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Bartstoppelkuesse

Bartstoppelkuesse

Titel: Bartstoppelkuesse
Autoren: Rena Larf
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sitzt im Dunkeln, hat Flügel und saugt Blut? Die neue Always Ultra...
    Im Studio angekommen fand ich eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter von Christian aus Rostock. Er fragte, ob ich auf meine Kosten kommen und mal wieder das Tanzbein schwingen wolle, weil er bis Samstag in der Stadt sei. Auf seine Kosten kommen, hatte so etwas mit Rechnungserstellung zu tun! Da ich weder Arzthelferin noch Oropaxträgerin war und mich mit meinem extrem lädierten Gesicht nicht ernsthaft auf die Piste wagen wollte, zog ich ein stilvolles Dinner in jedem Falle vor. Ich rief ihn an und teilte ihm meine Entscheidung mit.
    Christian wollte ei nkaufen gehen und abends gemeinsam mit mir kommen - oder war es kochen?
    Der Jingle war nicht so wirklich schlimm, weil ich etwas aus der Konserve nehmen konnte, was ich früher auf Abruf komponiert hatte. Ich tätigte ein paar kleine Änderungen und war das erste Mal wieder etwas stolz auf mich. Die Arbeit mit Musik machte mir Spaß und vertrieb die bitteren Neujahrsgedanken an Stefan. Aber der Slogan???
    Ich zermarterte mir mein Hirn und starrte auf die doofen Schokoladenkekse auf dem silbernen Tablett, die so ganz anders als alle anderen sein sollten, die es bisher gab. Waren sie aber nicht! Es fielen mir keine Schokoträume dazu ein. Egal von welcher Seite, sie sahen einfach trocken und beschissen aus. Sie hatten bestimmt genauso viele versteckte Allergene in sich, wie die Konkurrenz am Markt. Ich musste an die Roboterarme denken, die im Akkord hygienisch einwandfrei dafür sorgten, dass die Teile in der Verpackung landeten. Das war alles irgendwie so nüchtern. Außerdem hatte ich werbetechnisch so viel mit Umverpackungen zu tun, dass ich fast sagen wollte: lasst den Sondermüll weg!
    Gelegentlich bestimmte der Speed mein Leben, dann gab es wieder Zeiten , in denen ich mich einfach versuchte, in die Stille hinein zu begeben, ein Teil von ihr zu sein.
    Das ging heute nun irgendwie gar nicht. Ich war die ruhelose Suche nach dem Keks-Zenit auch leid. Als Vertreterin der Chaostherapie empfahl ich Gruppenrabatte und schanzte per Telefo nanruf einem arbeitslosen Kollegen den Deal für den Slogan zu und machte Fifty-Fifty mit ihm. Dann sagte ich Christian ab. Ich konnte nicht mit ihm schlafen.
    Immer wieder musste ich an Stefans Worte denken.
    Gedankenverloren saß ich in meinem Arbeitszimmer und zupfte an der langsam schlaffer werdenden Haut unter meinem Kinn. Der Rotwein in meinem Glas war fahl und schmeckte mir nicht. Das war ein schlechtes Zeichen!
    Ich ging in die Küche und schüttete ihn in den Ausguss. Dabei fand ich den Zettel mit Stefans Handynummer. Eine volle Stunde lang überlegte ich, ob ich den Schritt machen und ihn anrufen sollte. Als ich mir endlich ein Herz gefasst hatte und den Text, den ich ihm sagen wollte, auswendig wusste, war nur die Mailbox dran. Ich hasste diese Dinger! Genauso wie ich ein leeres Postfach hasste, wenn man auf eine E-Mail wartete oder wie ich nicht völlig enthaarte Chickenwings verabscheute. Aber ich riss mich zusammen und fragte ihn, ob er mit mir abends essen gehen wollte, wenn er noch in Hamburg sei. Komisch war, dass Stefan zwei Minuten später zurückrief und sich einverstanden erklärte.
     
    Das erste Mal seit fünf Jahren stand ich nach dem Bad wieder länger vor meinem Kleiderschrank als Jennifer Lopez. Ich wollte einen guten Eindruck bei Stefan machen, ohne gleich zu übertreiben. Aber das war ein schweres Unterfangen. Alles was ich bislang mit ihm nach seiner Rückkehr erlebt hatte, ging gründlich in die Hose. Diese Art von ihm frustrierte mich enorm. So entschied ich mich für Jeans und einen kratzigen Rollkragenpullover, damit ich mich gar nicht erst wohl fühlte sondern hellwach und bei vollem Verstand. Ich konnte mir ihm gegenüber keine Schwäche in der Kopfarbeit erlauben und stellte mich auf einen angespannten Abend ein.
     
    Ich warf mich in meinen Designer-Ledermantel und fuhr mit dem Taxi hin. Erstens, weil es dort um diese Zeit kaum Parkplätze gab und zweitens wollte ich erst gar nicht in die Versuchung kommen, Stefan ins Hotel fahren zu müssen.
    Wir trafen uns im „La Casita“ am Eppendorfer Weg.
    Als ich die paar Stufen zum italienischen Restaurant hinunter ging und um die Ecke bog, sah ich ihn an einem der Tische bei Kerzenschein sitzen. Es war gemütlich hier! Kleine Italo-Fähnchen hingen an der tiefen Decke und Eros Ramazotti klang mit südländischem Flair aus dem Lautsprecher.
    „Du kommst zu spät.“ Stefan lachte
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