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Bamberger Verrat

Bamberger Verrat

Titel: Bamberger Verrat
Autoren: Anna Degen
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geliebten Erbstück zu trennen. So hatte sie es als Büro behalten, ihr » B üro für U ntersuchungen in der De nkmalpflege«. Leider war in dieser » BUDE « bei Weitem nicht so viel Arbeit angefallen, wie sie sich das gewünscht hätte. Ursprünglich hatten Benno und sie überlegt, zusammen hier zu wohnen. Aber für zwei Personen war das Haus auf Dauer wirklich zu klein. So war sie vor einem Jahr in Bennos große Wohnung am Stadtrand gezogen, und sie hatten nur hin und wieder hier übernachtet, wenn sie zu viel getrunken hatten bei einem Besuch in der Stadt, zu viel, um noch mit dem Wagen nach Bamberg-Ost zurückzufahren.
    Die leeren Pflanzkübel im Hof starrten trostlos vor sich hin. Die Katze des Nachbarn drückte sich an der Hausmauer entlang, wo es wegen des vorspringenden Mansardendachs etwas weniger nass war, und verschwand rechts um die Hausecke herum hinunter zum Fluss, wo sie sich wahrscheinlich in dem Gewölbe vor ihrer Kellertür ein trockenes Plätzchen suchte.
    Hanna drehte als Erstes die Heizung hoch und öffnete, um kurz zu lüften, die Balkontür im Wohnzimmer. Das war ihr Lieblingsblick – über die Regnitz hinauf zum überwältigenden Wunderwerk des Doms. Aber auch dieser Blick stimmte sie heute trübsinnig. Die diffuse Düsternis des grauen Regenmorgens trübte die Farben wie auf einer alten Fotografie, die Regnitz führte zu viel stumpfbraunes Wasser, und selbst der Dom schien nur ein riesiger Haufen grauer Steine, aus dem die vier spitzen Türme wie drohende Finger ragten. Hanna schloss die Flügel der Tür, warf ihren Mantel über den nächsten Stuhl und fror.
    Was hätte sie jetzt für einen Kaminofen gegeben! Aber das war in der dicht bebauten Bamberger Innenstadt nicht erlaubt. Also steckte sie die Hände unter die Achseln, hüpfte ein bisschen im Zimmer umher und sagte sich, dass sie jetzt frei sei, wunderbar frei. Keine Regeln mehr, keine Planungen schon am Montag für das folgende Wochenende, kein »Aber das haben wir doch so besprochen«. Und keine Anrufe mehr: »Wo bist du, was machst du, wann kommst du?«
    Sie würde ihm einen Brief schreiben, und natürlich würde eine Aussprache unvermeidlich … aber darüber wollte sie jetzt nicht nachdenken. Sie legte den Telefonhörer neben den Apparat und stellte ihr Handy auf lautlos. Heute Abend würde sie endlich mal wieder was Cooles unternehmen, zum Beispiel in den Morph Club, abtanzen, vielleicht ging Anita mit oder Angelika oder Rolf, und vorher Essen beim Kubaner oder Kino und dann einfach Sandstraße … Ach, waren das schöne Aussichten!
    Eigentlich hätte sie sich jetzt unbedingt an den Schreibtisch setzen müssen, um das Seminar für morgen vorzubereiten. Sie hatte einen Lehrauftrag an der Uni, im Fachbereich Denkmalpflege, und das war eindeutig der schlechtestbezahlte Job der Welt, auch wenn die Vergütung seit der Einführung der Studiengebühren etwas besser geworden war. Siebenhundertfünfzig Euro für ein ganzes Semester, zwei Stunden die Woche, und dazu kam noch ein Vielfaches für die Vorbereitung der Stunden und die Korrekturen der Referate der Studenten. Sie tat es nur, um mit der »Denkmal-Szene« in Kontakt zu bleiben und sich bei Bewerbungen als Mitglied der Universität vorstellen zu können.
    Aber ihre Lust auf Schreibtisch lag weit unter der Temperatur, die im Zimmer herrschte. Und außerdem verspürte sie plötzlich den seltenen Drang, aufzuräumen. Der Geruch nach Staub und Unbehaustheit machte sie nervös. Sie begann mit der Küche, steckte das seit Wochen herumstehende Geschirr in die Spülmaschine, setzte Teewasser auf, putzte den Herd. Im Schlafzimmer im Oberstock unter dem Dach bezog sie das Bett neu und hängte die herumliegenden Kleidungsstücke, die sie hier für Notfälle zurückgelassen hatte, in den Schrank. Irgendwann würde sie zu Bennos Wohnung fahren müssen, um ihre Sachen zu holen; doch das hatte Zeit. Dann nahm sie sich das Wohnzimmer vor, das, abgesehen von der winzigen Küche, die ganze Grundfläche des Häuschens einnahm und gleichzeitig ihr Büro und Arbeitsplatz war. Überall lagen Stapel von Büchern und Zeitschriften, auf dem Boden mit seinen breiten alten Dielen, auf dem Sofa und den Sesseln und dem Couchtisch davor, nicht zu reden von den überquellenden Bücherregalen und dem ovalen
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