uns sympathisiert und uns deshalb duldet. Aber zu jedem Augenblick könnte uns jemand anzeigen, dann müßte die Polizei einschreiten.«
    Norma nickte heftig.
    »Selbst das wäre nicht schlimm«, meinte sie. »Kein Gericht würde ...«
    »Die Adresse ist Carlton Street 322«, unterbrach der Fremde sie nicht unhöflich. »Und zu Ihrer Information, ich bin Dr. Lell.«
    Norma hatte das nagende Gefühl, daß sie zu sehr gedrängt wurde, um noch ausreichend Vorsicht walten lassen zu können. Sie zögerte. Ihre Gedanken weilten bei der Adresse.
    »Ist das in der Nähe von Bessemer?«
    Jetzt war er es, der sichtlich zögerte. »Ich fürchte«, gestand er, »ich kenne diese Stadt nicht sehr gut, zumindest nicht im zwanzigsten Jahrhundert ... Das heißt«, fuhr er schnell fort, »ich war schon lange nicht mehr hier.«
    Norma wunderte sich vage, weshalb er sich überhaupt die Mühe machte, sich quasi zu entschuldigen. Mit einer Stimme, die fast ein wenig anklagend klang, sagte sie:
    »Sie sind aber kein Kalonier. Ihr Akzent – Sie könnten Franzose sein.«
    »Sie sind auch keine Kalonierin!« parierte er und stand abrupt auf.
    Sie blickte ihm nach, als er fern der Neonlampen in die Nacht hinausschritt – eine hagere, von Düsternis umrahmte Gestalt, die fast von einem Augenblick zum anderen verschwunden war.
     

 
2.
     
    Abrupt blieb sie in der nächtlichen, verlassenen Straße stehen. Das Geräusch, so leise es auch war, hatte sie aus ihren Gedanken aufgerüttelt. Es war wie ein Flüstern, das sich in ihr Gehirn drängte – und es kam offenbar von einer Maschine irgendwo nicht allzu weit entfernt, die unvorstellbar sanft und einschmeichelnd summte.
    Einen Augenblick versuchte sie, sich auf die vagen Vibrationen zu konzentrieren, doch dann, irgendwie, schienen sie wie ein Produkt ihrer Einbildung zu verlöschen.
    Plötzlich herrschte wieder die völlige Stille dieser nächtlichen Straße um sie.
    Sie war nur schwach beleuchtet, diese Straße, und die Häuserwände warfen Schatten über das Pflaster. Ein beunruhigender Zweifel erfüllte sie plötzlich, ein Zweifel mit einer Spur von Angst verbunden. Sie strengte ihre Augen an und studierte die Hausnummern in den Türschatten.
    Ah, hier war 322. Kein Licht brannte. Sie blinzelte und las die verschiedenen, großlettrig beschrifteten Poster im Schaufenster:
     
    KÄMPFEN AUCH SIE FÜR DIE TAPFEREN KALONIER! DIE KALONIER KÄMPFEN UM DIE FREIHEIT – DAS IST AUCH IHR KAMPF!
    ES WÜRDE HELFEN, WENN SIE IHRE ÜBERFAHRT SELBST BEZAHLEN KÖNNTEN – WENN NICHT, KOMMEN WIR FÜR DIE KOSTEN AUF!
     
    Es gab auch noch weitere Slogans, aber im Grunde unterschieden sie sich kaum
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