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Barins Dreieck

Barins Dreieck

Titel: Barins Dreieck
Autoren: Hakan Nesser
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schreiben.
     
    Mein Plan ist einfach. Es besteht kein Zweifel, dass er klappen wird. Ich fühle nicht mehr diese Unruhe und dieses unangenehme Gefühl, das mich bei meiner ersten Rückkehr überfiel. Die letzten Tage draußen in Miijskens haben mir sehr gut getan. Ich weiß jetzt, dass es richtig war, sie mir zu gönnen.
    Ich bin ein wenig in der Gegend herumgewandert. Bin Tierspuren gefolgt, habe Rehe gesehen, Füchse und Elche, war jeden Tag wohl fünf, sechs Stunden draußen ... der Wald ist eine Kathedrale, wie Friijs immer sagt, jetzt verstehe ich ihn. Zweimal war ich auch unten in der Stadt, das letzte Mal gestern. Habe dort die Kirche aufgesucht. Auf einer der hintersten Bänke saß ich eine ganze Weile vollkommen allein mit gefalteten Händen, vielleicht wartete ich darauf, etwas zu erfahren, aber dem war nicht so. Dann spendete ich fünfzig Gulden für Instandsetzungsarbeiten.
    Ich bin mit dem Elf-Uhr-Bus hergefahren, um reichlich Zeit zu haben. Ich habe alle Details kontrolliert, sie sogar noch ein paar Mal durchgespielt, die ganze Szene, natürlich ohne den Schuss selbst.
    Möglichst einfach sollte es sein, das war mein Leitziel. Von einer Position oben am Klosterplan, die ich zehn Minuten, bevor es soweit ist, einnehmen werde, halte ich Ausschau über die Langgracht. Wenn das Auto auftaucht, wechsle ich in die Böttchergasse. Nehme meinen Posten in dem dunklen Portal in der Mauer ein, hole die Waffe heraus, lade und entsichere sie ... in dem ovalen Verkehrsspiegel auf der gegenüberliegenden Seite sehe ich ihn die Gasse heraufkommen. Ich lasse ihn passieren. Das Portal ist tief und geräumig, das Risiko, entdeckt zu werden, ist gering. Sobald er vorbei ist, springe ich hinaus und schieße. Möglicherweise werde ich erst meinen Namen rufen, aber bezüglich dieses Details habe ich mich noch nicht entschieden, vielleicht entscheide ich mich erst, wenn ich dort stehe. Auf jeden Fall wird der Abstand nicht mehr als vier, höchstens sechs Meter betragen. Ich kann ihn gar nicht verfehlen.
    Auf jeden Fall werde ich einen oder zwei Schüsse abfeuern, das werden die Umstände entscheiden.
    Danach laufe ich die wenigen Schritte wieder zum Klosterplan hinauf. Genau in dem Moment, wenn ich um die Ecke biege, hole ich eine Touristenkarte von K- heraus, entfalte sie, und beginne, ruhigen Schrittes zu flanieren. Von dem Zeitpunkt an, da ich mich am Klosterplan aufstelle, werde ich die ganze Zeit einen dunklen Hut mit Krempe tragen, der mein Gesicht verdeckt. Wenn ich mich ein paar hundert Meter vom Tatort entfernt habe, stopfe ich die Waffe, den Rucksack und den Hut in einen schwarzen Plastiksack und werfe alles zusammen in den Müllcontainer hinter der Feuerwache.
    Anschließend gehe ich nach Hause und nehme ein Bad.
     
    Ich schaue von meinen Notizen auf. Gewisse Befürchtungen hinsichtlich Zeit und Papiervorrat hatte ich ja doch, aber es hat gereicht. Mein Kaffee und meine Torte stehen unberührt da. Der Cognac auch. Ich nehme es in Angriff. Es ist jetzt ein paar Minuten nach drei, in einer Viertelstunde gehe ich hinaus. . . Es ist Chartreuse in der Torte, wenn ich mich nicht irre, Mandeln und Kirschen. Sie müssen entschuldigen, wenn diese Zeilen etwas unstrukturiert werden. Etwas sagt mir, dass ich so viel wie möglich niederschreiben muss vor der Tat. Ich bin mir nicht sicher, ob ich hinterher noch etwas schreiben werde. Für alle Fälle spare ich ein paar Seiten auf, aber wenn nichts daraus wird, dann eben nicht. Wenn Sie aus Ihrer Fiktion heraustreten könnten – übrigens, wer weiß denn, ob Sie das nicht schon getan haben –, dann ist es natürlich ein Leichtes für Sie, diese Frage zu ergründen.
    Vielleicht höre ich ja so auf, wie ich angefangen habe. Mit zu vielen Worten.
    Aber jetzt ist es soweit. Lassen Sie mich zum Schluss noch einmal daran erinnern, wer ich bin.
    Jakob Daniel Marr.
    Jakob Daniel.
    Glauben Sie mir.

IV

    Und während ich hier stehe
und mich wie üblich mit dem Ellbogen
an der Buchstütze anlehne,
sehe ich aus dem Augenwinkel,
wie die Tür
langsam aufgeschoben wird,
und eine Sekunde lang
spüre ich einen heftigen
Schwindel.
Aber dann wird sie wieder
vorsichtig geschlossen, und mir
ist klar, dass das nur etwas
Vorübergehendes war.

    33

    Erwachen

    Ein Wirbel miteinander verflochtener Wahrnehmungen. Grelles Licht, schrille Geräusche. Langsam abnehmend, Sehvermögen und Gehör trennen sich ... flimmerndes Weiß, Stimmen.
    Leuchtstoffröhren und Stühlescharren. Es wird zur Ruhe
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