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Beerensommer

Beerensommer

Titel: Beerensommer
Autoren: Inge Barth-Grözinger
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setzt sich auf die Bettkante und nimmt Friedrichs Hand fest zwischen seine Hände. »Rede nicht, es strengt dich an. Ich bin hier und bleibe, so lange du willst.«
    Friedrichs Lippen öffnen sich, er versucht Worte zu formen und schließlich dringt es wie ein Hauch an Johannes’ Ohr: »Verzeih ... alles falsch gemacht ...«
    Johannes nickt. »Wir haben beide viel falsch gemacht, Friedrich. Die Schuld liegt genauso auf meiner Seite. Wir wollten das Richtige tun, aber ...« Er verstummt. Was gibt es noch zu sagen? Leise fügt er hinzu: »Ich passe gut auf Marie auf, das verspreche ich dir.«
    Friedrichs Augen ruhen unverwandt auf ihm, diese schönen Augen, die jetzt fiebrig glänzen. Es kommt Johannes so vor, als ob der Tod schon über seine Gesichtszüge streicht, die gelblich wächsern zu erstarren scheinen, nur die Augen sind noch lebendig.
    Er zieht die Decke fester um die schmal gewordene Gestalt und denkt plötzlich daran, wie er in einer kalten Septembernacht eine alte Decke über Friedrich Weckerlins Schultern gelegt hatte, um ihn zu wärmen. Das war der Anfang, denkt er, und jetzt kommt das Ende. Wie viel Zeit haben wir vertan! Und jetzt ist es zu spät. Die Hand in seinen Händen wird ruhiger, zuckt nicht mehr und so verharren sie, wortlos, Stunde um Stunde.
    Über dem Eiberg wirft die Sonne ihre ersten Strahlen hinunter, durch die Fenster der Villa. Plötzlich ist das Schlafzimmer in gleißendes Licht getaucht. »Es ist vorbei«, sagte Johannes zu Gretl, die auf einem Stuhl vor dem Schlafzimmer sitzt. Er nimmt sie fest in den Arm. Sie hat Friedrich so sehr geliebt.
    »Gretl«, flüstert er. »Versprich mir eines: Wenn ihr ihn ankleidet, dann ziehst du ihm Schuhe an. Hörst du, Gretl, die besten Schuhe, die er hat. Legt ihn nicht ohne Schuhe in den Sarg!« Sie nickt stumm.
    Johannes tritt hinaus in den hellen Sommermorgen. Er kann jetzt nicht nach Hause gehen, er muss allein sein. Ohne genau zu wissen, was er tut, schlägt er den Weg zum Katzenbuckel ein. Er geht langsam, das Herz schmerzt ihn so sehr. Noch muss er ausharren, das Kind braucht ihn. Aber ein wesentlicher Teil seines Lebens ist zu Ende gegangen. Der Rest ist geduldiges Warten. Er wird jetzt mehr und mehr zum Zuschauer in diesem Spiel, das man Leben nennt. Aber etwas bleibt ihm noch, er fasst in die Tasche und seine Hände umklammern das schmale Büchlein, das ihn schon so lange begleitet. Ja, etwas bleibt noch, die leise Freude an dem, was unzerstörbar alles zu überdauern scheint:
     
    »Fröhlich schweifende Morgenstrahlen funkelten über den Garten weg auf meine Brust. Da richtete ich mich in meinem Baume auf und sah seit langer Zeit zum ersten Male wieder einmal so recht weit in das Land hinaus, wie da schon einzelne Schiffe auf der Donau zwischen den Weinbergen herabfuhren und die noch leeren Landstraßen wie Brücken über das schimmernde Land sich fern über die Berge und Täler hinausschwangen. Ich weiß nicht, wie es kam – aber mich packte da auf einmal wieder meine ehemalige Reiselust: alle die alte Wehmut und Freude und große Erwartung.«

Nachwort
     
    Orte mit dem Namen Grunbach sind mehrfach auf der Landkarte zu finden, das Grunbach des Romans aber verdankt seine Existenz ausschließlich der Fantasie der Autorin (wie alle im Roman vorkommenden Personen, mit Ausnahme der historischen Persönlichkeiten). Allerdings hat dieses fiktive Grunbach ein Vorbild, und einige Ereignisse, wie sie wohl typisch für ein Schwarzwalddorf in den Zeitläuften waren, flossen neben historischen Begebenheiten in die Darstellung ein.
    In diesem Zusammenhang gilt mein erster und sehr herzlicher Dank Herrn Fritz Barth aus Bad Wildbad (Calmbach) der in drei im Eigenverlag herausgegebenen Publikationen das dörfliche Leben seines Heimatortes Calmbach akribisch und anschaulich festgehalten hat.
    Ebenfalls ein herzliches Dankeschön an Herrn Andreas Hunke aus Ellwangen, der mir die Arbeitsweise eines Goldschmieds erläutert hat, und an Gertrud und Frank Seyfried aus Bad Wildbad, denen ich viele Informationen über die Arbeitsabläufe in einem Sägewerk verdanke.
    Wichtig und hilfreich war bei der Arbeit an diesem Buch wiederum die vertrauensvolle und konstruktive Zusammenarbeit mit Stefan Wendel und Kristin Weigand vom Thienemann Verlag. Ihnen gilt mein besonderer Dank, wie auch meinem Verleger Klaus Willberg, dessen Bestätigung und Ermutigung vor allem in der Anfangsphase des Schreibens sehr wichtig waren.
    Viele Erinnerungen sind in diesen Roman
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