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Baltasar und andere Begegnungen und Geschichten aus Ecuador

Baltasar und andere Begegnungen und Geschichten aus Ecuador

Titel: Baltasar und andere Begegnungen und Geschichten aus Ecuador
Autoren: Birte Jeß , Ingo Schmitz
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Ochsengespann
    D a waren sie wieder, die alten Steine vergangener Zeit. Die bekannteste archäologische Ausgrabungsstätte der Inkakultur in Ecuador liegt nördlich von Cuenca in dem Ort Ingapirca. Die Fahrt von Tambo nach Ingapirca war wieder einmal anders als erwartet. Verwirrend lustig! Dabei sollten wir uns an einigen Ecken dieses Kontinents eigentlich das Denken abgewöhnt haben und nur noch nach dem Bauchgefühl handeln oder in diesem Fall fahren.
    Wegp feile zeigten nach rechts, meinten aber geradeaus. Am neu gebauten Bahnhof in Tambo zeigten Pfeile im frischen modernen Design in Richtung Ingapirca. Sie waren jedoch eine Spur zu kreativ, so dass die Pfeile letztendlich in alle Himmelsrichtungen hätten zeigen können. Aber bekanntlich führten ja alle Wege nach Rom. Auch eine interessante Stadt, aber leider nicht unser Zielpunkt.
    Der Weg zu r wichtigsten Ausgrabungsstätte Ecuadors sah, ähnlich wie der in den Cotopaxi Nationalpark, unerwartet verlottert aus. Die archäologische und damit auch touristische Bedeutung hatte sich wohl nicht bis in die Regierungskreise herumgesprochen. Die Touristen holperten also durch tiefe Schlaglöcher und an hohen Bauschutt- und Müllhaufen vorbei. Am Ende der Straße überraschte uns jedoch eine großartige Ausgrabungsstätte, die schon von außen die gesamte Anlage überblicken ließ. Lamas grasten mit ihren flauschigen, zimtfarbenen Jungen als dankbares Fotomotiv vor dem Sonnentempel. Sie waren nicht nur schön anzuschauen, sondern auch als Rasenmäher und Düngerstreuer ungemein nützlich.
     
    Im 15.Jahrhundert waren die Inkas von Süden her einmarschiert, wollten die hier lebenden »Cañaris« unterwerfen, ihr Land erobern und siegreich weiter in den Norden vordringen. Das Leben war damals aber schon kein Wunschkonzert. Die Anlage von Ingapirca zeigte den Kompromiss, sozusagen den halben Sieg der Inkas. Denn die Inkas errichteten zwar viele neue Bauten, aber schlossen die Cañaris mit ihren eigenen ein. Notgedrungen. Eine geteilte und aus zwei Kulturen bestehende Ausgrabungsstätte war dadurch sichtbar.
    Auf die damaligen Bauherren konnten die zeitgenössischen Ecuadorianer neidisch sein. Die Inkas bauten fugenlose Wände aus polierten Steinen. Nicht der zarteste Windhauch fand den Weg durch die Fugen. Die alten Inkas bearbeiteten die Steine so präzise, so gründlich, dass die Wände mörtellos bis in die Gegenwart Erdbeben standhielten. Bis heute ein ungeklärtes Rätsel, welches die Wissenschaft beschäftigt.
    Und dann führt e uns der Weg nicht nur zur Ausgrabungsstätte, sondern auch zu einer Hobby-Archäologin älteren Semesters. Auf dem Weg zur »Cara del Inca« – ein Fels, der einem Gesicht ähnelte – begegnete uns auf dem kleinen einsamen Trampelpfad diese ältere Indigena. Sie sprach uns an, ob wir antike Amulette oder andere Originale sehen wollten. Selbstverständlich wollten wir und folgten ihr.
    In einer kleinen, staubigen Bretterbude sahen wir beim Eintreten alte Tonscherben neben Getränkeflaschen in einem schäbigen Regal herumliegen. Während wir skeptisch und vor allem amüsiert im Raum stehenblieben, nahm Sie eine zerknitterte Pappschachtel in die Hände, öffnete diese und zeigte uns die darin liegenden Amulette. Danach machte sie die quietschenden Türen eines alten Holzschranks auf und reichte uns daraus zwei wunderschöne, rötliche Tonvasen. Die Art von Vasen, die wir aus dem Anthropologischen Museum in Quito wiederzuerkennen meinten. Die Ähnlichkeit war zumindest unbestritten.
    Die Frau ließ die Stille der Hütte wirken und nannte selbstbewusst den Preis der Vasen: 1.000 US$!
    Tausend hallte es in unseren Köpfen nach. Nein, wir hatten uns nicht verhört. Ihr Angebot fühlte sich in der schummrigen Umgebung an, als wenn einem in einer dunklen Ecke des Hamburger Hauptbahnhofs eine goldene Rolex angeboten wird. Mit dem großen Indianerehrenwort der Echtheit oder einem ehrlichen Erwerb und dann zum Schnäppchenpreis von 1.000 €. Natürlich ohne Zertifikat, ohne Quittung gegen Barzahlung.
    Der große Unterschied lag bei unserem gedanklichen Vergleich jedoch klar auf der Hand, denn die Ausgrabungsstätte befand sich inmitten des landwirtschaftlichen beackerten Gebiets. Und die Bauern pflügten noch traditionell mit Ochsen in Zeitlupentempo den Boden um. Es sollte also mit dem Teufel zugehen, wenn sie nicht im Laufe der Zeit alles Mögliche an wertvollen Dingen ausgruben, dann auch behielten und nicht an die Museen abgaben. Im korrupten
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