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Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker

Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker

Titel: Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker
Autoren: René Zeyer
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mitgelacht.
    Aber bevor er Spörri hatte fragen können – es schien ihm eine gute Gelegenheit zu sein, ob Spörri vielleicht schon dazu gekommen sei, sein längst überfälliges Upgrading in die Wege zu leiten –, hatte Spörri auf seinen Blackberry gestarrt, »Herrje, das Meeting« gemurmelt und war verschwunden.
    Und jetzt hat Tobler auch noch ein Problem. Ausgerechnet bei seinem größten Kunden. »Tobler, ich vertraue Ihnen den Vetterli-Account an«, hatte Spörri vor zwei Wochen zu ihm gesagt, »das ist doch das Richtige für unseren Zahlenfresser, das pressiert nämlich.«
    Also saß Tobler schon um halb sieben und nicht erst um sieben an seinem Arbeitsplatz, verließ ihn erst um halb zehn, statt um neun wie gewöhnlich, und hatte sich durch die Bilanz von Vetterli gefressen. Und herausgefunden: Der große Vetterli war pleite. Wie der CFO von Vetterli diese Bilanz hatte unterschreiben können, war Tobler schleierhaft. Aber das war ja nicht sein Problem, dachte Tobler.
    Bis zu dem vorgestrigen Gespräch. Da war er nämlich zu Spörri gegangen, nachdem der auf seine dringenden Terminbitten nicht reagiert hatte, hatte sich an dessen Sekretärin vorbeigeschlängelt und sogar Spörris ungnädigem Blick widerstanden.
    »Das muss jetzt aber sehr wichtig sein«, hatte Spörri gesagt, »haben Sie sich etwa verrechnet?«
    Aber diesmal hatte Tobler nicht pflichtschuldig mitgelacht, sondern gesagt: »Vetterli muss die Bücher deponieren.«
    Da hatte Spörri sogar seinen Blackberry aus der Hand gelegt, ihn entgeistert angestarrt und gefragt: »Das ist doch wohl ein Scherz, lieber Tobler? Vetterli ist ein ganz Großer, und wie Sie wissen, einer unserer größten Kunden, der alleine generiert fast dreißig Prozent für uns.«
    »Vetterli ist pleite«, hatte Tobler störrisch geantwortet, »ich kann Ihnen gerne zeigen, wo …«
    Aber Spörri hatte ihn nicht ausreden lassen, sondern mit schneidender Stimme gesagt: »Tobler, jetzt tun Sie nicht so blöd, kann sein, dass Vetterli vielleicht im Moment etwas unter Druck ist, aber wer ist das heute nicht.« Tobler wollte protestieren, aber Spörri schnitt ihm wieder das Wort ab: »Schauen Sie, Tobler, ich habe jetzt gleich ein wichtiges Meeting, also machen wir es kurz: Wenn wir Vetterli nicht testieren, dann macht das ein anderer, das ist doch ganz klar. Also machen Sie eine interne Aktennotiz für Vetterli, wenn es denn unbedingt sein muss, und testieren Sie, das kommt schon gut.« – »Ja, aber«, hatte Tobler noch gesagt, aber Spörri war schon aufgestanden, hatte mit seinem Blackberry gewedelt und auf dem Weg zur Türe gesagt: »Nichts aber, Tobler, wir wollen doch nicht beide bereuen, dass ich Ihnen den Vetterli gegeben habe, klar?«
    Nach der Pleite von Vetterli hatte Tobler nur noch ein einziges Mail von Spörri bekommen. »Müssen Sie leider ab heute freistellen, Ihr Badge ist gesperrt. Mehr folgt.« Spörri liebte es, auf seinem Blackberry ein Mail so kurz und knackig wie möglich zu formulieren.
Drei
    »Also eins ist klar: Mein Büro gebe ich nicht auf.« Philipp Kuster war bekannt dafür, dass er glasklare Prioritäten setzen konnte. Und das war nun genau so ein Fall. Die Gerüchteküche war schon lange am Brodeln gewesen, und an diesem Morgen um neun hatte der Vorstand die Katze aus dem Sack gelassen. Fusion. Synergien, Vereinheitlichung der IT, Straffung des Backoffice.
    Und da war doch Müller bleich bei ihm erschienen, ausgerechnet Müller, der eigentlich nichts anderes zu tun hatte, als die Charts zu beobachten, ihn mit ein paar Eckdaten für die Kundengespräche aufzudatieren, Blumensträuße für Gattinnen und Montecristos für Herren zu besorgen. Kuster schüttelt in der Erinnerung noch mal den Kopf.
    »Sagen Sie, Philipp«, hatte Müller gefragt, denn seit irgend so einem dämlichen HR-Seminar war man übereingekommen, sich per Sie und mit Vornamen anzureden, »bedeutet das für mich, dass meine Stelle gefährdet ist?«
    »Belästigen Sie mich doch nicht mit so einem Kleinscheiß, Müller«, hatte Kuster gebrüllt, denn das mit den Vornamen hat er schon immer für eine blödsinnige Idee gehalten, »ich habe hier ganz andere Probleme.« Müller war wie ein geprügelter Hund wieder abgeschlichen, und Kuster hatte sich eine kleine Notiz auf seinem Blackberry gemacht: Müller fliegt als Erster.
    Natürlich bedeutete die Fusion, dass das Backoffice gnadenlos ausgeräumt würde, und natürlich würden die wenigen Überlebenden disloziert, da gab es doch diese
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