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Banditenliebe

Banditenliebe

Titel: Banditenliebe
Autoren: Massimo Carlotto
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Dingen. Er war ein Virtuose mit Pfannen und Töpfen, hatte aber nie die Regionalküche überwunden, in der er sich hervorragend auskannte. Ich mache mir nicht viel aus Essen, aber im Lauf der Jahre war das doch ein wenig eintönig.
    Ehrlich gesagt hoffte ich mittlerweile doch, dass sein Horizont irgendwann mal über die Rezepte des Nordostens hinausgehen würde.
    Er öffnete eine Flasche Roten aus den Berischen Hügeln, und wir tranken ein Glas, während die Nudeln kochten.
    »Ich habe für morgen Abend jemanden zum Essen eingeladen«, teilte er mir mit.
    »Keine Sorge, ich bleibe weg«, beruhigte ich ihn, dann fragte ich: »Schon wieder so eine verdrehte Seelenklempnerin wie die letzten drei?«
    »Nein, von der Sorte hab ich genug«, antwortete er genervt. »Eine arme Lehrerin, glühende Basisgruppen-Gewerkschafterin, geschieden, keine Kinder.«
    »Hübsch?«
    »Nicht nur das«, frohlockte er. »Sie raucht und trinkt, sie macht keinen kreativen Volkshochschulkurs und geht auch nicht ins Scheiß-Sportstudio.«
    »Gutes Zeichen«, bemerkte ich und spürte das Bedürfnis, das Thema zu wechseln.
    Virna, meine Freundin, hatte mich verlassen. Sie fand, sie sei es müde, sich immerzu über dieselben Sachen beschweren zu müssen, ich würde mich einfach nicht ändern, und dann hatte sie ein paar Bemerkungen gemacht, die mich wirklich trafen. Das war jetzt ein paar Monate her, ich fühlte mich einsam und geschlagen. Und traurig.
    »Die Welt ist voll von Frauen. Zahlenmäßig sind sie den Männern überlegen«, das war Max’ einziger Kommentar gewesen; er hatte schon immer vorhergesehen, dass es mit Virna und mir so enden würde.
    Aber ich wollte nicht irgendeine Frau, ich wollte sie. Mit meinen siebenundvierzig Jahren hatte ich nicht die geringste Lust, auf die Suche zu gehen und Zeit mit irgendwelchen Flirts zu vergeuden. Das dachte ich in dem Moment, denn ich wusste noch nicht, dass diese Nacht mein Leben von Grund auf ändern würde. Das Schicksal hatte damit nichts zu tun, sondern die Vergangenheit suchte mich mit zerstörerischer Kraft heim: es standen noch ein paar alte Rechnungen offen.
    Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht an den Moment ein paar Stunden später denke, als die Tür aufging und Beniamino Rossini hereinkam. Ich wusste sofort, dass etwas Schlimmes passiert war. Er war blass; mit verkrampften Kiefern und starren Bewegungen ließ er sich auf den Stuhl neben meinem fallen. Max La Memoria, dem der verstörte Gesichtsausdruck unseres Freundes aufgefallen war, trat zu uns.
    Rossini hob die Faust auf die Höhe seines Gesichts und ließ sie auf den Tisch krachen, was kurz die Aufmerksamkeit der anderen Gäste erregte. Dann drehte er langsam die Hand um und öffnete sie. Max und ich wechselten einen Blick. Wir hatten sofort den Ring erkannt. Wirklich das Letzte, worauf wir gefasst gewesen wären.
    »Wo hast du ihn gefunden?«
    »In Sylvies Auto«, flüsterte er. »Unterm Sitz.«
    Mir gefror das Blut in den Adern. Im Juni 2004 hatte ich selbst diesen Ring an genau derselben Stelle in einem anderen Wagen hinterlassen – als Todesnachricht.
    »Und Sylvie?«
    »Verschwunden.«
    Wir waren alle drei sicher, dass sie tot war, denn auch der Mann, dem der Ring gehört hatte, war umgebracht und sein Leichnam am Rand einer Autobahnbaustelle verscharrt worden. Das Schmuckstück in einem Auto zu hinterlegen, war eine an seine Bande gerichtete Todesanzeige. Gangsterhöflichkeit alter Schule.
    Max kippte seinen Grappa auf einen Zug. »Aber warum sich an Sylvie vergreifen?«
    Rossini ließ das Feuerzeug klicken und führte die Flamme an die Zigarette. »Vielleicht haben sie beschlossen, sich zu vergnügen, und fangen mit ihr an, um uns zu sagen, dass sie sich in aller Ruhe einen nach dem anderen von uns vornehmen wollen.«
    »Oder sie wollen den Leichnam des Besitzers haben«, warf der Dicke ein.
    Sinnlose Worte. »Jetzt beruhigen wir uns erst mal«, stotterte ich. »Wir sind ja völlig neben der Spur.«
    »Du hast gut reden«, knurrte Rossini. »Die haben heute meine Frau umgebracht.«
    »Das ist nicht gesagt«, flüsterte ich wenig überzeugt.
    »Ich habe verbreiten lassen, dass ich etwas Kostbares suche«, sagte Beniamino. »Sämtliche Schmuggler zur See oder auf dem Land wissen das schon, sämtliche Dealer oder Mafiosi egal welcher Nationalität. Mehr kann ich nicht tun.«
    Der alte Rossini war am Boden zerstört, seine Stimme rauh vor Erregung. Ich hob den Finger, um den neuen pakistanischen Kellner zu rufen. Seinen
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