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Ballard, James G.

Ballard, James G.

Titel: Ballard, James G.
Autoren: Welt in Flammen
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toten Fische und Vögel mit gerunzelter Stirn. Dann stand sie
wieder auf und ging zu Ransoms Boot hinüber. Sie zeigte auf einen alten Eimer,
der neben der Kabinentür hing. »Darf ich ihn einen Augenblick haben?«
    Ransom gab ihr den Eimer und sah dann
zu, wie sie ihn von der Gangway aus zu füllen versuchte. »Haben Sie denn kein
Wasser mehr?«
    »Doch, etwas Trinkwasser. Es ist so
heiß, ich wollte eigentlich baden.« Sie zog den Eimer herauf und schüttete dann
die dunkle Flüssigkeit, die er enthielt, sorgfältig in den Fluß zurück. Die
Innenseite des Eimers war mit einem öligen Film überzogen. Die junge Frau
sagte, ohne dabei den Kopf zu drehen: »Ich dachte, Sie seien bereits fort,
Doktor. In Richtung Küste – wie alle anderen.«
    Ransom schüttelte den Kopf. »Ich habe
eine Woche lang auf dem See gesegelt.« Er wies auf die dampfenden
Schlammflächen jenseits der Flußmündung. »Wahrscheinlich kann man dort bald zu
Fuß gehen. Wollen Sie weiter hierbleiben?«
    »Vielleicht.« Sie beobachtete ein
Fischerboot, das in den Fluß einfuhr und langsam an ihnen vorübertuckerte. Zwei
Männer standen am Bug und sahen zu den verlassenen Kais hinüber; unter dem
Sonnensegel im Heck saßen weitere drei Männer, die Ransom und Catherine Austen
mit verkniffenen Gesichtern anstarrten. Die leeren Netze lagen mittschiffs,
aber die Längsseiten des Bootes waren auf ungewöhnliche Weise verziert, denn
auf jeder Ruderdolle steckte ein riesiger Karpfen, dessen Kopf nach draußen
aufs Wasser zeigte. Die silbernen Körper der sechs Fische wirkten wie seltsame
Wächter zu beiden Seiten des kleinen Bootes. Ransom nahm an, die Leute stammten
aus einem der Fischerdörfer in den Marschen und seien hierhergekommen, weil der
See dort bereits völlig ausgetrocknet war, während der Fluß bei Mount Royal
noch etwas Wasser führte. Trotzdem verstand er nicht, was die Fische zu
bedeuten hatten. Vielleicht waren sie nur eine Art rudimentäres Totem, ein
Ausdruck des Vertrauens der Fischer in die Unzerstörbarkeit ihrer Existenz.
    Catherine Austen berührte lächelnd
seinen Arm. »Haben Sie ihre Gesichter gesehen, Doktor? Die Leute glauben, daß
Sie für die ganze Misere verantwortlich sind.«
    »Wirklich?« Ransom zuckte mit den
Schultern. »Tut mir leid.« Er sah dem Boot nach, das langsam unter der Brücke
verschwand. »Arme Teufel, hoffentlich fangen sie an der Küste mehr.«
    Catherine schüttelte den Kopf. »Sie
fahren nicht von hier fort, Doktor. Wie kommen Sie darauf? Was haben die Fische
an beiden Seiten des Bootes Ihrer Meinung nach zu bedeuten?« Sie lächelte
nachdenklich. »Wir leben in einer interessanten Periode, finden Sie nicht auch?
Nichts bewegt sich, aber trotzdem geschieht so viel.«
    »Zu viel. Wir haben kaum noch
genügend Zeit, um auf Wassersuche zu gehen.«
    »Seien Sie doch nicht prosaisch.
Wasser ist unser kleinstes Problem.« Sie fügte hinzu: »Sie bleiben also
ebenfalls hier, Doktor?«
    »Wie kommen Sie darauf?« Ransom
beobachtete einen Lastwagen mit Anhänger, der eben über die Brücke fuhr.
»Eigentlich hatte ich vor, die Stadt in zwei oder drei Tagen zu verlassen.«
    »Tatsächlich?« Catherine warf einen
Blick auf den See. »Schon fast ausgetrocknet«, meinte sie nachdenklich. »Haben
Sie auch das Gefühl, Doktor, daß alles andere ebenfalls verdorrt und zu Staub
zerfällt, alle Erinnerungen und schalen Gemütsbewegungen?«
    Diese Frage mit ihrer ausgesprochen
ironischen Betonung überraschte Ransom; er starrte die junge Frau an, deren
kalte Augen seinen Blick gelassen erwiderten. »Soll ich das als Warnung
ansehen? Muß ich mir einen anderen Ankerplatz suchen?«
    »Keineswegs, Doktor«, antwortete
Catherine ruhig. »Ich brauche Sie hier.« Sie gab ihm den Eimer zurück. »Haben
Sie etwas Wasser übrig?«
    Ransom steckte die Hände in die
Hosentaschen. Die endlose Beschäftigung mit Wasser, die bei vielen fast zur
Besessenheit ausgeartet war, hatte auch in ihm bestimmte Reflexe erzeugt.
»Nein. Oder ist das ein Appell an mein Mitgefühl?«
    Catherine wartete noch einen
Augenblick, zuckte dann mit den Schultern und wandte sich ab. Sie griff nach
dem Eimer und füllte ihn nochmals.
    Ransom trat rasch einen Schritt vor,
hielt ihren Arm fest und zeigte auf die Straße hinter der Brücke. Dort parkte
jetzt ein Wohnwagen, aus dem vier oder fünf Erwachsene und ein halbes Dutzend
Kinder kletterten. Zwei der Männer schleppten die chemische Toilette des
Wohnwagens durch den tiefen Staub ans Ufer, entleerten
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