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Banditenliebe

Banditenliebe

Titel: Banditenliebe
Autoren: Massimo Carlotto
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Mails … das sind alles Teufeleien, dazu erfunden, die Leute zu kontrollieren.«
    »Ich möchte meinen Mann nicht verlassen«, flüsterte sie, den Tränen nah.
    Ich nahm mein Mobiltelefon zur Hand und rief den Anwalt an, der mich engagiert hatte. »Die Frau ist sauber«, sagte ich zu ihm. »Und der Geschäftspartner schläft mit der irischen Babysitterin von seinen Kindern. Er steht auf Jüngere.«
    »Danke …« Sie war gerührt.
    Ich drückte ihr die Hand, wünschte ihr gutes Gelingen und tauchte in die Menge der Kneipengäste ein. Über einen Platz erreichte ich eines der Gässchen des alten Ghettos und legte bei Albertos Amphore einen Halt ein, um noch was Prickelndes zu trinken. Dabei belauschte ich ein Gespräch über das letzte Rugbyspiel, dann ging ich nach Hause.
    Ich besaß damals selbst ein Lokal, gemeinsam mit einem Dicken, den alle Max La Memoria nannten, »das Gedächtnis«. Es lag gleich hinter der Stadtgrenze von Padua im Erdgeschoss eines jener alten großen Landhäuser, das wundersamerweise nicht abgerissen worden war, um diesen grässlichen Speichern Platz zu machen, die die Landschaft verschandelten. Unsere Gäste nannten es den Winkel, weil es so gemütlich war. Wir spielten gute Musik, und die Wandregale hinterm Tresen waren voll mit erstklassigen Spirituosen.
    Seit dem Tag der Eröffnung wurde es von Rudy Scanferla geführt, einem Kellner, den ich seit Ewigkeiten kannte. Er war ein Profi und arbeitete ordentlich für ein ebenso ordentliches Salär, das er regelmäßig selbst an die Inflation und den Lebenshaltungskostenindex anpasste.
    Auf einem Spiegel standen in roten Buchstaben ein paar Zeilen aus dem Song I Drink von der Göttin des Blues, Mary Gauthier. Übersetzt gehen sie so:
    Die Fische schwimmen
    die Vögel fliegen
    die Väter schimpfen
    die Mütter weinen
    die Liebenden gehen weg
    und ICH TRINKE .
    Das war die Philosophie des Lokals, und die Gäste befolgten sie strikt. Im Winkel durfte außerdem geraucht werden. Wir hatten ein gewisses Sümmchen investiert in diesen diskreten, wenn auch nicht normengerechten Ort, und allmonatlich steckten wir den Kontrolleuren ein paar knisternde Geldscheine zu. Heutzutage war es unmöglich, sämtliche Gesetze zu befolgen, und die einzige Möglichkeit weiterzuarbeiten, bestand darin, dass man zahlte. Andererseits standen die Leute Schlange, um zu den Ordnungshütern zu gehören: Das hatte mit Politik nichts zu tun, sondern garantierte ein gewisses Auskommen.
    Man muss aber sagen, dass sie mit uns nicht besonders streng waren; unser Laden warf nicht derart viel ab. Ein Schnapsladen für Leute mit dem richtigen Jazz- und Bluesgeschmack, nichts besonders Trendgemäßes.
    Max und mir gefiel es so. Seit Jahren saßen wir am selben Tisch auf denselben Stühlen und empfingen die Klienten, die der Dienste zweier Ex-Sträflinge und jetziger Privatermittler bedurften. Die Idee stammte von mir; mein Partner war erst später dazugestoßen. Unsere Wege hatten sich gekreuzt, als ich jemanden mit gutem Gedächtnis und einem Sinn für Papierkram brauchte. Und dann waren wir zusammengeblieben. Ich hatte ihm die Hälfte des Lokals und eine der beiden Wohnungen im ersten Stock überschrieben.
    Allerdings nicht nur aus Freundschaft oder Großzügigkeit. Ich hatte mit seiner Frau geschlafen, sie war sogar in meinen Armen gestorben, durchsiebt von den Kugeln der Killer der Brenta-Mafia. Einer der vielen Gründe für schlechtes Gewissen, die ich angesammelt hatte und nicht mehr loswurde.
    Eigentlich waren wir kein Duo, sondern ein Trio. Der Dritte war ein Schmuggler und Räuber, der auf die sechzig zuging. Ich kannte ihn aus dem Gefängnis und hatte ihm das Leben gerettet. Er hatte mir den Gefallen wer weiß wie oft vergolten. Sein Name war Beniamino Rossini, genannt Il Vecchio Rossini, der Alte, zur Unterscheidung von seinen vielen Geschwistern. Besser, ihn zum Freund zu haben. Als Gegner konnte er die Pest sein.
    Der Winkel würde erst um zweiundzwanzig Uhr aufmachen. Ich klopfte an die Tür des Dicken.
    »Ich wette, du willst ein Abendessen abstauben«, grummelte er mit gespieltem Verdruss.
    »Mir reicht auch ein Toast«, sagte ich, um ihn zu provozieren.
    »Dann bist du hier falsch.«
    Ich folgte ihm in die Küche.
    »Heute Abend gibt es Bigoli mit Entenragout«, ließ er mich wissen und griff nach einem Topf. »Alles streng bio«, fügte er hinzu und kostete den Sugo.
    Eine der Merkwürdigkeiten an meinem Partner war seine geringe Flexibilität in gastronomischen
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