Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Baltasar Senner 03 - Busspredigt

Baltasar Senner 03 - Busspredigt

Titel: Baltasar Senner 03 - Busspredigt
Autoren: Wolf Schreiner
Vom Netzwerk:
hatte eine Idee, und während er zu Philipp fuhr, entwickelte sich aus der Idee eine Theorie, die alles erklärte und doch nur Spekulation war.
    Baltasar brauchte Gewissheit.
    Philipp wollte zuerst protestieren, aber nachdem Baltasar ihm seine Überlegungen ausgebreitet hatte, sahen sie gemeinsam die gesammelten Unterlagen nochmals durch.
    »Deine These ist nicht zu erschüttern«, sagte sein Freund schließlich. »Aber du hast keine Beweise.«
    »Das weiß ich«, meinte Baltasar. »Ich kann es nur mit einem Bluff versuchen. Bei Gott, ich hoffe, dass es funktioniert!«
    *
    Minutenlang hielt er den Hörer in der Hand, ohne sich zu rühren. Er versuchte, sich zu konzentrieren, betete, dass seine Aufführung glaubhaft würde, und bat den Allmächtigen im Voraus um Absolution für seinen kreativen Umgang mit der Wahrheit, der nun nötig sein würde.
    Alles hing davon ab, dass sein Gesprächspartner ihm glaubte.
    Baltasar wählte die Nummer. Das Freizeichen ertönte. Jemand meldete sich.
    »Hallo?«
    »Senner hier, hallo. Ich möchte etwas Persönliches mit Ihnen besprechen. Es geht um den Einbruch in Anton Grafs Haus.«
    Baltasar bemühte sich, seine Stimme freundlich klingen zu lassen, gerade so, wie man es von einem Priester erwartete.
    »Ich habe die Wertgegenstände im Beichtstuhl gefunden. Sie brauchen Sie nicht abzuholen.«
    »Von was reden Sie?« Es klang ungehalten. Einen Moment lang befürchtete Baltasar, dass das Gespräch abgebrochen würde.
    »Von Grafs Kunstgegenständen, die Sie im Beichtstuhl der Kirche deponiert haben. Das war ein klasse Versteck. Aber leider habe ich es entdeckt.«
    »Was soll der Unsinn?«
    »Hören Sie, damit wir uns nicht missverstehen, ich will Sie nicht der Polizei ausliefern, ganz und gar nicht. Deshalb rufe ich Sie auch privat an. Ich will mich nur mit Ihnen treffen und diese Angelegenheit aus der Welt schaffen.«
    »Sie verdächtigen mich des Diebstahls? Sind Sie nicht mehr ganz bei Trost, Herr Senner?«
    »Das ist kein Verdacht, sondern Gewissheit.« Baltasar atmete tief durch, bevor er weitersprach. »Ich habe gesehen, wie Sie das Diebesgut im Beichtstuhl verstaut haben.«
    Am anderen Ende der Leitung blieb es sekundenlang still.
    »Sind Sie noch dran?«, fragte Baltasar.
    »Sie … Sie phantasieren ja, Hochwürden. Ein Hirngespinst ist das, sonst nichts, und unverschämt ist es obendrein!«
    »Ich möchte Sie über etwas informieren, das Sie nicht wissen können: Wir haben in unserer Kirche seit einiger Zeit eine Überwachungskamera mit Bewegungssensor installiert. Auf der Aufzeichnung aus jener Nacht sind Sie klar zu erkennen, ein wenig dunkel das Bild, aber es sind doch eindeutig Sie.«
    »Sie gefallen mir, Hochwürden. Und diesen Schmarrn soll ich Ihnen abkaufen? Etwas Besseres haben Sie nicht auf Lager? Eine Überwachungskamera in der Kirche, dass ich nicht lache!«
    »Lachen Sie lieber nicht. Sie haben in der Zeitung bestimmt von den Opferstöcken gelesen, die ein Unbekannter reihenweise aufgebrochen hat. Außerdem ist in der Kirche ein sehr wertvoller Rosenkranz ausgestellt. Deshalb hat die Diözese angeordnet, dass wir eine Kamera einbauen.«
    »Und wo soll diese versteckte Kamera installiert sein?«
    »Sie ist gar nicht so versteckt, wenn man weiß, wo man suchen muss. Wenn Sie unsere Kirche betreten, sich umdrehen und dann nach oben schauen, sehen Sie über dem Portal eine geschnitzte Putte. Statt einer Fahne hält sie seit einiger Zeit eine kleine Videokamera im Arm. Ich zeige sie Ihnen, wenn Sie wollen, können Sie sofort herkommen.«
    »Sie können mich mal!« Die Stimme hatte an Schärfe zugenommen. »Was wollen Sie von mir, Hochwürden?«
    »Ich kann es gern noch mal wiederholen: Ich will die Angelegenheit privat regeln, wir beide unter uns, ohne Polizei. Ich gebe Ihnen als Priester mein Wort darauf. Schlagen Sie einen Treffpunkt vor, ich komme dorthin, und wir werden gemeinsam eine Lösung finden.«
    »Ich soll Ihnen trauen?«
    »Wem auf der Welt können Sie sonst trauen, außer einem Geistlichen? Mir liegt nichts an materiellen Dingen. Ich bin nur interessiert an der Wahrheit. Und dazu brauche ich Sie.«
    »Und wenn Sie mir eine Falle stellen? Wenn womöglich jemand dieses Telefonat mithört?«
    »Sie können mir glauben, dass dieses Gespräch nur zwischen Ihnen und mir stattfindet. Niemand hört mit.«
    Baltasar hielt einen Augenblick inne, bevor er weitersprach. »Außerdem glaube ich zu wissen, wo Sie die anderen Kunstgegenstände einstweilen untergestellt
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher