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Balla Balla

Balla Balla

Titel: Balla Balla
Autoren: Sobo Swobodnik
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Meister und Champions-League-Sieger und alles. Das will ich nicht, dachte Plotek und sah demonstrativ in die andere Richtung. Von dort wiederum kam eine Horde junger Menschen auf ihn zu. Ebenfalls identische Trainingsanzüge. Das waren die Spieler von der SpVg Altona-Nord. Genau vor Ploteks Bank vermischten sich die Spieler der beiden Clubs zu einem undurchschaubaren Chaos, um sich dann wieder voneinander zu lösen. Er segnete die Spielvereinigungs-Spieler, auf dass sie nicht abstiegen. Ob’s hilft? Man wird sehen, dachte Plotek: Schaden tut es auf jeden Fall nicht.
    Als er die gesegneten Spielvereinigungs-Spieler weitertraben sah und den Blick zurück auf die Alster lenkte, waren auch die HSV-Spieler weg. Dafür kam jetzt eine Frau angelaufen, der er auf keinen Fall begegnen wollte. Maike. Scheiße. Wieder hielt er die Zeitung vors Gesicht und spähte durch das Loch. Maike blieb stehen und fiel einer Frau um den Hals, die ihr entgegenkam. Das war Sieglinde. Wo kam die denn jetzt her, dachte Plotek und sah, wie die beiden Frauen sich küssten. Aber nicht so, wie man sich vielleicht küsst, wenn man sich trifft, freundschaftlich, Bussi, Bussi. Sondern voller Leidenschaft und so lange, dass Plotek hinter seiner Zeitung ganz rot wurde. Verdammt, dachte er, das sieht eindeutig so aus, als hätten die beiden mehr miteinander zu tun, als ihm lieb sein konnte. Ihm war diese homophile Begegnung der beiden Frauen einfach zu viel. Er stand auf, schlich sich, noch immer die Zeitung vor dem Gesicht, davon und steuerte direkt den Hamburger Hauptbahnhof an.
    Um 22 Uhr 05 fuhr der Nachtzug NZ 1489 nach München. Noch 23 Minuten Zeit, dachte Plotek. In diesem Moment hörte er, wie jemand laut und kreischend seinen Namen rief. Und noch einmal.
    »Plotek!!«
    Plotek erschrak. Er drehte sich um und sah die Stangelhuber Rosi ihm zuwinken. Ihr molliger Körper war in ein enges, glänzendes dunkelrotes Lackkleid gepresst. Irgendwie erinnerte sie an eine Wurst. Eine schwäbische Leberwurst. Plotek musste grinsen. Auf Rosis Arm saß ein kleiner Hund, der ihr ständig mit der schlabbrigen Zunge an der Hand herumschleckte.
    »Na, fährst nach Hause, was?«, fragte Rosi.
    Nicken von Plotek.
    »Und du?«
    »Auf die Ostalb.«
    »Was willst du denn da?«
    »Der Vergangenheit in die Augen schauen.«
    Ob das gut geht, dachte Plotek und an die verdrucksten Ostälbler und Rosis imposante Erscheinung. Das war wie Tag und Nacht, Feuer und Wasser – unmöglich.
    »Na, dann viel Spaß.«
    »Dir auch.«
    »Man sieht sich.«
    »Bestimmt.«
    »Vielleicht auf der Ostalb.«
    »Bestimmt nicht«, brummte Plotek.
    »Wer weiß?«
    »Weiß auch nichts.«
    Rosi lachte und Plotek lachte. Dann winkten sie einander zu.

20

    Das Lachen verging Plotek schnell. Denn bevor er in den Zug auf Gleis 14 steigen konnte, um nach München zu fahren, wurde er noch einmal aufgehalten. Und an der Hand genommen. Der Kriminalbeamte, dem Plotek bereits zweimal begegnet war, empfing ihn sehnsüchtig am Bahngleis, als ob er da auf ihn gewartet hätte. Hatte er wohl auch.
    »Sie sind verhaftet«, sagte er sichtlich gut gelaunt und sein schmalbrüstiger Assistent fügte ebenso gut gelaunt hinzu: »Verdacht auf Mord an Werner Sonne.« Als ob Mord ein Vergnügen wäre.
    »Wenny?«
    Der Kommissar nickte bestimmt. »Wir haben einen Zeugen, der Sie zur Tatzeit im Stadion gesehen hat«, erläuterte sein Assistent beflissen.
    Die beiden grinsten gleichzeitig, was so viel bedeutete wie »Alibi futsch«.
    Plotek dachte nach. Es dauerte nicht lange, da fiel ihm der Althippie ein, der grauschwänzige Denunziant, der Taxifahrer. Klar.
    Wenn es nicht so dramatisch gewesen wäre, hätte Plotek jetzt lachen können. Das Lachen aber verging ihm schnell, als sich kalte Handschellen mit einem fürchterlichen Geräusch um seine empfindlichen Handgelenke schlossen.
    »Gehen wir«, sagte der Hauptkommissar zu den beiden Uniformierten, die etwas abseits schon auf ihren Einsatz warteten. Er wurde zum Polizeiauto geführt und mit Blaulicht und Martinshorn, als wäre Plotek Al Capone, ab ins Polizeipräsidium gefahren.
    Man nahm ihm Gürtel und Schnürsenkel ab, brachte ihn in die Zelle und ließ ihn zwei Stunden lang schmoren. Dann kam er zum Verhör.
    »Also, dann packen Sie mal aus«, forderte der Hauptkommissar ihn noch immer bestens gelaunt auf. Er saß ganz lässig auf seinem Stuhl und schaltete das Kassettengerät an.
    Da Plotek aber lange Zeit nur schwieg, sagte der Kommissar schließlich nicht mehr
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