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Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker

Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker

Titel: Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker
Autoren: René Zeyer
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dafür, dass nur wichtige Telefonate von ihm geführt werden, fokussiert, entscheidungsorientiert. Dann die Meetings, seine Aufgabe, sie auf den Punkt zu führen, Entscheidungsbäume aufzubauen, alle wichtigen Faktoren zu berücksichtigen, dabei das Team motivierend zu führen, und dann, ohne spüren zu lassen, welche Konsequenzen es haben könnte, wenn er sich irrte, den Konsens herbeizuführen, die Entscheidung zu treffen, dafür zu sorgen, dass sie von allen mitgetragen wird, sofort implementiert, bei sich ändernden Rahmenbedingungen immer den Plan B aus der Tasche zu ziehen, dabei auch den human factor zu berücksichtigen, über Karrieren, Arbeitsplätze, die zukünftige strategische Aufstellung der Firma zu entscheiden, da muss man schon einen unbedingten Willen zur Leistung haben, hatte Kuster gesagt. Wer von den Kritikern angeblich überhöhter Managerlöhne dazu bereit ist, auch nur einen Tag in meinem Leben durchzustehen, der kann gerne probeweise meinen Job haben, hatte Kuster am Schluss ausgerufen, nur damit er sich dann von den anderen Kritikern noch als Abzocker beschimpfen lassen kann. Die haben doch wirklich keine Ahnung, hatte Kuster in den donnernden Applaus hineinjubiliert. Noch im Nachhinein badete er sich gerne in der Welle der Sympathie, die ihm entgegengeschlagen war. Hörte die Ausrufe: »Endlich sagt’s mal einer, wie es ist«, »Die Kritiker haben doch keine Ahnung«, »Wir steigern das Bruttozialprodukt und werden noch dafür beschimpft«, »Ohne uns ginge doch alles den Bach runter«.
    Kuster wippte im seinem Sessel wieder nach vorne, langsam reichte ihm die unsägliche PPP, mit der Meier vor versammeltem Core Team mal wieder den Beweis dafür antrat, dass Prognosen über Börsenentwicklungen eine schwierige Sache sind, vor allem, wenn sie sich auf die Zukunft beziehen. Mitten hinein in eine erschöpfende Darstellung einer algorithmisch berechneten Widerstandlinie fragte Kuster in die Runde: »Stimmt das eigentlich, dass Frick die Sekretärin in der Lohnbuchhaltung bumst?«
    Meier verlor sofort das Interesse an seiner Widerstandslinie und sagte: »Confirmed, das ist eine erhärtete Tatsache.«
    Allgemeines Gelächter, mitten hinein ein Zwischenruf: »Darauf sollte sich Frick aber nichts einbilden, die ist doch bekannt als Wanderpokal.«
    Kuster wollte da auch nicht zurückstehen: »Wie ihre Buchhaltung ist, weiß ich nicht, was mich aber interessieren würde: Wie ist ihre Betthaltung?« Neuerliches Gewieher, da piepste plötzlich Kusters Blackberry.
    »Hoppla, das muss ich jetzt nehmen«, sagte Kuster, »ganz wichtiger Kunde, Meeting beendet, raus!« Die zehn Top-Analysten trollten sich, und Kuster flötete in seinen Blackberry: »Georg, hast wohl auch nichts Gescheites zu tun, du Kundenabzocker, aber hast ja Recht, der Tag ist zu schön, um im Büro zu versauern. Um halb drei auf dem Golfplatz, das schaffe ich, da hat’s dann auch kein Gedränge vor dem zwölften Put, einmal durchspielen, und dann zu Petermanns? Super, diesmal nimmst du es auf deine Spesen, ich war letztes Mal dran, remember? Alles klar. Ach, sage mal, hast du den neuen Carrera endlich gekriegt? Immer noch Warteliste? Ja sagenhaft, es gibt einfach zu viele Manager, die viel zu viel verdienen. He, he, du mich auch, bis dann.«
    Die haben wirklich alle keine Ahnung, sagte sich Kuster. Aber ich bin wieder im Kommen, und den Vortrag halte ich noch mal in Zürich, und wenn es bloß beim Lion’s wäre.
Zehn
    Das Problem ist doch ganz einfach, philosophierte Äbersold: Du kannst den typischen Bänkler oder gar einen Anlageberater nicht zusammenspannen mit einem Mathematiker. Ich meine, ich habe ja immerhin vier Semester Maturitätsschule Typus A in Ingenbohl auf dem Ticker und dann die Berufsmittelschule in Wetzikon, darum bin ich ja auch der Chef von dieser Bande von Analphabeten. Die ehemaligen Securitasler sind ja noch die besten, die können ja wenigstens noch die Stechuhr lesen. Aber nimm mal den Billeter mit seinen zwei Jahren Wohnungsvermittlung oder Schlatter mit seiner abverreckten Lehre als Lebensmittelchemiker bei der Maggi in Kempttal. Ich meine, diesen Leuten bringst du einfach nicht bei, warum ein Put im Bankgeschäft nicht dasselbe bedeutet wie im Dolder oben. Manche können ja nicht mal einen Saucen-Fond von einem Finanz-Fonds unterscheiden.
    Früher war das alles ganz einfach: Du machtest deine Lehre bei der Sparkasse Teufenthai, und zwar gründlich. Ein Jahr lang interne Post plus Nachschub vom Beck Hösli,
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