Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bankgeheimnisse

Bankgeheimnisse

Titel: Bankgeheimnisse
Autoren: Anne Sievers
Vom Netzwerk:
»Was Sie mir da erzählen, ergibt in meinen Augen nicht den geringsten Sinn. Ich habe mir weiß Gott den Kopf schon oft genug zerbrochen, aber mir will absolut kein Grund einfallen, warum er das gemacht hat. Den Selbstmord, meine ich, nicht die Methode. Haben Sie bei der Obduktion irgendwas festgestellt, was darauf hindeuten könnte, daß er krank war?«
    »Daran dachten wir auch. Die Kripo hat seinen Hausarzt befragt. Fehlanzeige. Klingenberg war gesund wie ein Pferd. Er hat ihm nie etwas Stärkeres als Hustensaft verschrieben.«
    »Ich muß diesen Brief lesen.«
    Jäger ging nicht darauf ein. »Für uns erhebt sich natürlich jetzt die Frage, woher er den LSD-Trip bekommen hat.«
    »Ja, sicher«, sagte Johanna mechanisch. Sie war bleich. »Bitte, ich würde mich gern setzen.«
    Er faßte sie unter, ging mit ihr zu einer Bank in der Nähe. Im Vorbeigehen sah er, daß Wiking zu ihnen herüberschaute, ohne in seiner Ansprache innezuhalten. Johanna setzte sich mit gekreuzten Beinen, Jäger blieb vor ihr stehen und sah auf sie herunter. Sie bot einen hübschen Anblick vor dem rosenüberwucherten Laubengang, der seinen Schatten über die Bank warf. Ihr Kleid sah so aus, als hätte es doppelt soviel gekostet wie sein Urlaub.
    »Die Frage ist also, woher hat er das Zeug?« Es klang beinahe, als spräche er zu sich selbst. »Es wäre immerhin naheliegend, daß er es sich hier in der Stadt oder in der näheren Umgebung besorgt, wenn er es doch auch hier benutzen will. Oder nicht?«
    »Sicher. Natürlich liegt es nahe. Er wird deswegen kaum ins Ausland gefahren sein. Solche Dinge kriegen Sie hier in Frankfurt an gewissen Stellen in großer Auswahl, das wissen Sie doch selbst gut genug.«
    Er lachte freudlos. »Frau Dr. Herbst, Sie haben Sinn für Humor.«
    »Warum reiten Sie eigentlich so auf dem LSD herum? Wieso fragen Sie sich denn nicht mal was anderes? Etwas viel Wichtigeres. Zum Beispiel, woher er das Zyankali hat. Es ist bestimmt wesentlich schwieriger, sich so ein Gift zu besorgen, als an LSD zu kommen.«
    »Oh, wir wissen, woher das Zyankali kommt«, erklärte er mit kalter Befriedigung in der Stimme. »Es stammt aus einer ziemlich üblen Hinterlassenschaft von Stasi-Beständen. Da gibt es gewisse, hm, Altlasten, um es vornehm auszudrücken. Diese Herrschaften hatten bisweilen einen starken Drang zur Melodramatik. Wollten für alle Fälle gewappnet sein. Waren sie ja auch, bloß nicht darauf, mit fliegenden Fahnen zum Klassenfeind überzulaufen. Hahaha.« Sie seufzte indigniert.
    »Ähem. Das meiste davon ist natürlich vernichtet worden«, fuhr er lahm fort, »aber einiges davon kursiert immer noch. Übrigens, man stirbt ziemlich rasch daran. Man zerbeißt die Kapsel, und dann ist man praktisch schon hinüber. Atemlähmung, Herzstillstand. Dauert nur Sekunden, habe ich mir sagen lassen.«
    Aber es tut weh, dachte sie. Ich habe sein Gesicht gesehen. »Dann hatte er vielleicht den Trip von dort, woher er auch das Zyankali hatte«, sagte sie unbestimmt und stand auf.
    »Ja, wird er wohl. Man kann heutzutage alles an Drogen kriegen, egal, ob es bloß ungesund oder tödlich ist. Hauptsache, man kennt die richtigen Leute. Übrigens, ich müßte mich schon sehr getäuscht haben, wenn ich nicht vorhin ein bekanntes Gesicht gesehen habe.«
    Sie hängte ihre Handtasche über die Schulter und ging los, zu einem Seiteneingang in der Nähe. Er folgte ihr, schloß zu ihr auf. »Ein junger Mann, er heißt Michael Sonntag.«
    Sie blieb abrupt stehen und starrte ihn an. Sein Gesichtsausdruck war nicht zu deuten. »Verdammt, was soll das?« fauchte sie. »Wieso reden Sie so lange um den heißen Brei herum? Warum fragen Sie mich nicht ganz offen, ob mein Bruder etwas damit zu tun hat?«
    »Na schön. Ich frage Sie also. Frau Dr. Herbst, wir wissen, daß bei Ihrem Bruder alles zu kriegen ist, was das Herz eines Süchtigen begehrt. Er ist auf Bewährung draußen, aber nicht mehr lange, wenn Sie mich fragen. Nichts für ungut, aber ich habe in diesen Dingen meine Erfahrungen.«
    »Und natürlich haben Sie messerscharf kombiniert, daß Klingenberg den Stoff und das Gift von Micky gekriegt haben muß.«
    Er spreizte gereizt die Finger. »Hören Sie, die beiden kannten sich gut. Ihr Bruder hatte eine intensive Beziehung mit Klingenbergs Tochter. Er ist ein stadtbekannter, notorischer Dealer. Er ist wegen mehr als zwanzig bekannter Delikte in den Knast gewandert. Einschlägige Delikte. Er hat achtzehn Monate Jugendstrafe abgebrummt. Sie sind
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher