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Beherrscher der Zeit

Beherrscher der Zeit

Titel: Beherrscher der Zeit
Autoren: A. E. van Vogt
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noch gefährlicheren Widerstand bieten als die Wand in ihrem Zimmer.
    Als sie zaudernd und unsicher, weil sie nicht wußte, was sie tun sollte, stehenblieb, wurde die Verkehrsampel rot, und ein Auto hielt direkt neben ihr an.
    Es war das einfachste überhaupt, darauf zuzulaufen, die Tür aufzureißen und hineinzuspringen, gerade, als der Wagen wieder anfuhr. Ein kleiner Mann, den sie im düsteren Wageninnern kaum sehen konnte, kauerte hinter dem Lenkrad.
    Als wäre es nichts Ungewöhnliches, sagte sie zu ihm:
    »Diese – diese Ungeheuer verfolgen mich!«
    Ein Haufen der tierischen Gestalten watschelte zur Straßenecke, und die Ampel spiegelte die gedrungenen, affenähnlichen Kreaturen wider.
    Der Fahrer schrie schrill vor Angst auf. »Großer Gott!« wimmerte er, und dann schoß der Wagen auch schon davon.
    Als er den ersten Schrecken überwunden hatte, warf der Mann ihr einen verstörten Blick zu.
    »Steigen Sie aus!« keuchte er. »Schnell, steigen Sie aus! Ich kann es mir nicht leisten – in so etwas verwickelt zu werden! Ich habe eine Familie – eine Frau – Kinder –, die zu Hause auf mich warten. Los, verschwinden Sie!«
    Er schob sie mit einer Hand, als könne er sie durch die geschlossene Tür stoßen. Und da ihr Gehirn im Augenblick völlig nachgiebig war und sie nur an Flucht denken konnte, wehrte sie sich nicht.
    Ein beleuchtetes Schild, etwa einen Block entfernt, lenkte ihre Aufmerksamkeit auf sich, und seine Bedeutung fügte sich in ihre Nachgiebigkeit gegenüber dem Wunsch des kleinen Mannes.
    »Sehen Sie den Taxistand da?« fragte sie. »Lassen Sie mich dort hinaus.«
    Bis sie aus dem Wagen stieg, zeichneten sich glitzernde Tentakel in der Luft über der düsteren Straße hinter ihr ab. Mit ihrem Geist schlug sie auf sie ein. Aber sie wichen nur ein wenig zurück, wie Schlangen, die sich wieder zusammenrollen, um erneut zuzustoßen. Ihre mentale Abwehr hatte sie offenbar nicht beschädigt, und sie wappneten sich nun gegen ihre Kraft.
    Im Taxi wurde ihr erst erstaunt bewußt, daß sie sich von dem Fahrer des Privatwagens hatte unterkriegen lassen. Dieses jämmerliche Männchen! dachte sie. Wieso hatte sie den Feigling nicht ihrem Willen unterworfen?
    Willen! Sie mußte ihren Willen benutzen! Kein Tentakel, dachte sie konzentriert, kann näher als – als ... Sie mußte vernünftig überlegen. Wie weit hatten sie sich von ihrer Kraft zurückgezogen? Einen Kilometer? Ja, ungefähr. Also formte sie erneut den Gedanken: Kein Tentakel darf näher als einen Kilometer an diesen Wagen herankommen!
    Sie schaute zur Rückscheibe hinaus. Ihre Augen weiteten sich vor Schrecken, als sie sah, daß die Tentakel höchstens noch hundert Meter entfernt waren und schnell näher kamen.
    Was habe ich falsch gemacht? fragte sie sich. Angsterfüllt wartete sie auf das vernichtende Feuer der Energien dritten Grades. Als es nicht kam, dachte sie: Dieser Wagen muß schneller fahren können!
    Einige Autos befanden sich vor dem Taxi, mehrere fuhren in Gegenrichtung, aber der Verkehr im großen ganzen war nicht groß. Die Straßen hier schienen breit genug, daß das Taxi selbst mit ungeheuerlicher Geschwindigkeit dahinbrausen konnte, ohne sich selbst oder andere Wagen zu gefährden – wenn sie den Mut dazu hatte, wenn sie die Kontrolle darüber nicht verlor, und wenn ihre Macht überhaupt funktionierte!
    Überholen! befahl sie. Rechts abbiegen, und geradeaus ...
    Sie hörte die Schreie des Fahrers, aber eine Zeitlang ermutigte gerade seine Angst sie zu noch größerer Geschwindigkeit. Ihre Zuversicht schwand jedoch bald, als sie bemerkte, daß die glitzernden Tentakel auch weiter hinter ihr hereilten, manchmal näher, manchmal in größerem Abstand, aber unaufhaltbar in ihrer gnadenlosen Verfolgung. Kein Gedanke, kein Abbiegemanöver des Wagens konnte sie abschütteln.
    Aber weshalb griffen sie nicht an? Es gab keine Antwort darauf, während die Flucht sich durch die lange Nacht dahinzog. Minute um lange Minute.
    Schließlich begann sie Mitleid mit ihrem dem Wahnsinn nahen Fahrer zu empfinden, der halbzusammengesackt hinter dem Lenkrad kauerte, und den nur der einzige Gedanke – sie konnte es in seinem Gehirn lesen – bei Bewußtsein hielt, ohne ihm den Verstand ganz zu rauben, daß das Taxi sein Lebensunterhalt war, daß er es schützen mußte, daß alles andere sonst gleichgültig war, selbst der Tod.
    Ich werde ihn freigeben, dachte sie. Es war schließlich Grausamkeit, ihn in das Geschick miteinzubeziehen, das sich in
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