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Bank, Zsuzsa

Bank, Zsuzsa

Titel: Bank, Zsuzsa
Autoren: Die hellen Tage
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Tisch, wo sie kaum Platz hatten, und
schlug Nägel in die Wand, damit ihre Freunde ihre Jacken aufhängen konnten.
Wenn auf den eisbestäubten Feldern Nebel lag, erzählten sie uns von ihrer Zeit
mit Zigi, als er hoch über ihren Köpfen an einem Trapez geschaukelt war und sie
die Musik dazu gespielt hatten, und Aja und Évi übersetzten für mich, wenn sie
nicht weiterwussten. Sie reichten Aja und mich von Schoß zu Schoß, nannten Évi
im Scherz Éva oder Kalocs Éva, nur um zu sehen, wie sich ihr Gesicht verzog,
ließen Karten in ihren Hemdsärmeln verschwinden und fischten sie aus ihren
Hüten. Aja sagte, sie schliefen so wenig wie Évi, sie gingen erst ins Bett,
wenn Aja längst schon weggedämmert war, mit dem Klang ihrer Stimmen und Lieder
im Ohr, standen aber vor ihr auf, rollten die Decken zusammen und warteten in
der Küche, bis Aja wach wurde. Sie legten zwei Kissen auf ihren Stuhl, schoben
ihn an den Tisch heran und redeten, als sei Aja eine Königin und als seien sie
ihre Untertanen. Aja ging nicht länger allein zur Schule, in diesen Wochen war
immer jemand neben ihr, der ihre Hand hielt, so wie Zigi es getan hatte, auch
mittags, wenn wir fern der vorgezeichneten Pfade zum Wald gingen, um dort über
Baumstümpfe und Gräben zu springen.
    Évis Freunde kamen, wenn sie übers
Land fuhren und Kirchblüt auf ihrem Weg lag, wenn sie gerade keinen anderen
Platz hatten, an dem sie bleiben konnten, wenn sie nicht weit vom Neckar, hinter
den ersten dichten Wäldern hierhergefunden hatten, weil sie nach wenigen Wochen
Winter ihr Leben auf der Straße aufgeben mussten und an Évis schiefhängendem
Tor über den Zaun riefen, es ist zu kalt fürs Akkordeon. Aja sprach am
Maschendraht zu den Hühnern, damit sie genügend Eier legten, und Évi überließ
ihren Freunden das Bett und zog selbst auf die Liege, räumte im Schrank Fächer
leer, die niemand brauchte, ließ ihre Freunde aus ihren Töpfen nehmen und von
ihren Tellern essen, und wie zum Lohn hörten sie nicht auf, sich über Évis
Haus zu freuen, über die Lampen, die am Abend Licht auf ihre Kartenspiele
warfen, über den Ofen, der sie dabei wärmte, über die Tür, die sie schließen
konnten, und über Évi, die ihnen zusah, wenn sie Kaffee aus kleinen Tassen
tranken und von dem Brot aßen, das Évi in ein gestreiftes Küchentuch geschlagen
und zusammen mit einem großen Messer auf den Tisch gelegt hatte. Évi hatte
genügend Platz für alle, die ein wenig bleiben wollten, es wurde ihr nie zu
laut oder zu eng, sie fragte auch nicht, wann ihre Freunde weiterziehen
wollten, und nahm nichts von dem Geld, das sie an den Samstagen auf einem der
Plätze in der nächsten Stadt erspielt und in die Schublade des Küchentischs geworfen
hatten. Ich hatte angefangen, mir etwas von Évis Art auch für mein eigenes
Leben zu wünschen, obwohl ich es damals so nicht hätte sagen können, und auch
später noch habe ich oft an diese Winter in ihrer Küche denken müssen, als Aja
und ich längst nicht mehr durch ihren Garten sprangen, sondern an einem Meer
spazierten und nach Schiffen suchten, die es durchkreuzten.
    Wenn der Schnee auf dem Zaun, wenn
die Eiszapfen vor den Fenstern geschmolzen waren, machten sich Évis Freunde auf
und spielten am Gartentor ein letztes Mal: a länyok, a länyok, a länyok
angyalok, die Mädis, die Mädis, die Mädis von Chantant, bevor sie das Gefühl
mitnahmen, das Aja durch die bunten hellen Tage getragen hatte, und Évi mit
dem Nachhall ihrer kurzen lauten Abende zurückließen. Wenn sie hinter der
Brücke über den Klatschmohn verschwunden waren, mit einer tiefen Verbeugung,
einem letzten Winken, fing Évi an, vor den Rosentapeten ihre Stühle zu rücken,
sie hinauszutragen und zu verteilen auf ihre alten Plätze, und wenn ich Aja
allein zur Schule kommen sah, wusste ich, Évis Freunde hatten die Decken
zusammengerollt und die Kissen zurückgelegt, sie hatten ihre Rasiermesser von
der Spüle genommen und die Karten eingepackt. Sie hatten Aja ein letztes Mal
in die Luft geworfen und aufgefangen, hatten Évi ein letztes Mal umarmt und
zum Abschied eines ihrer liebsten Lieder gesungen, und jetzt war Évi dabei,
die leeren Stühle zu rücken und sie hinaus in den Garten zu tragen.
    Wenn Évis Freunde in der kältesten
Zeit des Jahres einmal nicht kamen, weil sie einen anderen Ort zum Bleiben
gefunden hatten, legte sich etwas auf Évi und Aja, das ich kaum durchdringen
konnte, als seien sie verhüllt von etwas, das ich nicht einfach anfassen
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