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Beefy ist an allem schuld

Beefy ist an allem schuld

Titel: Beefy ist an allem schuld
Autoren: Eric Malpass
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einen Blick auf das Gemeindeviertel von St. Judas dem Finsteren werfen.
    In Danby gibt es zwanzig Kirchengemeinden, einige sind orthodox-anglikanisch, andere pietistisch-protestantisch. Nur St. Judas ist weder das eine noch das andere.
    Die Gemeinde von St. Judas ist genauso reizlos wie die übrige Stadt. In ihrem Bereich leben fünfzehntausend Einwohner; es gibt hier zwei Kinos, das Majestic und das Gloria , fünf Fischbratküchen (Täglich frische Fische!) und eine beachtliche Anzahl von Kneipen.
    Auch ein staubiger Park fehlt nicht. Um seinen schmiedeeisernen, grün angestrichenen Musikpavillon versammeln sich an Sommer-Sonntagabenden adrett gekleidete Bürger, um hier beliebten Opernmelodien zu lauschen, die verschwitzte Männer in viel zu dicken Uniformen erklingen lassen.
    Die geistige Spannweite der Gemeinde reicht von Hochwürden John Adams, Magister Artium, bis zur alten Lizzie Tubb, die in der Überzeugung lebt, die Erde sei flach und die Sterne am Himmel seien auf einen Vorhang gemalt; von der kleinen Miss Titterton, die so drollige Stücke für den Theaterverein schreibt, bis zum alten Lord Wapentake, der nicht gerade eine große Leuchte ist; von Heck, der gerissener ist als eine ganze Wagenladung Füchse, bis zu unserem Freund Beefy.
    Die Kirche ist ein wahres Schauergebilde aus gelben Ziegelsteinen. Ihr Inneres ist öde, kalt und kahl. Beim Abendgottesdienst, wenn das Licht brennt und die Kerzen auf dem Altar in der Zugluft flackern, zucken unheimliche Schatten über die Decke, und bei der Früh-Kommunion, an nebligen Morgen, ist die Kirche so freudlos wie eine Gruft.
    So also sieht es aus in der eintönigen, häßlichen Gemeinde des heiligen Judas des Finsteren. Doch auch hier findet man Schönheit, man muß sie nur suchen. Alte Ziegel glänzen im warmen Sonnenlicht, eine Mutter betrachtet ihr schlafendes Kind - und manchmal läßt es der Himmel auch schneien und verhüllt für einige Tage die ganze Häßlichkeit mit glitzerndem Zuckerguß. Hier gibt es keine wolkenumwehten Türme, keine Berge, die am Horizont emporragen, aber zuweilen Wolken, die sich wie Gebirge ausnehmen. Und wenn du von Danby genug hast, erhebe deine Augen, denn auch über Danby wölbt sich ein englischer Himmel.
    Beefy aber sah nicht zu ihm auf, als er durch die abendlichen Straßen ging, in denen die Laternen wie Sterne aufleuchteten. Er hielt den Blick I gesenkt. Heck war sicher böse, daß er sich davongemacht hatte. Und diese Schmerzen! Sie hörten und hörten nicht auf, es war so, als versuchte jemand, ihm den Kiefer aufzumeißeln.
    Nun hatte er die Hauptstraße hinter sich gelassen und ging durch armselige Gassen, wo sich rote Ziegelhäuser aneinanderreihten und  Kinder spielten, die längst ins Bett gehörten. Er gelangte zu der Kreuzung, auf der Lord Nelson auf seinem Sockel stand und sehnsüchtig zur Fischbratküche und zum Bierausschank hinüberschaute. Und hinter dem Helden von Trafalgar hob sich vor dem klaren Abendhimmel die häßliche Silhouette des Gemeindehauses von St. Judas ab.
    Beefy ging auf die Tür zu, zog ein Bund Nachschlüssel heraus und schloß auf. Doch seine vorzeitige Heimkehr sollte ihm nicht die ersehnte Ruhe bringen, sondern ihm einen Plan entdecken, der darauf abzielte, nicht nur ihn, sondern auch verschiedene andere ehrenwerte Mitbürger um ihr pied-à-terre, ihren kleinen Zipfel Behaglichkeit in dieser rauhen Welt zu bringen.
     

2
     
    Der Kirchenvorstand von St. Judas tagte in wichtiger Angelegenheit.
    Den Vorsitz führte der Pfarrer John Adams, ein vierschrötiger junger Mann in Tweedjacke und grauen Flanellhosen. Sein blasses, sommersprossiges Gesicht über dem steifen Pastorenkragen zeigte den üblichen wohlwollenden Ausdruck, in den sich jetzt leichte Gereiztheit mischte.
    Er schien zu denken, wenn es sich doch hier bloß um Rugby handelte, dann würde ich schon mit meinen Problemen fertig werden. Ein kräftiger Tritt vors Schienbein, und der Gegner ginge zu Boden. Aber Schulden von fünfzehntausend Pfund konnte man so nicht beikommen. Ihm war, als spiele er Rugby gegen eine Geistermannschaft.
    Zur Rechten des Pfarrers thronte, kerzengerade und zugeknöpft, Mr. Edward Macmillan, Kirchenältester und Direktor der Filiale der Northern Counties Bank. Ein wahrer Eiszapfen, dachte John Adams, ein Mann, der jeden durchschaut, aber sich selbst nicht in die Karten blicken läßt.
    Zur Linken des Pfarrers hockte wie ein graues Mäuschen die kleine Miss Titterton, Sekretärin des Kirchen Vorstands,
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