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Banditenliebe

Banditenliebe

Titel: Banditenliebe
Autoren: Massimo Carlotto
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von denen, die den Spritz in Literkrügen verkaufen und wo sämtliche Gäste draußen stehen, den Plastikbecher in der einen Hand, die Zigarette in der anderen. Das Rauchverbot sorgte nicht nur dafür, dass die Lokale trister wurden und die Gäste gesünder, sondern auch für eine Invasion der Straßen und Plätze. Mehr als nur einer in der Stadt fand, diese neue Modeerscheinung verdiene Diskussionen, Anträge im Stadtrat und allerlei Ergüsse in den Lokalzeitungen. Die Krise war noch fern, doch es war schon klar, dass alles vor die Hunde ging. Zeit und Energie für die oberflächlichsten Themen zu verschwenden, war bereits zum Nationalsport geworden.
    Die Frau, mit der ich hier verabredet war, kam abgehetzt an. Sie fürchtete, sich verspätet zu haben, und in der Tat war sie gut zehn Minuten überfällig. Nun kannte sie mich noch nicht und wusste nicht, wie dehnbar mein Begriff von Pünktlichkeit ist. Sie drehte sich um sich selbst auf der Suche nach mir, und ich winkte ihr.
    »Marco Buratti?«, fragte sie zögernd.
    Ich nickte. »Etwas zu trinken?«
    Sie schüttelte den Kopf. Ich zuckte mit den Schultern und nahm einen Schluck Spritz. Prosecco, Campari, Sodawasser, ein Schuss Cynar, eine Orangenscheibe, Eis: So trank ich ihn. Es gab zahllose Varianten, mit denen mittlerweile auch die Chinesen vertraut waren, die seit einiger Zeit die Bars von Padua aufkauften.
    Ich ließ ihr Gelegenheit, mich in aller Ruhe zu betrachten, während ich mir eine Zigarette anzündete.
    »Insgesamt sehen Sie nicht sehr vertrauenerweckend aus«, lautete ihr Urteil. »Vielleicht hätte ich mich auf das Treffen doch nicht einlassen sollen.«
    Ich grinste, um ihr zu bedeuten, dass sie sich jeden Snobismus sparen konnte. Ich nickte zu den Cowboystiefeln, die aus meinen Jeans herausschauten, und legte die Hand auf meine alte Lederjacke. »Das ist wohl nicht der richtige Look?«, fragte ich.
    Sie versuchte es mit einem schüchternen Gegenangriff: »Alle anderen Privatdetektive haben halbseitige Anzeigen in den Gelben Seiten, aber … Ihr Name steht nicht mal im Telefonbuch.«
    »Kein Wunder – eine Lizenz habe ich ja auch nicht.«
    Verblüfft sperrte sie den Mund auf. »Das heißt, Sie wollen mich erpressen?«
    Mir riss der Geduldsfaden. »Ich will deinen Arsch retten, Hübsche«, zischte ich hart. »Ich hab’s dir doch am Telefon gesagt, der Anwalt deines Mannes hat mich engagiert, weil der denkt, dass du mit seinem Geschäftspartner ins Bett gehst.«
    »Das stimmt nicht!« Fast schrie sie.
    »Das weiß ich wohl. In Wirklichkeit vögelst du mit einem Ingenieur, den du aus dem Sportstudio kennst.«
    »Haben Sie das schon meinem Mann erzählt?«
    »Nein.«
    Ihr Erleichterungsseufzer war wahrscheinlich der lauteste in ihren neununddreißig Jahren. »Und haben Sie das vor?«
    Ich tat so, als wollte ich die Spannung steigern, indem ich erst einmal das Glas ansetzte. In Wahrheit plante ich nicht, sie zu verraten.
    Früher hätte ich das getan. Der Kunde war heilig. Dann eines Tages wurde mir klar, dass die Welt der eifersüchtigen Eheleute nur für eines gut war, nämlich ihnen Geld abzuknöpfen, und dass Untreue letztlich eines der vielen Mittel zum Überleben war. Diese Erkenntnis verdanke ich einer Blondine aus Mestre, die mich dabei ertappt hatte, wie ich sie beschattete. Ihre Argumente und ihr Tonfall waren sehr überzeugend. »Auf der Arbeit nervt mich der Chef, meine Tochter braucht für mindestens zwei Jahre eine Zahnspange, und mein Mann ist in Ordnung, aber vielleicht war ich ein kleines bisschen voreilig, als ich dachte, das ist der Mann fürs Leben«, hatte sie in einem Atemzug gesagt. »Hier und da mal eine kleine Geschichte ohne Verpflichtungen, rein sexuell, das tut mir gut. Kapiert?« Ich hatte genickt und ihr ein paar Tricks verraten, damit sie dem Mann, dem sie Treue geschworen hatte, weiteren Verdacht ersparte.
    Ich warf den Plastikbecher in einen Abfallkorb. »Manche können es gar nicht erwarten, dass man ihnen auf die Schliche kommt, denn dann können sie alles zum Teufel schicken und ein neues Leben anfangen. Falls das bei Ihnen so ist, schicke ich diesem Anwalt ein paar Fotos«, erklärte ich der Frau, die vor mir stand. Ich spielte den Ehe-Experten, obwohl alle, die mich kennen, wissen, dass ich in Sachen Frauen völlig ahnungslos bin; mehr als ein Mal haben sie es mir auch ins Gesicht gesagt.
    »Aber wenn du die Sache am Laufen halten willst, dann solltest du besser aufpassen, besonders mit allem Technischen. SMS und
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