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Bauernsalat

Bauernsalat

Titel: Bauernsalat
Autoren: Kathrin Heinrichs
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»Ihre ganze Rückkehr in dieses Dorf hatte keinen anderen Grund, als mit der Vergangenheit abzurechnen, habe ich nicht recht?«
    »Was verstehen Sie schon von der Vergangenheit?« Reinekes Stimme zeugte jetzt von einer immensen Bitterkeit »Sie haben keinen Krieg miterlebt Sie haben keine Ahnung, was Hunger bedeutet. Alle zwei Wochen bin ich als Junge mit dem Rad hierher gekommen und habe für das Notwendigste gesorgt. Wie den letzten Dreck hat man uns behandelt wie den letzten Dreck.« Reineke steigerte sich fast unkontrolliert in seine Wut hinein.
    »Ich habe mal eine kleine Schwester gehabt. Können Sie sich das vorstellen? Und diese kleine Schwester ist quasi verhungert Sie hatte eine Lungenentzündung und hat sich davon nie erholt Sie hätte Pflege gebraucht gute Medikamente und eine ausgewogene Ernährung. Aber die konnten wir ihr nicht geben. Wissen Sie, was das bedeutet? Wissen Sie, was es bedeutet, wenn die eigene Schwester einem in den Händen wegstirbt? Nein, das wissen Sie nicht. Und deshalb würde ich Ihnen nicht raten, sich anzumaßen, über mich zu urteilen.«
    »Über Sie zu urteilen, ist tatsächlich nicht unsere Aufgabe.« Ich versuchte möglichst sachlich zu klingen. »Wir werden jetzt gehen und diesen Ordner Hauptkommissar Steinschulte übergeben. Es obliegt ihm, diese Sache weiterzuverfolgen.«
    »Sie glauben doch nicht im Ernst, daß ich Ihnen seelenruhig dieses Material mit auf den Weg gebe?« Reineke kam mit der Luftpumpe in der Hand einen Schritt näher. »Darüber hinaus gibt es keinerlei Handhabe gegen mich. Oder fällt Ihnen irgend etwas ein, das eine Anklage gegen mich rechtfertigt?« Reinekes Augen blitzten listig.
    »Haben Sie eigentlich auch die Schrift an der Scheune angebracht?« Alexa hielt es wohl für ratsamer, das Thema zu wechseln. Nebenbei umklammerte sie weiter den Ordner mit den Unterlagen.
    Reineke grinste weiter. »In der Tat war ich zum Erntedankfest auf dem Hof. Es war mir nicht recht, daß der junge Bauer in Verdacht geraten war. Er ist ein netter Kerl, wie mir scheint. Ich wollte nicht, daß er für seinen Onkel in die Bresche springen muß.«
    »Das heißt, Sie haben die Bauernschweine geschrieben, um den Verdacht umzulenken, und sind dann seelenruhig zum Erntedankzug geradelt?« Ich war gespannt ob Reineke antworten würde, aber offensichtlich hatte er ein starkes Bedürfnis, die Dinge herauszulassen.
    »Ich hatte den Tag eigentlich mit Bedacht gewählt. Die Leute vom Männergesangverein hatten mir erzählt, daß der junge Schulte-Vielhaber ihren Trecker fahren würde. Daher schien mir der Termin ungemein günstig. Auf dem Hof würde kaum jemand anzutreffen sein und der Jungbauer hätte ein perfektes Alibi. Von einem früheren Besuch wußte ich, daß Farben auf einem Brett im vorderen Bereich der Scheune aufbewahrt wurden. Pinsel und Handschuhe brachte ich selber mit. Als ich in die Scheune kam, fiel mir plötzlich ein, daß hier der Schmuck gut versteckt sein könnte. Im Haus hatte die Polizei ja alles durchsucht, so dachte ich mir. Außerdem hätte es dem Bauern ähnlich gesehen, diese Schätze in seinem direkten Arbeitsumfeld zu verbergen. Leider bin ich jedoch nicht fündig geworden. Überhaupt kam ja dann alles ganz anders«, Reineke schabte betreten mit seinem Schuh auf dem Teppich herum. »Der junge Bauer hat am Erntezug nicht teilgenommen und stand damit wieder im Mittelpunkt der Verdächtigung.«
    »Dumm gelaufen!«, sagte Alexa sarkastisch. »Ziemlich abgebrüht haben Sie sich anschließend beim Erntedankzug sehen lassen, um noch ein halbes Alibi mitzunehmen.«
    »Da haben Sie recht. Für Ihren Freund Elmar tut es mir wirklich leid. Er wird auch weiterhin mit den Verdächtigungen leben müssen.«
    »Das glaube ich kaum«, meinte Alexa trotzig. »Auch ein Idiot wie Steinschulte wird die Ermittlungen jetzt auf Sie beschränken, Herr Reineke.«
    »Und mir nichts beweisen können.« Reineke grinste ein weiteres Mal selbstgefällig.
    »Das bleibt abzuwarten«, lenkte ich ab. »Aber mal im Ernst, warum haben Sie Schulte-Vielhaber umgebracht? Glaubten Sie etwa, Sie könnten Ihre Wertgegenstände auf diesem Wege zurückbekommen?«
    »Ich wollte meinen Schmuck wiederhaben«, Reinekes Stimme bekam jetzt etwas Wehleidiges in einer Mischung mit seltsamer Verrücktheit. »Ich wollte ihn zurückkaufen. Zu einem fairen Preis. Doch er wollte ihn nicht herausrücken. Er behauptete, er habe ihn rechtmäßig gekauft. Dabei ist das gelogen. So etwas ist nicht rechtmäßig.«
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