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Befreiung vom Überfluss: Auf dem Weg in die Postwachstumsökonomie (German Edition)

Befreiung vom Überfluss: Auf dem Weg in die Postwachstumsökonomie (German Edition)

Titel: Befreiung vom Überfluss: Auf dem Weg in die Postwachstumsökonomie (German Edition)
Autoren: Niko Paech
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bewältigende Reizüberflutung, die uns über alle Kommunikationskanäle ereilt, ließe sich in einer einfacheren und überschaubareren Welt mildern. Dies erlaubt konzentrierten Genuss anstelle fader Oberflächlichkeit.
– Moderne Subsistenz verschafft Erfolgserlebnisse und erfahrbare Selbstwirksamkeit, insbesondere durch Eigenproduktion, die Reparatur eines Gegenstandes oder Kunstobjekte. Vollendete Ergebnisse eigenen Schaffens, die auch als solche sinnlich wahrnehmbar sind, unterscheiden sich positiv von der Flüchtigkeit abstrakter Leistungen in der arbeitsteiligen Sphäre.
– Weniger kaufen, dafür mehr mit anderen gemeinsam organisieren, tauschen, nutzen oder produzieren bedeutet, das Ökonomische wieder in das Soziale einzubetten. Verlässlichkeit und stabiler sozialer Zusammenhalt können an die Stelle von Vereinzelung treten. Wenn einfache und manuelle Verrichtungen wieder ihren Stellenwert haben, gelingt es, jene zu integrieren, die andernfalls mangels Geld, Bildung oder kommunikativer Fähigkeiten ausgegrenzt werden. Dies verleiht denjenigen Personen mehr Würde, deren Beiträge im spezialisierten Leistungswettbewerb nicht mehr gefragt sind.
– Krasse Ausprägungen von sozialer Ungleichheit sind eine logische Konsequenz des Fremdversorgungsmodells. Denn grenzenlos vermehrbar sind nur geldwerte Leistungen, entsprechend grenzenlos können Einkommens- und Vermögensunterschiede anwachsen. Ein hoher Anteil des Wohlstandes, der nicht mehr auf Geld, sondern auf eigenhändiger Schaffenskraft beruht, nivelliert materielle Ausstattungsunterschiede. Und wir wissen längst: Verteilungsungerechtigkeit ist jedem Glück abträglich.

    Aber das momentan hoch gehandelte Glück als letzte Instanz oder Zielgröße allen Wirtschaftens lässt eine entscheidende Frage offen, nämlich die nach Verantwortung. Ist auf eine alleinige Rechtfertigung anhand menschlichen Glücks – Dinge oder Gesellschaften als Ganzes können wohl kaum wie Glück empfindende Subjekte behandelt wer den – wirklich Verlass? Oder besteht nach dieser Maßgabe nicht die Gefahr, dass sich über die Hintertür wieder ein Glücksstreben einschleicht, das alle Mittel heiligt, womit wir zum Ausgangsproblem zurückgekehrt wären?
    Es könnte hilfreich sein, die Kategorie eines aufgeklärten Glücks einzuführen. Dieses wäre untrennbar mit dem Bewusstsein verbunden, Glück stiftende Lebenskunst innerhalb eines verantwortbaren, also nicht entgrenzten Handlungsrahmens zu praktizieren. Wer nicht über seine ökologischen Verhältnisse lebt, sondern ein kerosin- oder plünderungsfreies Glück genießt, muss nicht ständig neue Ausreden erfinden. Wie viel Selbstbetrug ist nötig, um mit Dingen glücklich zu werden, von denen ich wissen kann, dass ich sie – gemessen an meinem Bewusstsein für globales Wohlergehen – nie verantworten könnte? Ist Glück, das nicht ehrlich ist, weil es das Aushalten oder Verdrängen von Widersprüchen abverlangt, nicht letztlich ein Unding? Demnach würde aufgeklärtes Glück voraussetzen, nicht nur zu genießen, sondern dabei mit sich selbst im Reinen zu sein. Dafür böte die Postwachstumsökonomie neben ihren sonstigen Potenzialen eine ideale Grundlage. Also worauf warten wir noch?

Die Postwachstumsökonomie
im Überblick (Grafik)



Zitierte und
weiterführende Literatur

Binswanger, Hans Christoph: Vorwärts zur Mäßigung. Perspektiven einer nachhaltigen Wirtschaft. Hamburg 2009.
Dahm, Daniel & Gerhard Scherhorn: Urbane Subsistenz. Die zweite Quelle des Wohlstands. München 2008.
Daly, Herman E.: Wirtschaft jenseits von Wachstum. Die Volkswirtschaftslehre nachhaltiger Entwicklung. Salzburg/München 1999.
Diefenbacher, Hans & Roland Zieschank: Woran sich Wohlstand wirklich messen lässt. Alternativen zum Bruttoinlandsprodukt. München 2011. Ehrenberg, Alain: Das erschöpfte Selbst. Frankfurt am Main 2004. Georgescu-Roegen, Nicolas: The Entropy Law and the Economic Process. Cambrigde/London 1971.
Gronemeyer, Marianne: Die Macht der Bedürfnisse. Überfluss und Knappheit. Darmstadt 2002 [1988].
Heinberg, Richard: Peak Everything: Waking Up to the Century of Declines. Gabriola Island 2007.
Hopkins, Rob: The Transition Handbook: From Oil Dependency to Local Resilience. Totnes, Devon 2008.
Illich, Ivan: Selbstbegrenzung. Eine politische Kritik der Technik. München 1986 u.ö. [1973].
Jackson, Tim: Wohlstand ohne Wachstum. Leben und Wirtschaften in einer endlichen Welt. München 2011.
Kohr, Leopold: Das Ende der Großen. Zurück
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