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Bankster

Bankster

Titel: Bankster
Autoren: Gudmundson
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Zeiten sollte man sich davor hüten, Dinge im Nachhinein zu bedauern, das macht die Zukunft noch schwieriger.
    – Du hast dir wohl Doktor Phil angesehen?
    – Doktor was?
    – Genau den.
    – Nein, wen?
    – Nichts, war nur ein Scherz.
    – …
    – Aber jæja, jetzt hast du wirklich einen Ton von mir gehört, Mama, hast dir milde Misstöne angehört und kannst dich jetzt ruhig entspannen.
    – Dir geht es also einigermaßen, mein Lieber?
    – Ja.
    – Deine Mama ist richtig froh, das zu hören.
    – …
    – …
    – …
    – Markús?
    – …
    – …
    – Ich bin so müde, erstaunlich, wie lange ich es am Telefon ausgehalten habe.
    – Jæja, dann ruh dich mal aus.
    – Ja.
    – Und ruf vielleicht mal deine Schwester an. Ich habe heute Morgen mit ihr gesprochen, und sie hat sich Sorgen um ihren Bruder gemacht.
    – Das werde ich tun.
    – …
    – Ich rufe sie heute Abend an.
    – Gut. Und Gott behüte dich, mein Lieber.
    – Noch bin ich nicht eingeschlafen.
    – Ganz unabhängig davon.
    – Okay, dich auch.
    – …
    – …
    – Tschüss, mein Lieber.
    – Bye.

II
    Das Buch

Tag 2

    Vorgestern rief Vésteinn an. Wir haben nicht lange darüber geredet, wie es gelaufen ist, er wollte mich treffen. Gleich am Abend saßen wir im Café und haben die Situation durchgesprochen, er, auf den Tisch gesunken, und ich, völlig schlapp, die Arme hinterm Stuhlrücken verschränkt. Er machte sich offensichtlich Sorgen um mich. Ich habe versucht, ihn davon zu befreien, indem ich immer wieder gesagt habe, dass es mir erstaunlich gut geht. Wir haben so lange geredet, dass der letzte Cappuccino-Schluck eiskalt war.
    Kurz bevor wir uns verabschiedeten, hat Vésteinn mir empfohlen, Tagebuch zu schreiben, um in diesen verrückten Zeiten das Leben in den Griff zu kriegen, man geriete so leicht aus dem Gleichgewicht und würde pessimistisch. Dann meinte er noch, dass ich die letzten Tage in der Bank ja in einem gesonderten Vorwort beschreiben könnte.
    Etwas früher an diesem Abend hat Vésteinn von seiner Doktorarbeit erzählt – irgendwas über politische Konflikte in der Sturlungerzeit, sehr interessant, obwohl ich mich an den Inhalt nicht mehr wirklich erinnern kann – und ich vermute, dass der Historiker in ihm die Idee zum Tagebuch mit Vorwort hatte, vielleicht will er, dass ich etwas schreibe, das später als Zeugnis einer geschichtsträchtigen Zeit gelten kann. Wir haben ausgemacht, uns so bald wie möglich wiederzusehen, dann werde ich ihn mit der Vermutung konfrontieren, dass er solche Hintergedanken hatte.
    Die Idee kam mir trotz allem gar nicht so blöd vor, als ich mich gestern wieder daran erinnert und dieses Buch gekauft habe, das dickste im Laden. Ein Vorwort über die letzten Tage in der Bank kann ich aber trotzdem nicht schreiben, in meinem Kopf sind sie nichts als ein grauer Fleck. Das Einzige, woran ich mich richtig erinnere, ist das Wetter, weil es sich nicht verändert hat: die ganze Zeit wolkenlos, windig und kalt.

Tag 3

    Das ist das zweite Mal, dass ich Tagebuch führe. Mit zehn oder elf Jahren musste ich es zum ersten Mal als schreckliche Zwangsaufgabe für die Schule machen. Nach den Hausaufgaben sollten wir immer etwas über unseren Tag schreiben. Ich erinnere mich noch, dass es für jeden Tag eine Doppelseite gab. Oben auf der linken Seite war ein verschnörkelter Rahmen für eine Buntstiftzeichnung, wie für ein Sofagemälde. Unter dem Rahmen stand »Liebes Tagebuch«, und der Rest der Doppelseite war voller Linien. Ich weiß noch, dass das Tagebuch für Jungs – das einzige, das es in Finns Buchladen gab – blau und das für die Mädchen rosa bedruckt war, und ich weiß auch noch, dass ich immer alle Linien auf der Doppelseite vollschreiben wollte – die unbedeutendsten Tage haben sich unter den kleinen Buntstiftbildern ausgebreitet.

Tag 4

    Tag vier? In der Tat folgt er auf Tag drei und zwei, aber mal ganz davon abgesehen, ob das für mich ein Neuanfang ist oder nicht, habe ich den ersten Eintrag unbewusst so getauft.
    Tag vier nach der Umstrukturierung heißt mit richtigem Namen 13.10.2008 und ist ein Montag. Harpa ist wie an jedem Werktag um 6:55 Uhr aufgewacht. Sie wollte eigentlich leise aufstehen, aber als sie sah, dass ich wach war, ist sie zu mir gekrochen, und wir haben in stiller Umarmung dagelegen, bis der Wecker wieder geklingelt hat.
    Ich habe den Duschgeräuschen zugehört, gehört, wie sich der Wasserstrahl verändert hat, als Harpa sich darunter gestellt und das Wasser aus ihren
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