Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Balla Balla

Balla Balla

Titel: Balla Balla
Autoren: Sobo Swobodnik
Vom Netzwerk:
entschlossen und fast schon zweifelnd, als ob die Sau vielleicht gar nicht schwul, sondern bisexuell wäre, und beim dritten Krächzen war die Sau nicht mehr bi, sondern hetero. Und dann kam nichts mehr. Keine Sau mehr, ob nun schwul oder bi oder hetero, gar nichts. Der Papagei taumelte stattdessen auf seiner Stange hin und her, wippte nach vorne, dann zurück, fiel schließlich ohne einen Pieps von der Stange und landete neben dem Wasserschälchen.
    »Was ist denn mit dem los?«, fragte Maike, dem Käfig und dem abgestürzten Papagei zugewandt.
    Nichts ist mit dem, dachte Plotek, gar nichts. »Tot«, sagte er emotionslos.
    Dabei kam ihm der Dicke mit den Plüschpantoffeln in den Sinn.
    Maike erschrak, sprang vom Tisch auf und ging zum Käfig. »Stimmt«, sagte sie eher überrascht als betrübt.
    Auch Plotek stand jetzt auf, stellte sich ebenfalls vor den Käfig. Er sah das rötlich verfärbte Wasser im Schälchen. »Armer Vogel«, sagte er und dachte, endlich ist es hin, das blöde Viech.
    »Ja.«

    Während Maike frühstückte, entsorgte Plotek den Papagei im Mülleimer vor dem Haus und rauchte bei der Gelegenheit gleich seine Morgenzigarette, die eigentlich eine Mittagszigarette war. Als er zurückkam, fragte Maike noch immer auffällig gut gelaunt: »Hast du Lust, ins Theater mitzukommen?«
    Lust nicht, dachte Plotek, aber nichts Besseres vor.
    »Erste Hauptprobe von Schiller, ›Die Räuber‹«, sagte Maike. »Studenten dürfen kostenlos rein.«
    Bei ›Die Räuber‹ fiel Plotek unweigerlich ein, wie er am Städtebundtheater Landshut, irgendwann in den 90ern, Franz und Karl in Personalunion gespielt hatte.
    »Fort, falsche Schlange, du willst einen Rasenden höhnen, aber ich poche dem Tyrannen Verhängnis.« Grauenvoll!
    »Wenn du Lust hast, nehme ich dich mit.«
    Noch immer keine Lust, dachte Plotek, noch immer nichts Besseres zu tun.
    »Danach können wir in der Kantine essen.«
    Anstieg des Lustpotenzials.
    »Heute gibt es Schweinebraten mit Knödel und Blaukraut. «
    Bei dem Gedanken daran lief Plotek, trotz Magengrummeln und leichter Übelkeit, das Wasser im Munde zusammen.
    »Okay?«
    » Okay.«

    Sie fuhren um halb fünf mit dem Beetle zum Schauspielhaus gegenüber vom Hauptbahnhof. Parkplätze waren um diese Zeit so rar wie fliegende Illuminaten. »Ich fahr in die Parkgarage«, sagte Maike deshalb.
    Meinetwegen, dachte Plotek, zog an seiner Zigarette und sah zu, wie die Plastikblume am Armaturenbrett wackelte.
    Als sie in der Parkgarage waren und Maike den Beetle abgestellt hatte, drückte Plotek die Zigarette im Aschenbecher aus. Sie stiegen aus und gingen Richtung Aufzug. Aber dann kamen Plotek Zweifel. Hab ich jetzt die Zigarette ganz ausgedrückt oder nicht, fing er zu grübeln an. Vielleicht, vielleicht aber auch nicht.
    »Ich muss noch mal zurück zum Auto«, sagte er kurz entschlossen, »gibst du mir den Schlüssel?«
    Maike kramte in ihrer Handtasche, streckte ihm schließlich den Schlüssel hin und Plotek ging zurück.
    »Ich warte beim Aufzug«, rief ihm Maike noch hinterher.
    Zurück beim Auto schloss Plotek auf, beugte sich in den Wagen hinein und überprüfte den Aschenbecher – die Kippe war aus. Erleichtert wollte er sich wieder aufrichten. Aber vergiss es. Er spürte einen harten Schlag an der Schläfe und alles wurde dunkel. Zappenduster. Er sah nichts mehr, hörte nichts mehr und spürte auch nichts mehr. Blackout. Kurzzeitige Ohnmacht.
    Als Plotek die Augen wieder aufschlug, war es noch immer dunkel, dafür konnte er wieder hören. Er hörte das Geräusch eines Motors, das Geräusch eines Automotors, das Motorgeräusch eines Mercedes. Das ist ein 500er Mercedes, dachte Plotek und sein Schädel schmerzte, als würde der Wagen über seinen Kopf fahren. Und trotzdem brachte er noch einen weiteren Gedanken zustande. Das ist ein 500er Mercedes und ich liege in dessen Kofferraum. Jetzt erst merkte er, wie eng es war. Eine scheußliche klaustrophobische Angst kroch von der Fußsohle hinauf bis in sein Hirn, sodass die Schweißdrüsen auf Hochtouren arbeiteten und aus allen Poren kleine, freche Schweißperlen drängten. Plotek versuchte sich zu bewegen – aussichtslos. Es war nichts zu machen. Kein Millimeter. Er saß fest – wie eine Ölsardine in der Dose. Jetzt an etwas anderes denken, dachte er, das hilft manchmal. Ihm fiel aber nichts ein. Zuerst nicht, dann schon. Er dachte an Agnes und an die schönen Momente mit ihr, so lange, bis er eine mittelprächtige Erektion bekam. Jetzt
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher