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Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker

Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker

Titel: Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker
Autoren: René Zeyer
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ältesten Brionis und zupft auch dort die Labels raus, um sie in die beiden neuen Stücke reinzuwerkeln. »Geschafft«, sagt Kuster triumphierend, »so geht das.«
    Gleich am nächsten Morgen betritt er siegessicher sein neues Großraumbüro in Oerlikon, in seinem neuen Dunkelgrauen. Er entledigt sich seines Jacketts, faltet es über seine Stuhllehne und überlegt sich gerade den aufmunternden Spruch zum Tage, als ihn Müller aus seinen Gedankengängen reißt: »Sagen Sie mal, den haben Sie sich doch gestern bei H&M gekauft, oder? Ich wollte da gerade meine Freundin abholen, da sah ich Sie an der Kasse.«
    Bevor Kuster eine Antwort einfällt, bemerkt er, wie Müller mit großen Augen auf das Label starrt. Mit einer ungeschickten Bewegung hatte Kuster das Innenleben seines Jacketts freigelegt. In diesem Moment möchte Kuster zum ersten Mal in seinem Leben am liebsten sterben.
Sechs
    »Wir haben entschieden, dich von deinen bisherigen Aufgaben zu entbinden«, sagte Anwand förmlich, und der neben ihm sitzende Hausjurist machte ein seriöses Gesicht dazu. »Wir bieten dir die Möglichkeit, selbst die Kündigung einzureichen. In diesem Fall würden wir dir gerne eine Übergangsentschädigung in der Höhe eines halben Jahresgehaltes offerieren.«
    »Ohne Anerkennung irgendwelcher bindenden Verpflichtungen natürlich«, fügte der Hausjurist hinzu, denn für tausend Franken pro Stunde wollte er doch auch mal was gesagt haben.
    »Wir hätten hier ein entsprechendes Papier vorbereitet, wenn du es dir noch kurz durchlesen möchtest, bevor du unterzeichnest, ich kann dir aber in alter Freundschaft versichern, dass da keine Fußangeln oder dummen Tricks drin sind.«
    »Überhaupt keine Fußangeln«, fügte der Hausjurist hinzu, dafür schrieb er eine Extrastunde auf.
    Franz Gygax schaute einen Moment amüsiert auf das Papier, ignorierte den Kugelschreiber, den ihm Anwand entgegenhielt, nahm dann den Vertrag und beförderte ihn schwungvoll in den Papierkorb aus Elefantenhaut, denn Anwand war Großwildjäger und hier in seinem Privatbüro sah das eigentlich niemand.
    »Das ist the best offer, mehr …«, begann der Hausjurist, aber Franz Gygax schnitt ihm das Wort ab: »Jetzt sage ich euch mal, was die only offer ist, meine Herren. Ich kriege eine steuerneutrale Abfindung in der Höhe von 5 Millionen, für zehn Jahre Büro und Sekretärin, dazu für ebenfalls zehn Jahre weiterhin mein normales Gehalt, selbstverständlich inklusive Bonus. Dann, und nur dann, bin ich bereit, einer Pressemitteilung zuzustimmen, dass ich mich aufgrund meiner langjährigen Erfahrung in Abstimmung mit der GL dazu bereit erklärt habe, meine operative Funktion aufzugeben und zukünftig beratend für besondere Aufgaben wie Business Development zur Verfügung zu stehen.«
    »So eine Unverschämtheit«, zischte Anwand, »das kann ja wohl nicht dein Ernst sein, Franz, nimm bitte wieder Kontakt mit der Realität auf. Wenn ich mich wirklich mit aller Macht ins Zeug lege, kann ich vielleicht eine Abfindung von einem Jahresgehalt rausschlagen, und steuerlich ließe sich da sicher etwas machen, aber das ist das oberste Ende der Fahnenstange, und das tue ich auch nur aus alter Freundschaft.«
    »Und ohne Anerkennung bindender Verpflichtungen und unter der Voraussetzung, dass die GL dieser mehr als großzügigen Lösung auch zustimmt, und nur wenn eine in unserem Sinne verfasste Kündigung vorab eingeht«, fügte der Hausjurist hinzu, der damit seine Parkuhr um eine Stunde nach vorne schob.
    »Ihr verschwendet meine Zeit, meine Herren«, sagte Gygax arschkalt, »und meine Zeit ist Gold wert. Damit ihr das auch endlich merkt: Jetzt sind es sechs Millionen Abfindung, wenn ihr noch mal eine Ehrenrunde drehen wollt, werden es dann acht.«
    »Aber verdammt noch mal«, explodierte Anwand, »durch deine Fehlspekulation und das Überfahren aller Rotlichter hast du uns einen Schaden von rund fünfzig Millionen verursacht, du kannst doch nicht erwarten, dass wir das auch noch vergolden.«
    »Doch«, sagte Gygax, »oder wollt ihr etwa unseren geschätzten Kunden sagen, dass in dieser Bank einfach mal so fünfzig Tonnen ihres Vermögens in die Luft geblasen wurden? Ohne dass es jemand gemerkt hat? Wisst ihr, wie viele der geschätzten Kunden dann fluchtartig die Bank verlassen würden? Die fünfzig Tonnen habt ihr doch schon still und leise wieder aufgefüllt, jetzt müsst ihr nur noch mich ruhigstellen, und alle sind fröhlich und zufrieden.«
    »Wir könnten dich auch
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