Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Banditenliebe

Banditenliebe

Titel: Banditenliebe
Autoren: Massimo Carlotto
Vom Netzwerk:
einen Kuss, um aufzuwachen?«
    »In welchem Märchen sind wir denn?«
    Er schüttelte den Kopf. »Ich engagiere dich für Ermittlungen nach dem Rauschgift, das sie im Rechtsmedizinischen Institut gestohlen haben.«
    »Da bist du an der falschen Adresse.«
    Dasselbe Lächeln. Der Typ hatte keine Fantasie. »Du und die beiden anderen, die mit dir arbeiten, fragt euch durch, bis ihr wisst, wer den Haufen Stoff beiseitegeschafft hat. Natürlich werdet ihr gut bezahlt.«
    Aus der Innentasche seiner Jacke zog er den üblichen Umschlag und warf ihn mitten auf den Tisch. Ich bedachte ihn nur mit einem zerstreuten Blick.
    »Ich sag doch, du bist an der falschen Adresse.«
    »Ich weiß alles über dich. Du bist der richtige Mann.«
    »Dann solltest du wissen, dass ich nichts mit Drogen mache.«
    »Diesmal machst du eben eine Ausnahme.«
    »Warum sollte ich?«
    »Weil man einen guten Job nicht ablehnt«, antwortete er. »Vor allem, wenn der Auftraggeber sauer werden könnte.«
    »Ich verblute innerlich vor Angst«, flüsterte ich.
    »Du glaubst mir nicht, was?«, fragte er enttäuscht.
    »Das ist nicht das Problem. Wie auch immer, ich arbeite nicht für dich. Begreifst du das nicht?«
    Er stand auf. »Ich melde mich wieder.«
    Als er sich umdrehte, erinnerte ich ihn an den Umschlag.
    »Keine Eile«, meinte er. »Wir sehen uns bald wieder.«
    Ich sah ihm nach. Er drehte sich nicht mehr um. Sicherer, elastischer Schritt. Der gefährlichste aller Desperados, die mich in der letzten Zeit für die Suche nach dem Schatz hatten engagieren wollen, der aus dem gepanzerten Raum im Keller des Rechtsmedizinischen Instituts verschwunden war. Meine Antwort war für alle dieselbe gewesen. Ich machte nichts mit Drogen, in keiner Form. Manchmal drehte ich mir einen ordentlichen Joint. Das war’s. Die Welt des Drogenhandels ist verfault, in jedem Sinne. Es ist eine Frage des gesunden Menschenverstands, die Finger davon zu lassen. Und der Fall hier stank gen Himmel, man brauchte nur zu lesen, was in der Zeitung stand.
    In der Nacht vom 16. auf den 17. März war jemand in das Institut eingedrungen, hatte den Sicherheitscode der mit einem Security-Dienst verbundenen Panzertür eingegeben, den Schlüssel in das gerade vor einer Woche ausgetauschte Schloss gesteckt und einen halben Zentner Heroin, Koks und diverse Pillen abgeschleppt; die hundertsiebenundzwanzig Kilo bestes Hasch hatte er keines Blickes gewürdigt.
    Der Raub hatte im ehrbaren Padua für viel Lärm gesorgt. Manche fragten sich, wieso eine derartige Menge Rauschgift in der Rechtsmedizin gelagert wurde, wo doch für die rituellen Analysen ein paar Gramm genügten. Gab es denn keinen sicheren Ort in dieser Stadt?
    Der Grund wurde nach den ersten beiden parlamentarischen Anfragen bekannt: Normalerweise wurde gemäß einer »Anti-Versuchungsmaßnahme« verfahren; die Ordnungskräfte brachten ein paar Gramm ins Rechtsmedizinische Institut, der Rest wanderte nach einigen Tagen in den nächsten Verbrennungsofen.
    In diesem Fall hatten die Ermittlungen kein konkretes Ergebnis erbracht. Freilich, wer über den Code und die Schlüssel verfügt, wähnt sich in Sicherheit und geht so gut wie kein Risiko ein. Es gab die üblichen sinnlosen nächtlichen Verhöre und Nachrichten über angeblich »unmittelbar bevorstehende Verhaftungen«, doch das war nichts als heiße Luft, um die Gerüchteküche zu befriedigen.
    Als Nebenwirkung lockte der Raub eine Handvoll Desperados an, wie Rossini sie getauft hatte, die sich nun alle auf die Schatzsuche begaben. Halbweltler der Region, die sich dafür interessierten, was passiert war, und die diesen Schatz in die Finger kriegen oder mit den offenbar sehr kenntnisreichen Verantwortlichen in Kontakt kommen wollten, da diese sich so gut auszukennen schienen.
    Der Nordosten war ein reicher, blühender Markt, aber die Konkurrenz war gnadenlos, und alle spielten ein schmutziges Spiel auf allerlei Tischen. Der Lieblingssport bestand darin, rivalisierende Banden an die armen Bullen zu verkaufen, die immer nach konkreten Ergebnissen trachteten, denn sogar die Analysen des Abwassers verrieten einen enormen Gebrauch an Rauschmitteln, vor allem an Kokain. Eine belebende Nase voll vor der Arbeit und eine danach und zum Vergnügen am Wochenende noch eine extra. Sonst nichts als Mühe und Langeweile.
    In der Hoffnung, dass der Typ mit dem dicken Ring der Letzte war, der wegen der Sache aufkreuzte, legte ich die Episode zu den Akten. Aber nur kurz. Gegen zehn Uhr am nächsten
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher