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Banditenliebe

Banditenliebe

Titel: Banditenliebe
Autoren: Massimo Carlotto
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Morgen weckte mich Ramzi, ein Illegaler aus Mali, der bei uns putzte. Ein braver Mann, der sich noch von dem Schrecken erholen musste, nach seiner langen Irrfahrt in ein so gastfreundliches Land geraten zu sein wie unseres. Mit fünfzig so ein Abenteuer zu bestehen, ist der reinste Irrsinn. Er hatte sich dabei Kurzatmigkeit eingehandelt und ein Pfeifen aus der Tiefe der Lunge.
    In seinem stockenden Italienisch machte er mir begreiflich, dass vor der Tür des Winkels etwas lag, das ich unbedingt sehen musste. Ich zog mir den Morgenmantel über den Pyjama und ging hinunter, um einen Blick darauf zu werfen.
    »Bist du so nett und weckst Max?«, bat ich Ramzi angesichts eines Gewirrs von Zündschnüren und Explosivkörpern.
    »Wenn du mich fragst, ist das ein Gruß von dem Typ mit dem Ring«, sagte ich kurz darauf zum Dicken.
    »Glaubst du, das kann hochgehen?«, fragte er, noch schlaftrunken. »Ich meine, stehen wir hier wie zwei Arschlöcher und schauen eine Bombe an, die uns gleich um die Ohren fliegt?«
    »Keine Ahnung«, antwortete ich. »Aber ich finde, es sieht irgendwie nicht gefährlich aus.«
    Ramzi meldete sich zu Wort. »Der Zünder fehlt«, sagte er auf Französisch.
    Max La Memoria übersetzte und fragte ihn, woher er das so genau wisse. Auf diese Weise erfuhren wir, dass es in Mali eine Armee gab.
    »Ruf den alten Rossini an«, empfahl mir der Dicke und ging wieder schlafen.
    Vorhersehbares Drehbuch: Am selben Abend tauchte der Typ wieder auf. Er setzte sich auf denselben Stuhl. Diesmal war ich allerdings nicht allein. Max zu meiner Rechten, Rossini zur Linken.
    »Die Antwort ist noch immer nein«, erklärte ich sofort.
    Er beachtete meine Worte nicht, sondern nickte meinen Partnern zu, zog einen weiteren Umschlag mit Geldscheinen hervor und schob ihn ostentativ langsam in die Mitte des Tischs.
    »Dynamit und Zaster«, kommentierte der Dicke. »Soll das deine Strategie sein, um uns zu überreden, für dich zu arbeiten?«
    Der Typ nickte zufrieden. »Ich habe es ein wenig eilig«, sagte er zu Beniamino. »Ich brauche rasche Ergebnisse.«
    Der alte Schmuggler sagte nichts, sondern schaute ihn nur zerstreut an.
    Ich holte den gestrigen Umschlag aus der Hintertasche meiner Jeans. »Jetzt geh und lass dich nicht mehr hier blicken.«
    »Das würde ich ja gern, aber es geht nicht«, sagte er gespielt bekümmert. »Der Ort hier gefällt mir nicht, ihr seid feindselig und unsympathisch, aber wie ihr sicher wisst, gibt es gewisse Hierarchien, und ich stehe nicht weit genug oben, als dass ich mir erlauben könnte, ohne Ergebnis zurückzukommen.«
    »Dann gib dir einen Schubs und frage selbst herum.«
    »Das hab ich versucht«, gab er seufzend zu, »aber ich kenne niemanden, und als ich ins Hotel zurückkam, war da ein Bulle in Zivil, der wollte tausend Euro, um mich in Ruhe zu lassen.«
    »Die Bullen sind auch nicht mehr, was sie mal waren.« Ich zündete mir eine Zigarette an. »So was von unbescheiden und anmaßend.«
    »Warum wollt ihr keine Vernunft annehmen?«
    »Weil wir dir nicht nützlich sein können«, lenkte Max ein. »Das sind nicht unsere Kreise, wir finden da nichts raus.«
    »Mir hat man das Gegenteil gesagt.«
    »Dann hast du dir Blödsinn erzählen lassen«, beharrte mein Partner.
    Der Typ spielte mit dem Ring, eine Marotte, die ich zum ersten Mal bemerkte. Er schien verärgert. Dann ließ er den Zeigefinger in der Luft kreisen. »Es ist gar nicht so schwer, einen Zünder zu besorgen …«
    Falls er den Satz beenden wollte, Rossini ließ ihn nicht dazu kommen. Er sprang auf, packte den Thonetstuhl aus Buchenholz, auf dem er saß, und zerschmetterte ihn auf dem Rücken des Typs, der sich schreiend davonmachte.
    Die Stille im Lokal ließ sich mit dem Messer schneiden. Die verblüfften, besorgten Gesichter der Gäste zeigten deutlich genug, dass der Vorfall nicht unbemerkt geblieben war.
    Max stand auf. »Wir bitten um Entschuldigung«, verkündete er feierlich, »das war nur eine Auseinandersetzung unter Rivalen in der Liebe. Kurz, nichts Schlimmes.«
    Eine Frauenstimme ließ sich aus dem Hintergrund hören: »He, Max, wenn wir so ein Märchen glauben sollen, musst du uns eine Runde spendieren.«
    Ich wechselte einen Blick mit meinem Partner. »Natürlich«, sagte er laut. »Und die nächste Runde geht auch aufs Haus.«
    Zwischen den begeisterten Rufen der Gäste war dieselbe Stimme zu hören: »Du bist ein Gentleman, Max. Dann streichen wir den Vorfall aus unserem Gedächtnis.«
    Allgemeines Lachen,
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