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Bad Hair Days - das Leben ist keine Dauerwelle

Bad Hair Days - das Leben ist keine Dauerwelle

Titel: Bad Hair Days - das Leben ist keine Dauerwelle
Autoren: Ravensburger
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Spitzen, damit das Ganze auch hielt. Ich konnte es kaum erwarten, die restliche Band in die Finger zu kriegen. Aber vorher musste ich noch die kleine Hürde überwinden, die ich mir gesetzt hatte, und meine Familie fragen, ob Onkel Zé mein Dad war oder nicht.
    Es war schwer, den richtigen Moment zu finden, weil alle so glücklich aussahen. Und damit wäre es vorbei, sobald ich meine Frage stellte. Onkel Zé schilderte des Langen und Breiten, was er alles von seinem Fenster aus beobachtet hatte. Mum berichtete, dass es mit einer ihrer fast bankrotten Firmen wieder bergauf ging, sodass sie diese Woche tatsächlich ihr Honorar bekommen hatte. Billy spielte uns 50 ways to leave your lover ohne einen einzigen Fehler auf der Akustikgitarre vor. Großtante Rita redete über ihren neuen Bridgepartner Harry Sherman, der mit achtundsechzig Jahren der Jüngste in ihrem jüdischen Bridgeclub war und den sie mit ungefähr tausend Dezibel Lautstärke als ihren »Lustknaben« bezeichnete. Tante Lilah erzählte von einem Kunden, der Probleme mit seiner Kahlköpfigkeit hatte und immer Frisuren verlangte, die absolut nicht machbar waren. Heute hatte er sogar Dreadlocks gewollt.
    Ich blickte mich am Tisch um, während die Schüsseln hin und her wanderten und alle fröhlich über die Ereignisse der Woche tratschten, schimpften und lachten. Im Grunde genommen waren sie gar nicht so übel und ich hatte doch auch nur sie. Ehrlich, es hätte schlimmer für mich kommen können. War es wirklich so wichtig, das letzte Puzzleteil zu finden, dass ich das alles hier aufs Spiel setzen durfte?
    »Also hört mal alle her«, platzte ich heraus, aber sie redeten unbeirrt weiter. Ich startete noch einen halbherzigen Versuch: »Hört mal, ich …«
    »Ich meine«, fuhr Tante Lilah fort, »wie soll ich ihm auf höfliche Weise beibringen, dass er zu wenig Haare hat? Tut mir leid, Sid, aber du bist so kahl wie ein gerupftes Huhn? Oder : Ich kann dir genau drei Dreadlocks aus den paar Strähnen machen, die du noch auf dem Kopf hast? «
    Tante Lilah hatte Recht. Manchmal musste man die Frisur dem Haar anpassen und nicht umgekehrt. So funktionierte es einfach nicht.
    Mum legte einen Arm um mich. »Was wolltest du gerade sagen, Süße?«
    Im Zimmer wurde es still.
    »Ich … ich wollte nur sagen, dass …«
    Ich hielt inne. Alle schauten mich an – Tante Lilah, Mum, Großtante Rita, Onkel Zé und Billy – und lächelten aufmunternd. Sie lächelten, weil sie mich liebten. Weil sie meine Familie waren. Der Raum verschwamm mir vor den Augen, so wie an meinem Geburtstag. Ich holte einmal tief Luft, so wie ich es von Miss Frame abgeschaut hatte, und achtete darauf, wie meine Brust sich hob und senkte.
    »Ich … es stimmt, Tante Lilah – mit den Haaren, meine ich. Man kann einem Mann mit drei Haaren auf dem Kopf keine Dreadlocks verpassen. Aber du kannst ihm seinen Glatzkopf als Toplook verkaufen, ihm ein Foto von Bruce Willis zeigen und ihm sagen, dass der die gleiche Kopfform hat, und darauf fährt er garantiert voll ab. Und er sieht auch gut damit aus, jede Wette!«
    Ich hatte gekniffen. Einen Rückzieher gemacht. Im letzten Moment hatte ich es nicht über die Lippen gebracht.
    »Sadie hat Recht«, sagte Tante Lilah. »Und das werde ich Sid auch sagen, wenn die Dreadlocks rausgewachsen sind.«
    Anscheinend war ich nicht die Einzige, die heute gekniffen hatte.

Ich stylte sie. Alle. Die ganze Band. Selbst die hoffnungslosen Fälle, die so aussahen, als ob nichts auf der Welt sie je in einen vorzeigbaren Zustand bringen könnte. Ich glättete, lackte und wachste sie aus ihrem traurigen Nerd-Leben hinaus – oder jedenfalls fast. Tony zu stylen war dagegen easy.
    »Die große Konfrontation hat also doch nicht stattgefunden«, sagte er, während ich Blau in seine Ponyfransen sprühte. »Ich hab mir schon Sorgen deswegen gemacht. Machst du mir gerade eine blaue Tönung?«
    »Nicht reden, sonst kriegst du Farbe in den Mund.«
    »Also was war jetzt?«
    »Ich hab gekniffen«, gestand ich, »hab’s einfach nicht fertiggebracht, obwohl ich schon drauf und dran war. Weil es mir plötzlich so falsch vorkam. Das haben sie nicht verdient, keiner von ihnen. Was immer sie getan haben, sie hatten sicher gute Gründe dafür und vielleicht will ich die Wahrheit gar nicht wissen. So, du bist fertig.«
    Tonys Haare sahen cool aus, und plötzlich stand er auf und küsste mich. Also so richtig. Auf die Lippen. Ein Date-Kuss. Dann schaute er in den Spiegel.
    »Du bist
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