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Bank, Zsuzsa

Bank, Zsuzsa

Titel: Bank, Zsuzsa
Autoren: Die hellen Tage
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dagelassen hatte, ein winziges Bund gelber Blumen, einen
winzigen Zirkuswagen, ein winziges Dachfenster und darunter auf einem winzigen
Laken ein winziges Kind. Mit der Zeit verschwanden die Bilder. Sie fehlten im
Flur, sie fehlten in der Küche, in Ajas Zimmer, sie fielen herunter und rutschten
unter den Backofen, hinter die Schränke und Betten, und Évi und Aja machten
sich bald nicht mehr die Mühe, sie aufzuheben.
    Évi ließ sich nichts anmerken,
wenn Zigi verschwunden war, wenn er sich verabschiedet hatte, um in einem Jahr
wiederzukommen, wenn er sie mit Aja zurückgelassen hatte, in einem Haus, das er
selbst auf wenige Steine gesetzt und aus Holzplatten und dicken Nägeln
gezimmert hatte und vielleicht deshalb aussah, als würde es schweben. Évis
Leben lief weiter, auch wenn es ihr schwerfallen musste und sie schon das
Kaffeekochen Kraft zu kosten schien, und Ajas Leben auch, nach einer stillen
Pause, sobald Évi die Kinder vom Lattenzaun weggeschickt hatte, weil Zigi nicht
mehr durch die Luft springen und Gläser mit rotem Saft auf der Stirn
balancieren würde, sobald Aja begriffen hatte, Zigi würde nachts nicht mehr in
der Küche sitzen und unter einem gelben Licht krumme Figuren zeichnen, die sie
am Morgen ausmalen durfte. Wenn wir durchs Haus liefen, blieb jetzt immer etwas
an unseren Strümpfen hängen, und es dauerte, bis Évi sich wieder fing und ihr
auffiel, wie viel Staub und Schmutz an unseren Füßen klebte.
    Den Winter über hielt sich Aja fest
an Zigis Briefen, an den Zeichnungen, die er für sie in den Umschlag steckte,
Männchen mit Pfeilen, die ihr zeigen sollten, welche Bewegungen er gerade
einübte, und die wir sofort nachzuturnen versuchten. Aja nahm die Briefe in
ihren Hosen und Kleidern mit und zog sie aus den Taschen, wenn wir auf unseren
Wegen anhielten, am Bachlauf hinter dem Bahnwärterhäuschen. Zigi hatte sich
nicht die Mühe gemacht, sich meinen Namen zu merken, weil er sich niemals Namen
merkte, wie Évi sagte, weil es ihm unwichtig und unsinnig erschien, auch weil
sein eigener Name nicht sein wirklicher Name war, sondern einer, den er sich
selbst gegeben hatte, in einem Jahr, das sich von Évi schon weit genug
entfernt hatte, als Zigi zum ersten Mal ein Schiff bestiegen hatte, das ihn
über den Ozean trug und fortriss aus allem, was ihn davor umgeben hatte, um an
der Küste, die das Schiff wenige Tage später erreichte, unter einer
Zirkuskuppel Tabletts auf seiner Stirn zu balancieren. Aber wenn er schrieb
und seinen Brief enden ließ mit: Ich umarme Dich, Dich und Deine kleine
Freundin, dann wusste ich, ich war gemeint.
    Im Frühling, als ein wärmeres
Wetter das erste Grün in Évis Garten setzte und uns über die Felder in den
nahen Wald lockte, war es für Aja mit einem Mal besser zu ertragen, ohne Zigi
zu sein, leichter noch im Sommer, der laue Nächte brachte und seinen weiten
hellen Himmel über uns auswarf, wenn Évi im Korbsessel unter den Birnbäumen saß
und mit nackten Füßen übers Gras strich, allein zwischen Stühlen und Tischen,
als warte sie auf jemanden. Zigi hatte uns einmal erzählt, es schneie nicht nur
im Winter, sondern im ganzen Jahr, wir könnten den Schnee nur nicht sehen. Also
legten wir uns an Sommertagen zu Löwenzahn und Butterblumen und schauten hoch
zum Kirchblüter Himmel, und wenn ihr die Wolkendecke dicht genug schien, sagte
Aja, seht nur, es schneit.
Schnee
     
    Ajas Geburtstag fällt auf den
heißesten Tag des Jahres. In den Zeiten, in denen Évi kaum Geld hatte und sie
im Sommer in Kirchblüt blieben, gab sie für Aja ein Fest, von dem die Kinder in
den Straßen rund um den großen Platz noch lange redeten, nach dem sie im
Frühling schon fragten und von dem ich heute manchmal glaube, Évi habe es für
sich selbst gegeben. Sobald Aja am Morgen über die Felder lief, auf ihrem Kopf
eine Krone aus rotem Papier, die sie neben ihrem Kissen gefunden hatte, legte Évi
schon Decken ins Gras, stellte Blechbüchsen auf und hängte Zuckerstangen mit
Bindfäden an eine Leine, die sie zwischen den Bäumen durch den Garten gespannt
hatte. In zwei Blechwannen, die sie aus dem Verschlag hinter den Hühnern
holte, goss sie kaltes Wasser, das bis Mittag warm genug war und in das wir
bis zum Abend springen durften. Aja lud auch die Kinder ein, die sonst niemand
einlud, die ohne Geschenk kamen und die Aja nur kannte, weil sie an jedem Zaun
stehen blieb, in den schmalen Straßen hinter der kleinen Brücke, die nach
Kirchblüt führte, über einen Graben, im
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