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Batmans Schoenheit

Batmans Schoenheit

Titel: Batmans Schoenheit
Autoren: Heinrich Steinfest
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als Trainer oder Kommentatoren oder Sportdirektoren hätten bewirken können. So gesehen, gab es nicht zu viel Fußball, sondern zu wenig . Und genau darum erwies sich die Welt, zumindest die Welt der Männer, als eine verkehrte.
    Nicht hingegen die Welt, in welcher Markus Cheng nun seit einigen Jahren lebte. Noch nie war es ihm so gut gegangen. Er hatte seinen Job als Detektiv aufgegeben, diese ganze elendigliche, schutzengelhafte Arbeit. Er war sich jetzt sein eigener Schutzengel. Vor drei Jahren hatte er Lenas Mutter, Ginette Rubinstein, geheiratet. Er sagte gerne zu ihr: »Ich verdiene dich gar nicht.« Einmal hatte sie darauf geantwortet: »Stimmt.« Und sodann ergänzt: »Wobei man das als einen Gottesbeweis ansehen könnte. Nämlich etwas zu bekommen, was man nicht verdient. Wäre es nämlich umgekehrt, wäre die Welt gerecht, dann wäre sie auch sinnlos.«
    In der Tat. Denn zumindest für die, welche ernsthaft an ein Jenseits glauben, würde sich ein gerechtes Diesseits als ziemlich unlogisch ausnehmen. Wenigstens ungesund. Wie man ja auch Kindern verbietet, sich kurz vor der offiziellen Mahlzeit mit Schokolade vollzustopfen und sich solcherart den Appetit zu verderben, wenn nicht gar den Magen. Nein, die Ungerechtigkeit in der Welt scheint System zu besitzen, und die Frage ist nur, ob man das auch begreift und nicht etwa meint, eine bestimmte Sache, ein bestimmtes Glück allen Ernstes zu verdienen, sich selbiges Glück aufgrund von Fleiß und Willenskraft erarbeitet zu haben. Wo doch keine Größe so beliebig ist wie die, die hinten beim Fleiß herauskommt. Der Fleiß ist vergleichbar einer Roulettkugel, die mal auf Schwarz, mal auf Rot fällt und dabei auf irgendeiner Zahl zu liegen kommt, ähnlich diesen Leuten, denen es völlig gleichgültig zu sein scheint, mit wem sie Verkehr haben oder was sie essen.
    Das alles erkannte Cheng. Und darum war seine Bemerkung, Ginette nicht zu verdienen, in keiner Weise kokett gemeint. Er verdiente sie wirklich nicht. Daß er sie dennoch hatte heiraten dürfen, mit ihr und ihrer Tochter zusammenlebte und zudem das Leben eines Müßiggängers führte, empfand er als ein Geschenk, welches durch nichts begründet war. Nicht einmal durch Faulheit, wie vielleicht ein fauler Mensch gerne hätte meinen können. Nein, bei seinem Lebensglück handelte es sich um pure Natur.
    Das Glück war einfach aus dem Boden gewachsen.
    Da nun Cheng das Bedürfnis verspürt hatte, die hinter ihm zurückliegenden Jahre, vor allem seine Tätigkeit als Detektiv, endgültig abzuschließen, hatte er bei seiner Heirat den Namen seiner Frau angenommen. Er hieß von da an also Rubinstein. Woraufhin einer seiner Wirtshausfreunde ihn sehr direkt gefragt hatte: »Bist du jetzt Jude?«
    Und tatsächlich ergab sich durch die Namensänderung eine weitere »Undeutlichkeit« in der Person dieses Mannes, der ja aufgrund seiner lupenrein chinesischen Abstammung und seines nicht minder lupenrein wienerischen Wesens eine gewisse Widersprüchlichkeit verkörperte: sein Gesicht, sein asiatisch zierlicher Körperbau auf der einen Seite, seine Geburt, seine Sprache, seine Ansichten, sein durchaus rassistisch zu nennender Widerwille gegen alles Chinesische auf der anderen Seite. Wobei Chengs fernöstliche Aura allein in der Betrachtung der anderen existierte. Er selbst erklärte, definitiv kein Chinese zu sein. Leider fanden nicht wenige von den alteingesessenen Hiesigen, daß Cheng auch kein Wiener sei, zumindest kein richtiger. Und natürlich galt auch trotz der Namensänderung, daß er kein Jude war.
    Doch so, wie er wegen seiner elterlichen Herkunft eben doch irgendwie, wenngleich uneingestanden, als ein Chinese gelten mußte, und er natürlich entgegen mancher Anschauung nicht minder einen Wiener darstellte, und zwar den leidenschaftlichsten, der sich denken läßt, so war er nun auch irgendwie ein Jude, weder uneingestanden noch überzeugt, eher … Man sollte noch erwähnen, daß Cheng nur einen Arm besaß. Beziehungsweise hatte er seinen linken verloren. Und vielleicht konnte man ja sagen, daß Chengs »Judentum« eine gewisse Ähnlichkeit mit jenem Arm besaß, der gar nicht da war.
    Da sich nun aber die wenigsten Leute damit anfreunden konnten, Cheng nicht mehr Cheng, sondern Rubinstein zu nennen, und weil dieser im Grunde sehr wohlriechende Name allein mit der wunderbaren Erscheinung der Ginette Rubinstein und ihrer fünfzehnjährigen, quasi aus der Schönheit der Mutter hervorgesprossenen Lena in Verbindung
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