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Bad Hair Days - das Leben ist keine Dauerwelle

Bad Hair Days - das Leben ist keine Dauerwelle

Titel: Bad Hair Days - das Leben ist keine Dauerwelle
Autoren: Ravensburger
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Tante Lilah sie auf und zog ihre Augenbrauen hoch, die ganz kahl gezupft und stattdessen mit Augenbrauenstift nachgezeichnet sind. Ich habe Tante Lilah eines Morgens ungeschminkt gesehen und bin fast umgekippt vor Schreck, weil ihr Kopf wie ein Ei aussieht.
    »Ich mag Sadies Haare«, sagte Mum, die manchmal so was von scheinheilig sein kann.
    »Aber an deine lässt du mich trotzdem nicht ran«, hakte ich sofort ein.
    Mum verzog das Gesicht und zuckte die Schultern. Sehr erwachsen, ihre Reaktion, ehrlich!
    »Und hast du schon einen netten jüdischen Freund, bubelah ?«, fragte Großtante Rita. Das sagt sie auch jedes Mal. Früher fand ich es witzig, aber so langsam hat es fast etwas Bedrohliches.
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Sie ist doch erst fünfzehn, Rita!«, sagte Onkel Zé und schaute mich stirnrunzelnd an. »Viel zu jung für einen Freund.«
    Also ehrlich, auf welchem Planeten lebt Onkel Zé eigentlich? Allmählich wird es lästig, wie er mich immer anfunkelt, sobald jemand in meiner Gegenwart von Jungs spricht.
    Dann fragte Großtante Rita, ob ich endlich die Küche meiner Vorfahren lieben gelernt hätte. Soweit ich es nach unseren Besuchen in Ilford beurteilen kann, besteht diese Küche vor allem aus Salz, Hühnerfett, Leberpastete, Essiggurken und anderem sauer eingelegtem Gemüse – würg! Schweinefleisch ist natürlich tabu, ganz im Gegensatz zu Onkel Zés Küche. Bei ihm gibt es Schwein, Schwein und noch mal Schwein, und dann noch tsitsaron (auch Schwein, aber die »unedleren« Teile wie Schnauze, Schwänzchen, Ohren und Innereien).
    Ich schüttelte wieder den Kopf.
    »Und wie fühlst du dich jetzt mit fünfzehn?«, wollte Tante Lilah wissen und schob sich ein Essiggürkchen in den Mund.
    »Na, wie wohl?«, sagte ich. »Auch nicht anders als mit vierzehn.«
    Oder dreizehn. Oder zwölf …
    Warum fragte sie überhaupt? Ich meine, ich saß mit der ganzen Familie beim Essen, wie an jedem Geburtstag. Wo war der Unterschied?
    »Also für mich war fünfzehn die schönste Zeit«, verkündete Tante Lilah mit vollem Essiggurkenmund. In meiner Familie reden alle mit vollem Mund. Wir haben uns immer so viel zu erzählen, dass wir uns nicht von dem bisschen Essen im Mund aufhalten lassen können.
    »Fünfzehn ist ein tolles Alter«, schwärmte jetzt auch Mum. »Man hat noch keine Verantwortung, ist aber schon ziemlich unabhängig …«
    Onkel Zé nahm ein Stück Schweinekruste hoch und funkelte Mum an, bevor er hineinbiss. »Hoffentlich nicht zu unabhängig, Angela«, brummte er. »Auf den Philippinen dürfte Sadie gar nicht allein aus dem Haus.«
    Na bitte – Onkel Zé war schon wieder bei seinem Lieblingsthema. Jungs . Das ist eine fixe Idee bei ihm.
    »Fünfzehn ist scheiße«, warf Billy ein, »da kannst du noch nicht mal Schnapspralinen kaufen.«
    Schnapspralinen waren Billy egal, das wusste ich. Aber sobald er sechzehn war, würde er garantiert als Erstes ein Bankkonto eröffnen, damit er Onkel Zé nicht mehr jeden Monat um das Geld für sein World-of-Warcraft-Abo anbetteln musste. Er ist immer noch der totale Computerfreak, auch wenn er super Gitarre spielt und eine coole Frisur hat – Letzteres dank meiner Wenigkeit.
    »Mit fünfzehn war ich schon mit deinem Onkel Lou selig verlobt, möge er in Frieden ruhen«, sagte Großtante Rita und starrte mich vielsagend an.
    Ich habe meinen Großonkel Lou nie gekannt, aber als ich klein war, habe ich tatsächlich geglaubt, dass er »Onkel Lou Selig« hieß.
    Großtante Rita griff über den Tisch hinweg nach einem gebratenen Latke, einer Art frittiertem Kartoffelpuffer mit Zwiebeln, und achtete sorgfältig darauf, nur ja nicht mit dem gebratenen Schweinefleisch in Berührung zu kommen. In puncto Essen liegen Welten zwischen Juden und Philippinern, außer wenn es ums Frittieren geht. In meiner Familie wird alles frittiert, was nicht eingelegt ist – das ist daher für mich so etwas wie ein kultureller Brückenschlag.
    Da saßen wir also alle um den Esstisch versammelt: Mum, Billy, Tante Lilah, Onkel Zé, Großtante Rita, die Gürkchen, der Schweinebauch und ich. Alles wie gewohnt. Normalerweise öffne ich meine Geburtstagskarten gleich am Esstisch, und dieses Jahr war keine Ausnahme.
    Auf der ersten Karte, die ich aufmachte, stand:
    ALLES GUTE
ZUM FÜNFZEHNTEN GEBURTSTAG, SADIE!
IN LIEBE,
DEIN DAD XX.
    Mein Herz schlug fünfzehn wilde Saltos. Für jedes Jahr einen. Und dann klappte mir der Mund herunter wie eine Zugbrücke. Kloing.
    Also damit hatte ich nicht
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