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Ball der Vampire

Ball der Vampire

Titel: Ball der Vampire
Autoren: Charlaine Harris
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gar nichts passiert war. Doch ich nehme es sehr genau mit der Aufrichtigkeit mir selbst gegenüber. Ich wusste, dass irgendein Wesen da draußen im Wald gewesen war, und zwar etwas sehr viel Größeres und Furchterregenderes als bloß ein Waschbär.
    Ich hatte kaum die Nachttischlampe ausgeschaltet, da hörte ich es wieder, das Quaken der Frösche und das Sirren der Insekten. Und weil die vertrauten Geräusche der Nacht unvermindert anhielten, schlief ich schließlich ein.

       Kapitel 4
    Als ich am nächsten Morgen aufgestanden war, hämmerte ich sofort die Handynummer meines Bruders in die Telefontasten. Ich hatte keine richtig ruhige Nacht gehabt, aber immerhin ein bisschen Schlaf gefunden. Jason war schon nach dem zweiten Klingeln dran. Er klang etwas abgelenkt, als er »Hallo« sagte.
    »Hi, Bruderherz. Wie geht's dir?«
    »Hör mal, ich muss mit dir reden. Aber im Moment geht's grad nicht. Ich komm zu dir, in zwei Stunden ungefähr.« Ohne Abschiedsgruß legte er auf, und er hatte ziemlich beunruhigt geklungen. Na prima. Genau das brauchte ich, ein weiteres Problem.
    Ich sah auf die Uhr. Zwei Stunden, da blieb mir Zeit genug, mich anzuziehen, aufzuräumen und in die Stadt zum Einkaufen zu fahren. Jason würde um die Mittagszeit hier sein, und wenn ich ihn richtig einschätzte, erwartete er, dass ich ihm ein Mittagessen vorsetzte. Ich band mein Haar in einen Pferdeschwanz zurück und schlang das Gummiband noch ein zweites Mal darum herum, so dass eine Art Haarknoten entstand. Das lose Ende des Haarbüschels wippte bei jedem Schritt auf meinem Kopf. Auch wenn ich es mir selbst gegenüber nicht zugab, fand ich diese improvisierte Frisur witzig und irgendwie pfiffig.
    Es war einer dieser frischen, kühlen Märzmorgen, die einen warmen Nachmittag versprechen. Der Himmel war so blau und sonnig, dass ich gleich gute Laune bekam, und so fuhr ich bei offenem Fenster und laut die Songs im Radio mitsingend nach Bon Temps. An diesem Morgen hätte ich sogar bei Weird Al Yankovic mitgesungen.
    Ich fuhr an Waldstücken entlang, kam gelegentlich an einem Haus vorbei und dann an einer Wiese voller Kühe (auf der auch noch zwei Büffel standen; man weiß nie so genau, was die Leute eigentlich züchten wollen).
    Im Radio spielte gerade › Blue Hawaii ‹ , angekündigt als »Golden Oldie«, und ich fragte mich, wo Bubba wohl war - nein, kein weiterer Bruder von mir, sondern der Vampir, den inzwischen jeder nur noch als Bubba kennt. Ich hatte ihn seit drei oder vier Wochen nicht gesehen. Vielleicht hatten die Vampire von Louisiana ihn woanders versteckt oder vielleicht war er ausgebüxt, wie er es von Zeit zu Zeit gern tut. Dann stehen in den Zeitungen, die beim Supermarkt an der Kasse liegen, immer diese langen Artikel über ihn.
    Ich erlebte einen seligen Augenblick voll Glück und Zufriedenheit, und trotzdem kam mir eine dieser irrwitzigen Ideen in den Sinn, die einem oft in besonderen Momenten einfallen. Ich dachte: Wie schön wäre es doch, wenn Eric hier bei mir im Auto säße. Es würde so gut aussehen, wenn ihm der Fahrtwind die Haare zerzauste, und er würde diesen Augenblick auch genießen . Na ja, jedenfalls so lange, bis er völlig verbrutzelt war.
    Ich hatte wohl an Eric gedacht, weil es einer der Tage war, die man mit jemandem verbringen wollte, den man gernhatte und den man am liebsten um sich hatte. Dieser Jemand war für mich Eric - und zwar so wie er zu jener Zeit gewesen war, als er unter dem Fluch einer Hexe stand: der Eric, der nicht durch jahrhundertelange Vampirpolitik unerbittlich geworden war; der Eric, der die Menschen und ihre Angelegenheiten nicht verachtete; der Eric, der nicht die Verantwortung für ein Unternehmen und die dort beschäftigten Menschen und Vampire trug. Mit anderen Worten: der Eric, der er nie wieder sein würde.
    Ding dong, die Hex' war tot. Und leider war Eric völlig wiederhergestellt samt typischem Charakter. Und dieser Eric, der entzauberte Eric, war mir gegenüber vorsichtig, mochte mich und traute mir (oder seinen Gefühlen) keinen Zentimeter weit.
    Ich seufzte tief, und der Song erstarb mir auf den Lippen. Mein Herz wurde ganz schwer, bis ich mich endlich selbst ermahnte, mich nicht wie ein melancholischer Dummkopf aufzuführen. Ich war jung, ich war gesund, und es war ein wunderschöner Tag. Und Freitagabend hatte ich eine richtige Verabredung. Daher machte ich, anstatt direkt in den Supermarkt zu fahren, noch einen Abstecher zu Tara's Togs, der Boutique meiner
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